Die Katze, die Domino spielte. Roman.
von Lori.«
»Sie ruhen sich wohl nie aus, was, Nick?«
»Im Vergleich zu meinem Job im Gefängnis ist das die reinste Erholung. Hatten Sie eine schöne Woche? Haben Sie etwas herausgefunden?«
»Bis jetzt habe ich mich vorgetastet und diverse Kontakte geknüpft. Kommen Sie morgen bei mir vorbei, dann unterhalten wir uns.«
Dann ging Qwilleran in die Eingangshalle, um sich einen Apfel zu holen, und stellte fest, daß im Obstkorb nur Birnen waren! Dabei hörte er aus einem Erker, in dem eine dreiköpfige Familie Domino spielte, die Radionachrichten. Er ging hin und sagte: »Darf ich mir die anhören? Mich interessiert, wie morgen das Wetter wird.«
»Sie haben es gerade verpaßt«, sagte der Vater. Er wandte sich an seinen Sohn. »Erinnerst du dich, was sie über das Wetter gesagt haben, Brad?«
Der Junge war etwa zehn Jahre alt und sah viel zu klug für sein Alter aus; er trug ein T-Shirt mit der Aufschrift: FRAG MICH. Er sagte: »Mäßiger Wind, der um Mitternacht nachläßt. Wellen einen bis einen Meter dreißig hoch. Morgen sonnig und warm mit leichtem Wind aus Südost, der bis zum Nachmittag auf Südwest dreht. Höchsttemperaturen vierundzwanzig Grad, Mindesttemperaturen…«
»Still«, sagte sein Vater, hob eine Hand und neigte den Kopf zum Radiogerät. Der Sprecher sagte: »… eine Polizeimeldung von Pear Island, wo heute abend ein Urlauber erschossen wurde. Der Mann flog am Nordende der Insel mit einem Flugdrachen über die Düne, als seine Begleiter einen Schuß hörten. Der Drachen landete im seichten Wasser des Sees. Das Opfer wurde an Ort und Stelle von der Freiwilligen Rettungsmannschaft wegen Unterkühlung und Blutverlust einer Notbehandlung unterzogen und dann mit dem Hubschrauber des Sheriffbüros auf das Festland gebracht. Bei seiner Ankunft im Krankenhaus von Pickax wurde er für tot erklärt. Auf der Insel waren den ganzen Tag Gewehrschüsse zu hören gewesen, was nichts Ungewöhnliches ist. Wie aus dem Sheriffbüro verlautet, vermutet man, daß es sich um eine verirrte Kugel handelt und daß der tödliche Schuß von einem Jäger abgegeben wurde. Der Name des Opfers ist derzeit noch nicht bekannt, doch laut Angaben der Polizei handelt es sich um keinen Einwohner von Moose County.«
»Daß auf der Insel geschossen wird, hat uns niemand gesagt!« empörte sich die Mutter. »Ich hasse Schußwaffen!«
Als Qwilleran zu den ›Vier Augen‹ zurückging, dachte er: Schon wieder ein Unfall!… Nick wird eine schlaflose Nacht verbringen und sich Sorgen um die Zukunft der Pension machen… Die Frau, die Schußwaffen haßt, wird ihren Mann dazu bringen, den Urlaub abzubrechen… Die Moseley-Schwestern werden froh sein, daß sie früher abfahren… Die beiden Männer, die wie Detektive ausgesehen haben und abgereist sind, werden wieder zurückkommen.
Er zählte es an seinen Fingern ab: Erstens – Lebensmittelvergiftung. Zweitens – ein Ertrunkener. Drittens – ein böser Sturz. Viertens – eine Explosion. Fünftens – ein Schuß… Die Verschiedenartigkeit der Zwischenfälle beeindruckte ihn. Es gab kein Muster, abgesehen davon, daß alle von ihnen Touristen betrafen, und zwar in regelmäßigen Zeitabständen. Qwilleran stellte sich ein Konsortium von Saboteuren vor, von denen jeder auf einem eigenen Gebiet Spezialist war. Die Inselbewohner waren aufgrund ihres harten Lebens raffiniert, geschickt und sachkundig. Ein Rätsel hingegen war ihm Kokos Desinteresse und mangelnde Kooperation. Früher hatte er gespürt, wenn ein Verbrechen vorlag, und nach Hinweisen geschnüffelt. Vielleicht hatte die Atmosphäre der Insel seine Sinne abgestumpft. Zwar hatte er einmal durchgedreht und damit bewirkt, daß Qwilleran zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen war, das stimmte schon, aber das hatte nichts mit den fünf verdächtigen Vorfällen zu tun.
In den ›Vier Augen‹ sahen die Katzen Qwilleran weiterhin vorwurfsvoll und hungrig an, und es bedurfte großer innerer Stärke, ihren Tricks zu widerstehen. Er würde ihnen ihre knusprigen Gute-Nacht-Häppchen geben, aber nicht mehr; zum Frühstück würde er ihnen wieder Hackbraten servieren – ob sie ihn fraßen oder stehenließen, war ihr Problem.
Nach Einbruch der Dunkelheit saßen sie gerne alle drei auf der fliegengitterbespannten Veranda und lauschten den geheimnisvollen Geräuschen in den Bäumen und im Unterholz, doch heute abend gab es Konkurrenz aus den ›Fünf Augen‹: Klaviermusik, Stimmen, Musik von Platten, Lachen.
Qwilleran konnte die
Weitere Kostenlose Bücher