Die Katze, die für Käse schwärmte
schwacher Trost. Geben Sie mir einen Schleierhut und Handschuhe.«
Über einen zerfurchten Pfad gingen sie hinunter zum Fluß, wo es ganz still war; man hörte nur das Geräusch der Stromschnellen und das Gekreisch von Krähen. Am Ufer stand eine armselige Hütte mit einem schäbigen Rauchfang und einer Handpumpe auf einer hölzernen Plattform neben der Tür. Auf einem nahen Feld stand eine einsame Latrine.
Aubrey sagte: »Meine Familie hatte sechs Hütten; sie haben sie an Angler vermietet, die nach Flußbarschen fischten. Zwei der Hütten sind niedergebrannt. Drei wurden von einem Sturm weggeweht. In dieser hier wohne ich. Die Wände waren voller wilder Bienen, ich mußte sie ausräuchern und die Verkleidung abnehmen, und unter den Wänden war alles voller Honig.«
Als sie die Hütte erreichten, hörte Qwilleran in der Ferne ein Summen; er zog die Handschuhe an und setzte den Schleierhut auf. An der Südseite des Gebäudes, in der Sonne und vom Nordwind geschützt, stand auf Plattformen eine Reihe von Holzkisten – nicht ganz so malerisch wie die alten kuppelförmigen Bienenstöcke auf den Honigetiketten. Die Kisten waren Langstroth-Stöcke, wie Qwilleran später erfuhr, und im Jahr 1851 entworfen worden.
Aubrey sagte: »Die Bienen machen die ganze Arbeit. Ich trage die Rahmen mit den Waben hinauf zum Schuppen und nehme den Honig ab und fülle ihn in Gläser. Diese Rahmen mit den Waben können ganz schön schwer werden.«
»Hört sich nach einer klebrigen Angelegenheit an«, sagte Qwilleran.
»Einmal ist mir was Verrücktes passiert. Ich hab’ das Glas nicht richtig unter den Hahn gestellt, und der Honig lief über den ganzen Fußboden.«
Die geschäftigen Bienen nahmen keine Notiz von dem Journalisten. Er sprach leise und machte keine plötzlichen Bewegungen. »Was tun sie im Winter?«
»Sie drängen sich in den Stöcken zusammen und halten sich gegenseitig warm. Ich wickle die Stöcke in Stroh und Fetzen ein. Sie können heraus, wenn sie wollen, aber die Mäuse können nicht hinein.«
»Und was ist mit dem Schnee?«
»Es macht nichts, wenn die Stöcke unter dem Schnee begraben sind, aber Eis – das ist schlimm. Einmal ist mein ganzes Bienenvolk vom Eis erdrückt worden.«
Eine phantastische Geschichte, sollte sie wahr sein, dachte Qwilleran. Er würde es mit Hilfe des Buches in der Bücherei nachprüfen. »Und jetzt würde ich gerne die Kuckucksuhr sehen«, sagte er. In Wirklichkeit interessierte ihn das Innere des Herrenhauses: die Holzschnitzereien, der Kronleuchter aus Hirschhorn, das bunte Glas. Es war nur spärlich möbliert. Der alte Mann hatte beinahe alles verkauft, sagte Aubrey. Nur ein Zimmer wirkte bewohnt. Vor einem Fernseher standen zwei Polstersessel, ein großer Kleiderschrank, der mit geschnitzten Hirschen und dergleichen verziert war, und ein Gewehrschrank mit Glastüren. Das Pendel der geschnitzten Uhr schwang an der Wand hin und her.
»Wer ist hier der Jäger?« fragte Qwilleran.
»Der alte Mann schießt Hasen und macht Hasenpfeffer. Krähen schießt er auch. Ich hab’ früher oft mit meinen Brüdern gejagt. Ich war ein guter Schütze.« Er wandte den Blick ab. »Jetzt will ich nicht mehr jagen.«
Ein dreimaliger Kuckucksruf ertönte, und Qwilleran sagte, er müsse jetzt gehen. Er zahlte seinen Honig und entfernte sich mit neuem Respekt vor der dicken, bernsteinfarbigen Flüssigkeit. Wie viele Bäuche mußten mit Nektar gefüllt werden, fragte er sich, um einen halben Liter Honig zu erhalten?
In seinem Auto verstaute er die Gläser fest an einer sicheren Stelle, wo sie nicht umkippen oder überschwappen konnten. Dann fuhr er zu Toodles Supermarkt, um etwas Frisches für die Katzen und etwas Tiefgefrorenes für sich selbst zu kaufen. Unterwegs dachte er an die fleißigen Arbeiterinnen und die unglückseligen Drohnen… daran, wie die Natur ohne Chemikalien oder Konservierungsmittel Blumen in Nahrungsmittel umwandeln konnte… und an den sanftmütigen Bienenzüchter, der mit seinen Bienen sprach. Sie hatten kein Wort über den Bombenanschlag im Hotel verloren, ein Vorfall, über den jedermann sprach.
Als Qwilleran beim Supermarkt ankam und die Autotür aufmachte, hörte er ein entsetzliches Geräusch – Glas, das auf dem Beton zerschellte und eine bernsteinfarbige, schmierige Pfütze hinterließ. Er schaute hinunter auf das Malheur, hob den Blick gen Himmel und zählte bis zehn.
Ein Glas Honig, das auf einem Parkplatz ausgegossen wird, ist nicht so schlimm wie
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