Die Katze, die für Käse schwärmte
zweihundert Tiere.«
»Gibt Kristi noch immer jeder Ziege einen eigenen Namen?«
»Aber sicher – Namen wie Blackberry, Moonlight, Ruby und so weiter, und sie hören auch auf ihre Namen. Ziegen sind intelligent – und auch sehr gesellig.«
Sie gingen auf einen großen, weitläufigen Stall zu. Er war neu, aber verwittert und rustikal, wie es in die Gegend paßte. Eine Seite war offen wie bei einem Pavillon; der Boden war mit einer dicken Strohschicht bedeckt. Darauf lagen etliche Ziegen verschiedener Rassen und Farben in einer geselligen Runde beisammen und ließen es sich gutgehen, als befänden sie sich hier im Urlaub. Hühner stolzierten umher und pickten rund um eine geduldige deutsche Dogge herum, und auf einem Sims schlief eine mehrfarbige Katze. Qwilleran machte ein paar Fotos. Zwei der Ziegen drückten ihre Schnauze gegen seine Hand und lehnten sich an seine Beine; ein halbwüchsiges Kitz versuchte sein Notizheft anzuknabbern. Das war das Wartegehege; von hier würden jeweils vierzehn Ziegen auf einmal in den Melkstall gehen.
Der restliche Stall hatte weiße Wände, Betonfußböden, die zweimal am Tag abgespritzt wurden, Bottiche und Tanks aus rostfreiem Stahl und computergesteuerte Thermometer. Hier wurde die Milch gekühlt, pasteurisiert und mit Kulturen und Enzymen behandelt; danach würde der Quark von Hand in Formen gedrückt werden. Die Milch an Ort und Stelle zu verarbeiten, entsprach der traditionellen Art der Käseherstellung der französischen Bauern.
»Hört sich nach viel Arbeit an«, bemerkte Qwilleran.
»Arbeitsintensiv ist es, soviel steht fest«, sagte Mitch. »Ich meine, die Ziegen zu füttern und zu züchten, zweihundert Tiere zweimal täglich zu melken, und dazu noch den Käse zu machen. Aber eine Ziegenfarm macht viel Freude, und eines kann ich Ihnen sagen: Mit den Ziegen kommt man leichter aus als mit einigen der freiwilligen Mitarbeiter im Museum. Die Oldtimer hatten für einen jungen Mann mit neuen Ideen nichts übrig… Möchten Sie zum Haus zurückgehen und den Käse kosten?«
Sie setzten sich in die Küche und probierten den hausgemachten Chevre – einen weißen, halbweichen, ungereiften Käse. Mitch sagte: »Er eignet sich auch gut zum Kochen. Damit mache ich eine Sauce für die Fettucini, die Klassen besser ist als die von Alfrede!«
»Sie hören sich an wie ein erfahrener Koch«, sagte Qwilleran.
»Das könnte man sagen. Es war schon immer mein Hobby. Ich habe bereits Kochbücher gesammelt, bevor ich meine erste Pfanne besaß. Ich koche mehr als Kristi.«
»Bekommt sie bei Gewitter noch immer Geisterbesuch?«
»Nein, jetzt, wo das ganze Gerümpel weg ist und die Wände neu gestrichen sind, ist das Haus nicht mehr so gespenstisch. Wir denken daran, zu heiraten, Qwill.«
»Schön für Sie!« Das war Qwillerans zweideutige Antwort auf jede derartige Ankündigung. »Übrigens, erinnern Sie sich an den Wirbel um das Verschwinden von Iris Cobbs Kochbuch?«
»Natürlich. Meiner Meinung nach hat es eine der freiwilligen Mitarbeiterinnen still und heimlich mitgehen lassen, und ich habe auch eine Vermutung, wer es war, aber es wäre peinlich gewesen, sie zu beschuldigen, und ich hatte keine Beweise.«
Qwilleran ging mit einem ganzen Sortiment von Käsen nach Hause: Käse mit Dill, mit Knoblauch, mit Pfefferkörnern, Kräuterkäse und Feta. Auf der Rückfahrt zur Scheune überlegte er, was wohl aus dem Cobb’schen Kochbuch geworden war. Wenn er es wiederbekommen könnte, würde er dafür sorgen, daß der Klingenschoen-Fonds es drucken ließe und die Einnahmen dafür an eine Iris-Robb-Stiftung gingen. Er konnte sich vorstellen, daß an das College eine Schule für Berufsköche angegliedert würde, die aus dem ganzen Land Schüler anlockte und deren Absolventen in Fünf-Sterne-Lokalen arbeiteten. Was für ein Tribut an diese bescheidene und verdienstvolle Frau wäre das! Das Iris-Robb-Kochinstitut!
Das waren natürlich alles Luftschlösser. Wer immer das Kochbuch geklaut hatte, hatte wahrscheinlich die besten Rezepte herausgenommen und es dann vernichtet. Alle dachten, daß der Täter ein freiwilliger Mitarbeiter des Museums war; niemand hatte je daran gedacht, daß es auch der Museumsdirektor gewesen sein konnte.
Am Montag vormittag riefen die elektronischen Glocken der Little Stone Church mit ihrem ernsten Klang die Trauergäste zusammen, und Hunderte Menschen strömten zum Gedenkgottesdienst für Anna Marie Toms. Viele von ihnen waren Fremde. In Moose County war es
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