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Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Ohrenklappe und der ausdruckslosen Miene, ein Mann, der noch keine fünfundvierzig war. Als der Aufzug kam und sich seine Tür zögernd öffnete, gluckste eine fröhliche Frau, die mit einem Wäschekorb vom Keller hinauffuhr: »Sieh mal einer an! Wir haben jetzt einen reichen und berühmten Mitbewohner!« Worauf sie in hemmungsloses Gelächter ausbrach.
    »Wäre ich reich und berühmt, dann würde ich nicht im guten, alten, vergammelten Casablanca wohnen«, sagte Qwilleran mit gezwungener Freundlichkeit, um seine Verärgerung zu verbergen. Er stieg im dritten Stock aus und ging die restlichen Stockwerke bis zum vierzehnten Stock zu Fuß hinauf, wobei er im stillen Sasha Wie-hieß-sie-doch-gleich verfluchte, weil sie seine Vermögensverhältnisse offenbart hatte. Er gefiel sich in der Rolle des Journalisten im Ruhestand; die Rolle des Millionärs behagte ihm gar nicht. Er dachte kurz daran, ins Penniman Plaza überzusiedeln, bis ihm einfiel, daß dort keine Katzen erlaubt waren.
    Auf dem Weg nach oben hörte er eine Rettungssirene, die sich der Vorderseite des Gebäudes näherte. Hatte es schon wieder jemanden erwischt? Wer war es diesmal?
    In vierzehn-A angekommen, fand er unter seiner Tür einen Zeitungsausschnitt, auf dessen Rand Amber gekritzelt hatte: »Haben Sie das gesehen?« Der Artikel stammte von der Wirtschaftsseite des Morning Rampage vom Samstag – es war ein Interview mit einem der Teilhaber von Penniman, Greystone &
Fleudd. Rexwell Fleudd sagte, daß das geplante Gateway Alcazar bereits zu fünfzig Prozent vermietet war und daß der erste Spatenstich früher als erwartet erfolgen werde. Ein spaltengroßes Portrait des Bauunternehmers zeigte ein langes, schmales Gesicht mit hohen Backenknochen. Qwilleran knüllte den Artikel angewidert zusammen und warf ihn in den Papierkorb.
    Sofort war das leise Tapsen samtiger Pfoten zu hören, die aus dem Schlafzimmer angesprungen kamen, und Yum Yum, die aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht war, stürzte sich kopfüber in den Papierkorb, um den zerknüllten Zeitungsausschnitt herauszuangeln. Das Geräusch, das Papier beim Zerknüllen machte, konnte sie selbst in ihren Träumen hören. Qwilleran nahm es ihr ab, da er nicht wollte, daß sie daran herumkaute und die Druckerschwärze schluckte. Dabei sah er sich noch einmal dieses arrogante Gesicht an und überlegte, wo er es schon mal gesehen hatte.
    Yum Yum war sauer, und um ihre verletzten Gefühle zu besänftigen, streichelte er ihr über das Fell und machte ihr ein paar überschwengliche Komplimente über ihre Schönheit, ihr reizendes Wesen und ihren edlen Charakter. Sie schnurrte – und ging wieder schlafen.
    Warum schläft sie soviel? fragte er sich. Liegt es am Smog? Oder ist sie aus irgendeinem Grund gestreßt?
    Koko saß auf dem Scrabbletisch und wartete auf ihn. Bei den ersten paar Worten gewann er so deutlich, daß Qwilleran die Regeln änderte und auch Eigennamen, Slangausdrücke und Fremdworte zuließ. Selbst mit einem Handicap gewann der Kater, doch Qwilleran hatte die Genugtuung, Worte wie IXIA, MERCI, CIAO und SCHMAFU zu bilden. Gegen Endes des Spiels legte er ein Wort, das sich als prophetisch erweisen sollte: HOPPLA.
    Qwilleran hatte vor, den Nachmittag in der Bücherei zu verbringen, und auf dem Weg in die Innenstadt ging er ins Penniman Plaza Mittagessen. Das Café war im Mezzanin, und er stieg gerade auf die nach oben führende Rolltreppe, als er direkt hinter sich eine brüchige Stimme rufen hörte: »Helfen Sie mir!« Er drehte sich halb um und bekam kurz einen schmutzigen weißen Bart zu sehen. Im selben Moment packte ihn jemand am Arm. Was danach geschah, erlebte er wie in Zeitlupe: Seine Hand griff nach dem Handlauf... und der Handlauf entfernte sich immer weiter von ihm... sein Körper sank zurück... seine Füße bewegten sich weiterhin nach oben... die Stufen hinter ihm kamen näher und berührten sein Rückgrat... die ganze Rolltreppe fuhr weiterhin gnadenlos nach oben, während er auf dem Rücken lag und mit den Füßen voran ins Mezzanin befördert wurde.
    Einen Augenblick war er wie betäubt von der Absurdität seiner Lage, bis ihm die Schreie der Umstehenden die Episode auf den U-Bahn-Gleisen in Erinnerung riefen und er wieder zu sich kam. Binnen Sekunden mußte er auf diesem engen Raum seine Beine herumschwingen und seine Füße in eine niedrigere Position bringen als seinen Kopf, sich auf die Knie aufrappeln und aufstehen. Genau in dem Moment, als sich die Stufen der Rolltreppe in

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