Die Katze
Sie stürmte aus der Lobby, einen Flur hinunter, folgte dem Chlorgeruch, bog um eine und noch eine Ecke und stolperte hastend weiter über den rot-goldenen Teppich, sodass Glen sie stützen musste, damit sie nicht stürzte. Wann würde sie sich endlich wieder besser, endlich wieder wie ein Mensch fühlen?
Wenn sie ihre Kinder zurückhatte, dachte sie.
»Hier entlang«, sagte Glen, zog an ihrem Arm und führte sie einen weiteren Korridor hinunter, bis sie den großen Poolbereich erreichten. Sie gingen um drei Jugendliche herum, die am flachen Ende auf den Stufen des Swimmingpools herumlungerten.
»Hier entlang«, sagte er noch einmal und schob sie ins Treppenhaus. »Schaffen Sie das?«
Charley kämpfte sich die Treppe hoch, bog links in den Flur und taumelte in die Arme eines wartenden Polizisten. »Charley Webb?«, fragte der Beamte und sah Glen an.
»Ich bin Charley Webb«, sagte Charley mit aller Autorität, die sie aufbringen konnte. »Wo ist meine Mutter?«
»Der Notarzt ist bei ihr. Man hat ihr etwas gegen die Übelkeit gegeben. Es sollte ihr bald wieder besser gehen.«
Charley rannte den Flur hinunter bis zum Zimmer 221, vor dem ein weiterer Polizist Wache stand. In dem normalerweise geräumigen Zimmer drängten sich Polizeibeamte und medizinische Einsatzkräfte. Es roch nach Erbrochenem. Ihre Mutter saß auf einem von zwei Doppelbetten, eine Decke mit rotweißem Blumenmuster über den Schultern. Sie war aschfahl,
und Strähnen ihres schweißnassen dunklen Haars klebten an ihrer Stirn. »Es tut mir so leid«, flüsterte Elizabeth, als sie Charley sah. »Es hat mich im Auto erwischt, gleich nachdem wir losgefahren waren. Ich habe versucht, es zu ignorieren. Ich wollte den Kindern den Ausflug nicht verderben. Was ist passiert?«
»Du wurdest vergiftet«, sagte Charley, setzte sich neben ihre Mutter aufs Bett und nahm sie in die Arme, während Glen mit den Polizisten konferierte. »Alex hat irgendwas in unseren Orangensaft getan.«
Ihre Mutter sah sie verwirrt an. »Alex? Das verstehe ich nicht. Warum sollte er...?«
»Erinnerst du dich überhaupt an irgendwas?«, unterbrach Charley sie.
Elizabeth schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber ich weiß nur noch, dass es mir immer schlechter ging. Ich erinnere mich vage, aus dem Bad ins Bett gekrochen zu sein. Und ich glaube, Franny hat mich mit der Überdecke zugedeckt. Und dann nichts mehr. Das Nächste, was ich weiß, ist, dass die Polizei ins Zimmer gestürmt kam. Ich habe versucht, mich aufzurichten, alle haben mir einen Haufen Fragen gestellt und an mir herumgepufft, und ich konnte Franny nirgendwo sehen... Es tut mir leid, Liebes, es tut mir so leid.«
»Mrs. Webb?«, fragte ein Mann. Er war groß mit schütterem Haar, etwa fünfzig Jahre alt und trug einen unauffälligen braunen Anzug und eine olivgrüne Krawatte. Charley nahm an, dass er der Verantwortliche war. »Ich bin Detective Ed Vickers von der Florida State Police. Ich muss Ihnen einige Fragen stellen.«
»Sie müssen meine Kinder finden, bevor dieses Monster ihnen etwas antun kann.«
»Wir tun unser Bestes, Mrs. Webb. Haben Sie ein Foto Ihrer Kinder bei sich?«
Charley nahm ihre Brieftasche aus der Handtasche und zog die aktuellen Fotos von Franny und James heraus.
»Erinnern Sie sich daran, was die beiden anhatten?«
»Franny trägt ein pinkfarbenes T-Shirt und eine passende Hose...«
»Und pinkfarbene Haarklammern«, fügte ihre Mutter hinzu.
»Kleine Herzen«, sagte Charley leise. »Und James hat ein blaues Mickey-Mouse-T-Shirt und dunkelblaue Shorts an.«
»Ich nehme an, Sie haben kein Bild von Alex Prescott«, stellte der Detective halb fest, halb fragte er sie, als sie die Fotos ihrer Kinder einem anderen Beamten gab, der ihre Beschreibung sofort per Handy weitergab.
Charley zog die Videokassette mit der Aufschrift Jack und Jill aus ihrer Handtasche und gab sie Ed Vickers.
»Was ist das?«
Charley erklärte es dem Detective und sah, wie seine braunen Augen immer schmaler wurden und seine buschigen Augenbrauen immer weiter zur Brücke seiner breiten Nase drängten.
»Wie sind Sie in den Besitz dieses Videos gekommen?«, fragte Ed Vickers, und es wurde ganz still im Raum.
»Bitte, ich erkläre Ihnen alles auf dem Weg nach Disney World«, begann Charley. »Aber wir müssen meinen Sohn finden, bevor Alex es tut.« Sie wappnete sich dagegen, dass Detective Vickers ihr Ansinnen rundweg ablehnen und ihr grimmig erklären würde, sie solle gefälligst bleiben, wo sie war, doch
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