Die Katze
Wie kommen Sie darauf, dass ich beim Erzählen ihrer Geschichte einen schlechteren Job machen könnte als Sie?«
Sie atmete tief aus, und er tat es ihr nach.
»Das war mal ein Schlussplädoyer«, sagte er sichtlich beeindruckt.
»Danke.«
»Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie eine ausgezeichnete Anwältin abgeben würden?«
»Mein Vater wollte, dass ich Anwältin werde.«
»Aber Sie haben nie auf Ihren Vater gehört, was?«
Wieder wand sich Charley auf ihrem Stuhl. »Das Einzige, was mir an dem Job gefallen würde, wäre, einen Verbrecher in Grund und Boden zu starren und zu sagen: ›Erzählen Sie das dem Richter.‹«
Alex lachte. »Das kommt leider nicht allzu oft vor.«
»Falls ich dieses Buch machen sollte«, kam Charley wieder zum Thema zurück, »müsste ich ungehinderten Zugang zu Jill Rohmers Akten haben.«
»Meins ist auch Ihrs.«
»Außerdem brauche ich die Prozessprotokolle.«
»Die kann ich Ihnen bis heute Abend besorgen.«
»Ich muss mit ihren Verwandten und Freunden reden.«
»Ich werde sehen, was sich machen lässt.«
»Und ich muss natürlich regelmäßigen Zugang zu Jill haben.«
»Das müssen wir mit der Gefängnisverwaltung klären.«
»Außerdem bestimme ich ganz allein, wie ich die Geschichte schreibe. Jill muss wissen, dass ihr das fertige Produkt möglicherweise nicht gefallen könnte.«
»Darüber müssen Sie mit Jill reden.«
»Wann können Sie ein Treffen arrangieren?«
»Wie passt es Ihnen Samstagnachmittag?«
Franny und James würden das Wochenende über bei ihren Vätern sein, aber ihre Mutter hatte erwähnt, dass sie Charley zu einem Wellness-Tag einladen wollte, sechs Stunden ungestörtes Mutter-Tochter-Bonding. Charley lächelte Alex an. »Das passt mir sehr gut.«
KAPITEL 7
THE PALM BEACH POST WEBB SITE
Im Wartezimmer einer Anwaltskanzlei hatte ich unlängst Gelegenheit, eine Reihe von Zeitschriften durchzublättern. Zum Glück handelte es sich durchweg um aktuelle Ausgaben, sodass ich meine Zeit nicht mit Grübeleien darüber verschwenden musste, warum die Filmwelt gerade den Verlust von Marlon Brando betrauerte, der meines Wissens schon vor einigen Jahren verstorben ist.
Dabei stieß ich auf allerlei Interessantes. Darunter einen alarmierenden Artikel über ein häufig verschriebenes Osteoporose-Medikament und seine bisher unbekannte Nebenwirkung, die so genannte »Kieferknochen-Nekrose«, die bei einer beunruhigend hohen Zahl von Frauen aufgetreten ist, die sich in jüngster Zeit einer kieferchirurgischen Behandlung unterziehen mussten. Der Zahnarzt, den ich danach gefragt habe, versicherte mir, dass es genauso schrecklich ist, wie es sich anhört. »Der Kieferknochen löst sich buchstäblich auf«, erklärte Dr. Samuel Keller. »Jede Frau, die dieses Medikament nimmt und sich auch nur einen Zahn ziehen lassen muss, steht vor einem furchtbaren Dilemma.«
Und das ist nicht das einzige furchtbare Dilemma, vor dem Frauen dieser Tage stehen.
»Okay«, sagte Charley, nachdem sie den ersten Absatz ihrer Kolumne für den kommenden Sonntag noch einmal gelesen hatte. »So weit, so gut.«
Ein Weiteres ist der Preis einer Handtasche in der Worth Avenue. Oder genauer gesagt der Preis einer kirschroten Krokoledertasche, die nach heutigen Maßstäben nicht einmal besonders groß ist, jedoch den stolzen Preis von fünfundsiebzigtausend Dollar kostet.
Ja, Sie haben richtig gelesen.
Fünfundsiebzigtausend Dollar.
Für eine Handtasche.
Man ist fassungslos. Welcher normale Mensch würde auch nur darüber nachdenken, so viel Geld für eine Handtasche auszugeben? »Ist sie mit Gold gefüttert?«, erkundigte ich mich bei der gertenschlanken Verkäuferin mit den glatten schwarzen Haaren, die mich an der Tür eines wunderschön eingerichteten Bottega-Veneta-Ladens im Einkaufszentrum von Palm Beach begrüßte.
Die Verkäuferin lächelte das straffe Lächeln einer Frau, die sich vielleicht ein paar Mal zu oft hat liften lassen, und erklärte geduldig: »Es ist echte Handarbeit.«
Ah, verstehe. Das erklärt alles. »Kann ich sie mal sehen?«
»Wir halten sie nicht im Laden vorrätig«, sagte die Verkäuferin, als ob sich das von selbst verstehen würde. »Sie müssten sie extra bestellen.«
»Ist es nicht verboten, aus Krokodilen Handtaschen zu machen«, erkundigte ich mich weiter und erhielt als Antwort nur einen abschätzigen Blick.
Wer wollte überhaupt etwas aus Reptilienhaut haben, fragte Charley sich und schüttelte sich buchstäblich bei dem
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