Die Katze
es. Sie wandte sich an ihre Tochter: »Was ist mit dir, mein Schätzchen? Hast du auch was zu zeigen?«
»Wir haben freitags keine Kunst«, sagte Franny in einem Ton, der erkennen ließ, dass sie das schon unzählige Male erklärt hatte.
»Stimmt, hatte ich vergessen.«
»Ich hab Durst«, verkündete James.
»Hast du daran gedacht, Apfelsaft zu kaufen?«, fragte Franny. In ihrer Stimme schwang hörbarer Argwohn mit, dass ihre Mutter auch das vergessen haben könnte.
Scheiße, dachte Charley. »Tut mir leid. Ich hol später noch welchen.«
In diesem Moment kam ein schwarzer Chevrolet um die Ecke und bog in die Nachbareinfahrt. Doreen Rivers, eine attraktive Brünette Ende vierzig stieg aus und begann, die Lebensmitteleinkäufe aus ihrem Kofferraum zu räumen.
»Darf ich Ihnen helfen«, bot Charley an und nahm der überraschten Frau eine schwere Einkaufstüte aus der Hand.
»Willst du mein Bild sehen?«, fragte James, der seiner Mutter nachgerannt war. »Es sind Rehe, die Wasser aus einem Teich in einem Wald trinken.«
»Das ist sehr gut«, sagte Doreen Rivers und riss die Augen auf, als Charley eine zweite Tüte aus dem Kofferraum nahm und zu ihrer Haustür trug.
Warum guckte sie so komisch, fragte Charley sich, als sie die stechenden Blicke der anderen Frau in ihrem Rücken spürte. Es stimmte, dass sie seit ihrer Beschwerde gegen den Pool kaum noch ein Wort miteinander gewechselt hatten. Aber so unfreundlich war sie nun auch nicht. Oder doch?
»Hast du Apfelsaft gekauft?«, fragte James. »Unsere Mom hat es vergessen.«
»Nein, hab ich nicht«, sagte Doreen Rivers. »Aber ich glaube, ich hab vielleicht noch welchen im Kühlschrank, wenn du möchtest.«
»Dürfen wir, Mom? Dürfen wir?«
»Also, ich …«
»Natürlich.« Doreen Rivers schloss die Haustür auf und bat eine zögerliche Charley und ihre eifrigen Kinder in das kühle Haus. »Die Küche ist hier hinten«, sagte sie und ging voran.
»Ihr Haus ist wunderschön«, sagte Charley und bewunderte den Hartholzboden und das schlanke minimalistische Mobiliar.
»Ich glaube, der Grundriss ist der gleiche wie Ihrer«, sagte Doreen und stellte die Einkaufstüten auf den Tresen einer modernen,
ganz in Schwarz und Edelstahl gehaltenen Küche. »Nur dass wir ein zusätzliches Zimmer angebaut haben und … den Swimmingpool.«
»Mein Daddy baut Swimmingpools«, erklärte James stolz und trat von einem Fuß auf den anderen, während Doreen ihm und seiner Schwester ein Glas mit Apfelsaft einschenkte.
»Ja, ich glaube, er hat auch unseren Swimmingpool gebaut.« Sie blickte nervös zu Charley. »Kann ich Ihnen auch irgendwas Kaltes anbieten?«
»Nein danke. Wir wollen Ihnen wirklich keine Umstände machen.«
»Sie machen mir keine Umstände. Ich glaube, das ist so ziemlich die längste Unterhaltung, die wir je geführt haben.«
»Meine Mutter meint, dass man sich nicht zu eng mit den Nachbarn anfreunden sollte«, erklärte Franny, während Charley die Augen schloss und betete, dass ein Wirbelsturm ausbrach.
»Ja, das dachte ich mir schon.«
»Wo sind deine Kinder?«, fragte James in einem Ton, der Glas zum Bersten bringen könnte.
»Ich habe nur einen Sohn. Er heißt Todd und ist in der Schule.«
»Trink dein Glas leer, James«, wies Charley ihn an.
»Ich möchte den Swimmingpool von meinem Dad sehen«, sagte James. »Darf ich?«
»James …«
»Natürlich.« Doreen Rivers schob die Glasschiebetür zu der Terrasse auf der Rückseite des Hauses auf. Dahinter lag ein kleiner nierenförmiger Pool, der beinahe den gesamten Garten einnahm. »Warum lauft ihr nicht nach Hause und holt eure Schwimmsachen. Dann könnt ihr eine Runde schwimmen.«
»Dürfen wir, Mom? Dürfen wir?«, fragte James an ihrem Arm zerrend.
»Ich glaube nicht.«
»Bitte!«, bettelte James, und selbst Franny sah sie sehnsuchtsvoll an.
»Also, wenn Sie sicher sind, dass es Ihnen wirklich nicht zu viel Umstände bereitet.«
»Dann hätte ich es nicht angeboten.«
»Na, vielen Dank. Dann ist es, denke ich, okay.«
»Keine Sorge. Sie müssen sich nicht mit mir unterhalten«, sagte Doreen mit einem listigen Lächeln, obwohl ihre Worte praktisch ins James’ Jubelschreien untergingen.
Nachdem die Kinder geschwommen und zu Abend gegessen hatten und beide friedlich in ihren Betten schliefen, vernahm Charley überrascht ein Klopfen an der Tür.
»Wer ist da?«, fragte sie und vermutete, dass es wahrscheinlich Doreen Rivers war, die eine Tasse Zucker borgen, ein Stück selbst
Weitere Kostenlose Bücher