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Die Katze

Titel: Die Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding Kristian Lutze
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wie eine Handvoll Konfetti um sich warf. »Für vogelfrei erklärt worden zu sein, bedeutete vollkommen geächtet zu sein. Man war aus der Gemeinschaft ausgeschlossen und genoss keinerlei Rechte mehr.«
    »Ich darf auch nicht mehr wählen«, warf Jill ein. »Verzeihung, ich wollte Sie nicht unterbrechen. Weiter.«
    »So interessant ist es auch nicht. Ich hab bloß angegeben.«
    »Nein«, protestierte Jill. »Es ist sehr interessant.«
    Charley fragte sich kurz, ob Jill mit ihr spielte. Aber vielleicht brauchte auch sie ein wenig Zeit, sich zu entspannen, ein paar Minuten für einen sanften Übergang in die vor ihnen liegenden schwierigen Stunden. »Ein vogelfreier Mensch konnte von jedem anderen straffrei getötet werden«, fuhr Charley gefällig fort, »und nach seinem Tod wurde die Leiche nicht bestattet, sondern den Vögeln zum Fraß überlassen. Daher stammt der Ausdruck«, schloss sie mit einem nachdrücklichen Nicken, das sagte: Genug mit dem Unsinn, Zeit, die Sache über die Bühne zu bringen. Sie zog einen winzigen Kassettenrekorder aus ihrer Tasche und stellte ihn neben ihr Notizbuch und mehrere schwarze Filzstifte auf den Tisch.
    »Wow, ich wusste nicht, dass Sie mit einem Kassettenrekorder arbeiten.«
    »Ich dachte, Sie mögen Kassettenrekorder«, sagte Charley und biss sich auf die Lippe, als sie sah, wie sämtliche Farbe aus Jills Gesicht wich. Was war mit ihr los? Wollte sie die junge Frau vor den Kopf stoßen, bevor sie überhaupt angefangen hatten? Mit einem Tropfen Honig fängt man mehr Fliegen als mit einer ganzen Kanne Essig, dachte sie und fragte sich, wo diese Redewendung herkam. »Entschuldigung, das war unangebracht.«
    »Sie müssen sich nicht entschuldigen«, sagte Jill, aber ihr Gesicht blieb aschfahl. »Ich weiß, was Sie von mir denken.«
    »Ich bin aus mehreren Gründen der Ansicht, dass es gut ist, unsere Sitzungen aufzuzeichnen«, erklärte Charley, ohne weiter darauf einzugehen. »Erstens werde ich mir zwar Notizen machen, kann aber unmöglich schnell genug schreiben, um alles zu erfassen, was Sie sagen, egal wie langsam Sie sprechen. Und ich möchte nicht, dass Sie darüber auch nur nachdenken.
Ich möchte, dass Sie so frei und schnell sprechen, wie Sie wollen, als ob wir ein normales Gespräch führen würden.« So normal ein Gespräch denn sein konnte, das man in einem verschlossenen Raum im Todestrakt führte, dachte sie, ohne es laut zu sagen. »Und zweitens gibt es auf diese Weise hinterher keine Verwirrung darüber, was gesprochen wurde. So können wir jede Diskussion darüber vermeiden, ob Sie falsch zitiert worden sind oder ich Sie missverstanden habe. Wir haben eine konkrete und verlässliche Grundlage. Außerdem könnte es nützlich für mich sein, um den Kontext herzustellen oder mich an den genauen Tonfall zu erinnern, in dem etwas gesagt wurde.«
    »Damit sichern Sie sich ab.«
    »Es kommt uns beiden zugute.«
    »Okay«, sagte Jill. »Ich bin einverstanden.«
    »Okay«, bekräftigte Charley. »Wir sollten kurz testen, ob das Gerät funktioniert.« Sie schaltete den Kassettenrekorder ein.
    Jill beugte sich vor, wandte sich ein wenig zu dem Gerät und sprach direkt hinein. »Name, Rang, Dienstnummer?«, fragte sie und kicherte nervös.
    Charley spulte zurück und drückte auf Wiedergabe. Name, Rang, Dienstnummer , hallte es durch den Raum, gefolgt von einem mädchenhaften Kichern. »Scheint prima zu funktionieren.« Sie drückte auf Stop. »Und Sie müssen auch nicht direkt hineinsprechen. Das Gerät ist klein, aber sehr leistungsstark. Es nimmt alles auf, was wir sagen, Sie können sogar aufstehen und herumlaufen, wenn Sie wollen.«
    »Wow. Der ist viel besser als der Kassettenrekorder, den ich hatte.«
    Charley stockte der Atem. Hatte sie Jill gerade richtig verstanden? »Sind Sie bereit anzufangen?«, fragte sie, als sie ihre Stimme wiedergefunden hatte.
    »Kann ich Sie zuerst etwas fragen?«

    »Selbstverständlich.«
    »Haben Sie schon mit Verlegern gesprochen?«
    »Mit einigen«, antwortete Charley, »sowie mit einigen Literaturagenten. Sie schienen recht interessiert.«
    »Wirklich?« Jill wirkte ungemein zufrieden. »Was haben sie gesagt?«
    »Sie haben mich gebeten, ein schriftliches Exposé zu schicken, mit dem ich schon angefangen habe. Ich hoffe, dass ich bis Ende nächster Woche etwas zusammen habe, was ich verschicken kann.«
    »Ziemlich aufregend, was?«
    »Ja, schon.«
    »Was hält Alex davon?«
    »Ich habe nicht mit ihm gesprochen.«
    »Nicht?« Jill wirkte

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