Die Katzen von Ulthar
vormaliger Retter die Abteilung Ulthars anführte, ein Rangabzeichen um den Hals und mit martialisch gesträubten Schnurrhaaren. Es kam noch besser, denn als Unterleutnant diente in dieser Armee ein lebhafter junger Bursche, der sich als niemand anders entpuppte, als das winzig kleine Kätzchen aus dem Gasthof, dem Carter an jenem lang entschwundenen Morgen in Ulthar ein Schälchen mit fetter Sahne hingestellt hatte. Jetzt war es ein stämmiger und vielversprechender Kater, und als er seinem Freund die Hand schüttelte, schnurrte er. Sein Großvater sagte, er mache sich in der Armee 45
ausgezeichnet und dürfe nach dem nächsten Feldzug wohl auf den Kapitänsrang hoffen.
Carter umriß jetzt die Gefahr, in der der Katzenstamm schwebte, und wurde dafür durch ein tiefkehliges, dankbares Geschnurr belohnt. Er beriet mit den Generälen einen sofortigen Aktionsplan, der vorsah, unverzüglich auf den Versammlungsplatz der Zoogs und andere bekannte Zoogfestungen loszumarschieren, ihren Überraschungsattacken zuvorzukommen und ihnen Bedingungen aufzuzwingen, ehe sie ihre Invasionsarmee mobilisierten.
Daraufhin überflutete das große Katzenmeer im Nu den Verwunschenen Wald und brandete um den Ratsbaum und den gewaltigen Steinzirkel. Flatterlaute steigerten sich ins Panische, als der Feind die Neuankömmlinge bemerkte, und die verstohlenen und neugierigen, braunen Zoogs leisteten wenig Widerstand.
Sie sahen, daß sie im voraus geschlagen waren und gaben die Rachegedanken zugunsten von Überlegungen zur augenblicklichen Selbsterhaltung auf.
Die Hälfte der Katzen setzte sich nun in Kreisformation um die gefangenen Zoogs, wobei sie einen Gang für die zusätzlichen Gefangenen freiließen, die von anderen Katzen in anderen Teilen des Waldes aufgebracht wurden. Bei der langen Diskussion der Abmachungen wirkte Carter als Dolmetscher, und man beschloß, daß die Zoogs ein freier Stamm bleiben sollten unter der Bedingung, daß sie an die Katzen einen reichen Tribut von Waldhühnern, Wachteln und Fasanen aus den weniger fabulösen Gebieten des Waldes entrichteten. Zwölf junge Zoogs wollte man als Geisern im Tempel der Katzen in Ulthar halten, und die Sieger ließen keinen Zweifel daran, daß jedes Verschwinden von Katzen entlang der Grenzen der Zoogdomäne äußerst verheerende Folgen für sie nach sich ziehen würde. Als diese Angelegenheiten geregelt waren, lösten die versammelten Katzen ihre Reihen auf und erlaubten es den Zoogs, sich in ihre jeweiligen Behausungen davonzumachen, was diese dann auch unter manch feindseligem, rückwärts gerichteten Blick eilends taten.
Der alte Katzengeneral bot Carter eine Eskorte durch den Wald an, egal zu welchem Saum, denn er hielt es für wahrscheinlich, daß die Zoogs einen bitteren Groll gegen Carter hegten, weil er ihr kriegerisches Vorhaben durchkreuzt hatte. Dies Angebot nahm er dankend an; nicht nur wegen der Sicherheit, die es ihm verschaffte, sondern weil er die grazile Gesellschaft der Katzen schätzte. So schritt Randolph Carter inmitten eines schmucken und ausgelassenen Regiments, entspannt nach erfolgreicher Pflichterfüllung, würdevoll durch jenen verwunschenen und phosphoreszierenden Wald aus titanischen Bäumen und sprach mit dem alten General und dessen Enkelsohn über seine Suche, während sich andere aus dem Zug in fantastischen Luftsprüngen ergingen oder gefallenen Blättern nachjagten, die der Wind über die Pilze dieses vorzeitlichen Bodens trieb. Und der alte General meinte, er habe viel über den unbekannten Kadath in der kalten Öde gehört, wisse aber nicht, wo er zu finden sei. Was die wunderbare Stadt im Sonnenuntergang betreffe, so hätte er davon nicht einmal gehört, wolle aber gern alles übermitteln, was er in Zukunft vielleicht noch darüber erfahren würde. Er vertraute dem Sucher ein sehr wertvolles Losungswort der Katzen vom Traumland an und verwies ihn ausdrücklich an den alten Führer der Katzen in Celephais, wohin sein Weg ja führe. Dieser alte Führer, den Carter schon flüchtig kannte, sei eine ehrwürdige Malteserkatze, die sich bei jeglicher 46
Unternehmung als höchst einflußreich erweisen würde. Es dämmerte, als sie den Waldrand erreichten, und Carter verabschiedete sich widerstrebend von seinen Freunden. Der junge Unterleutnant, den er als kleines Kätzchen kennengelernt hatte, wäre ihm gern weiter gefolgt, hätte es der alte General nicht verboten; doch der gestrenge Patriarch beharrte darauf, daß seine Pflichten beim Stamm und
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