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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Haus fanden, dem Johanna zustimmte. Der Wirt hieß Jelmer und war blind. Er betrieb das Gasthaus zusammen mit seiner Frau und einem Sohn – und der riesige graue Hund, der dem blinden Jelmer aufs Wort gehorchte, sorgte dafür, dass es niemandem, der bei Verstand war, eingefallen wäre, in dieses Haus einzubrechen.
    Die Geschichte von dem abgebrannten Haus, die Johanna ihm erzählte, hörte sich Jelmer wortlos an. »Du brauchst mir nichts zu erzählen, Frau«, unterbrach er sie schließlich. »In der Stadt bist du frei. Und selbst dein Grundherr hätte hier nicht die Macht, dich und die Deinen zurückzuholen.«
    Johanna sagte nichts weiter dazu. Sollte der blinde Wirt nur denken, dass dies der Grund war, weshalb sie nach Stralsund gekommen waren.
    »Ganz, wie du meinst.«
    Jelmer nahm das Silber, das Johanna ihm vorab für die nächsten Nächte gegeben hatte, und zählte es nach. Er hielt es offenbar nicht für nötig, die Münzen seiner Frau oder seinem Sohn zur Prüfung zu geben. Er fuhr mit den Fingerspitzen über jede einzelne Münze. Manche nahm er auch kurz in den Mund, leckte darüber oder drückte mit den Zähnen darauf herum. Es schien alles in Ordnung zu sein, denn er steckte das Geld schließlich weg. »Lübische Mark«, meinte er. »Von vielen nachgemacht und doch unverwechselbar, wenn man schon einmal eine echte in den Händen hatte.«
    Hintz blickte ziemlich erstaunt zu Jeremias. Dieser lächelte nur, während man Grete ansehen konnte, dass ihr die Fähigkeiten dieses Blinden offensichtlich unheimlich waren. Allerdings ließ der Zustand seiner Augen keinen Zweifel daran, dass er wirklich nicht sehen konnte. Da er kein Bettler war, der versuchte, an die Barmherzigkeit seiner Mitchristen zu appellieren, hätte es wohl auch keinen Grund für Jelmer gegeben, nur so zu tun, als sei er mit dieser schrecklichen Behinderung geschlagen.
    Er beugte sich über den Tresen. »Du kommst aus Lübeck …«
    »Ich habe dir alles gesagt, was du wissen sollst!«
    »… und du sprichst auch nicht wie eine einfache Frau. Und ihr habt Pferde, aber keinen Karren. Jedenfalls habe ich keine quietschenden Reifen gehört – und wenn ihr euch Schmierpech für die Achsen leisten könntet, würdet ihr nicht bei mir einkehren.«
    »Ich wusste nicht, dass ich hier einer schlimmeren Befragung unterzogen werde als Ketzer von der Inquisition!«
    »Ich will gar nicht mehr wissen, und du brauchst mir auch gar nichts weiter sagen. Ich teile dir nur mit, was schon ein Blinder zu sehen vermag. Aber vielleicht kann ich dir weiterhelfen.«
    »Inwiefern?«
    »Ein Frauenwirt in unserer Stadt sucht verzweifelt nach Hübschlerinnen, die nicht nur ansehnlich aussehen, sondern sich auch unterhalten können. Ob du hübsch genug bist, kann ich leider nicht beurteilen – aber immerhin stinkst du nicht, und dass du jung bist, hört man an deiner Stimme.«
    Johanna schluckte. »Auf dieses Angebot werde ich dankend verzichten.«
    »Du kannst gerne darauf zurückkommen, falls dir und den Deinen das Geld knapp werden sollte.« Der Blinde kicherte. »Ganz gleich, wie reich du mal gewesen bist, irgendwann ist jeder angesparte Schatz aufgebraucht.«
    Zwei winzige Räume gab es für die vier Flüchtlinge aus Lübeck. Und wie Jeremias später von einem Zecher im Schankraum erfuhr, nahm der blinde Jelmer sonst nur die Hälfte des Preises für größere Räume. Offenbar hatte Jelmer gleich erkannt, dass er von diesen Gästen mehr nehmen konnte.
    Hintz und Jeremias nächtigten in einer kleinen, schrägen Abstellkammer, Johanna und Grete in einem kleinen Raum daneben, in dem außer einem Bett, das sie sich teilen mussten, kaum etwas anderes Platz hatte.
    »Da haben es unsere Pferde ja besser«, meinte Grete. »Der Stall war zumindest geräumig und gut gelüftet!«
    »Wir haben ein Dach über dem Kopf, und das ist alles, was wir im Moment brauchen«, erwiderte Johanna. »Und jetzt sollten wir keine Zeit verlieren.«
    »Was meinst du damit?«
    »Schreib einen Brief an Wolfgang Prebendonk. Schütte ihm dein Herz aus und erkläre ihm, dass es ein Fehler war, ihn ziehen zu lassen, ohne wenigstens versucht zu haben, ihn davon abzuhalten. Dir werden schon die richtigen Worte einfallen.«
    »Und dann?«
    »… wird Hintz ihn bei Wolfgang abgeben. Er wird ihn schon finden, schließlich wird er ja wohl immer noch in den Diensten von Berthold Metzger stehen.«
    Grete überlegte kurz und seufzte. »Ein Schreibpult gibt es in diesem Haus natürlich nicht.«
    »Ich habe

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