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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Frage aber gar nicht erst zu stellen, denn du wüsstest sie bereits«, stellte sie dann aber fest.
    Er grinste. »Ich habe nur gehört, wie dein Schritt zögerte und wie du dir nicht sicher warst, ob du nun hinaufgehen oder mich doch fragen sollst, was du eben fragen möchtest.«
    »Gut, dann hör zu. Aber du musst es für dich behalten.«
    Er lachte. »Die Antwort ist: ja.«
    Johanna war verblüfft. »Auf welche Frage denn?«
    »Meine Frau sagt, du seist hübsch genug. Der Frauenwirt würde dich nehmen.«
    »Ich muss dich enttäuschen, das war nicht die Frage, die ich dir stellen wollte.«
    Der blonde Wirt zog die ziemlich buschigen, leicht nach oben gebogenen Augenbrauen zusammen. Zum ersten Mal, seit Johanna den Schankraum betreten hatte, war das etwas selbstzufriedene Lächeln, das die ganze Zeit sein Gesicht gekennzeichnet hatte, verschwunden und hatte einem Ausdruck von Verwunderung Platz gemacht. »Nicht?«, echote er.
    »Du scheinst gut Bescheid zu wissen hier in Stralsund und beste Beziehungen zu haben.«
    »Das ist richtig.«
    »Weißt du, ob und wann ein Schiff ablegt, das nach Helsingborg fährt?«
    »Im Moment wüsste ich keins. Aber wenn du willst, dann höre ich mich um. Gute Ohren habe ich ja, allerdings …«
    »Willst du dir wohl auch eine goldene Nase verdienen«, vollendete Johanna den angefangenen Satz des blinden Wirts und legte eine Münze auf den Tisch.
    Jelmer prüfte sie auf die bekannte Weise und steckte sie dann ein. »Frag mich morgen oder übermorgen wieder. Dann werde ich es wissen.«
    »Gut.«
    »Allerdings könnte es sein, dass du kein Glück hast. Du wirst sicher gehört haben, was in der Luft liegt.« Jelmer machte ein bedeutungsvolles Gesicht. »Krieg! Und Helsingborg ist nicht gerade ein Ort, an den ein Hansekaufmann im Moment gerne fährt.«
    In diesem Augenblick schnaubte draußen ein Pferd. Jelmer merkte sofort auf. Schritte waren zu hören, dann öffnete sich die Tür, und ein vornehm gekleideter Mann trat ein. Er trug einen Mantel mit Pelzbesatz am Kragen, darunter ein Wams, das doppelreihig mit vergoldeten Knöpfen geschlossen wurde. Das kurze Schwert an seiner Seite hatte eher eine Zierfunktion, als dass es sich wirklich als Waffe geeignet hätte.
    Das Gesicht unter der tellerförmigen Lederkappe war bärtig – trotzdem erkannte Johanna den Mann sofort wieder.
    Es war niemand anderes als Wolfgang Prebendonk.
    »Johanna«, murmelte Wolfgang. »Ich …«
    »Grete müsste oben in ihrer Kammer sein.« Johanna musterte Wolfgang kurz. »Es geht Euch offenbar gut – und der Bart gibt Euch etwas …« Sie suchte nach dem richtigen Wort. »… Herrschaftliches!«
    »Ich hatte Glück und bekam die Gelegenheit, mein Geschick zu beweisen«, antwortete Wolfgang. »Es hat eine schlechte Ernte gegeben, aber Berthold Metzger, den man nicht umsonst den Pharao nennt, hatte vorgesorgt, und ich habe ihm geholfen, sein Getreide zu Preisen zu verkaufen, die alle reich gemacht haben, die an dem Geschäft beteiligt waren.«
    »Euch anscheinend auch.«
    »Es hört sich vielleicht so an, als hätte ich vom Hunger anderer profitiert.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Es ist in Wahrheit aber so, dass viele nur deshalb nicht zu hungern brauchten, weil wir da waren und ihnen etwas anbieten konnten.«
    »Ich bin kein Kaplan, vor dem Ihr beichten und Euer Gewissen erleichtern müsstet, Wolfgang.«
    Aber genau das scheint er tief im Inneren zu glauben, überlegte Johanna.
    Sein Lächeln wirkte etwas gezwungen. »Nun, da habt Ihr natürlich recht. Aber wisst Ihr, als Kind habt Ihr die Pest überlebt, und daher wart Ihr für mich immer so etwas wie ein Beweis dafür, dass es Gott nicht nur gibt, sondern dass er sich tatsächlich um die Menschen kümmert.«
    »Eine Heilige«, murmelte Johanna.
    »Ja, das ist nicht übertrieben. Ihr wart immer so tiefgründig und rechtschaffen. Neben Euch wirkte jeder andere wie ein armer Sünder, während Ihr selbst ein schlichtes Brokatkleid wie ein Nonnengewand zu tragen pflegtet.«
    Johanna wollte etwas erwidern, sah dann aber zu Jelmer hinüber, der interessiert zugehört hatte. Vermutlich behielt er jedes einzelne Wort und ordnete es dem Bild zu, das er sich in der Zwischenzeit gemacht hatte. Es war auf jeden Fall besser, die Unterhaltung nicht weiterzuführen. Nicht hier jedenfalls.
    »Ich schlage vor, ich bringe Euch die Treppe hinauf, und Ihr begrüßt meine Schwester – denn sie hat Euch schließlich geschrieben, nicht ich.«
    »Ich weiß.«
    »Und sie

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