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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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wirkte dagegen winzig. Es schien als Nebengebäude für die Unterbringung von Bediensteten errichtetet worden zu sein – und diesem Zweck diente es jetzt in gewisser Weise wieder. Denn mochte Wolfgang viele Geschäfte für Berthold Metzger auch in großer Selbstständigkeit abwickeln, so blieb er doch sein Untergebener und Angestellter, wenn auch mit herausgehobener Bedeutung.
    »Seid willkommen«, sagte Wolfgang. »Auch wenn ich zurzeit Herr dieses Hauses bin, gehört es mir nicht, sondern wurde mir zur Verfügung gestellt. Aber wenn ich zehn Jahre in den Diensten von Berthold Metzger bleibe, wird es in mein Eigentum übergehen.«
    »Bei deinem Geschick in Geschäftsdingen wirst du dir bis dahin längst ein eigenes und größeres Haus leisten können«, glaubte Grete.
    »Mir gefällt es bislang. Und es ist auch vollkommen ausreichend.«
    »Es ist wunderschön«, beeilte sich Grete zu erwidern, als sie merkte, dass ihre Worte vielleicht missverständlich gewesen waren. »Ich wollte damit eigentlich nur ausdrücken, dass dir große Dinge zuzutrauen sind. Und schon unser Vater hatte das ja geahnt und dir nicht umsonst einen so herausragenden Platz in unserem Haus überlassen.«
    »Wir werden sehen«, sagte Wolfgang. »Ich bin guten Mutes, und bislang läuft alles, wie es besser nicht hätte laufen können.«
    »Dann könntest du doch zufrieden sein!«
    »Mir ist sehr wohl bewusst, dass alles, was man erreicht, im Handumdrehen wieder verloren sein kann.«
    Ja, dachte Johanna , die dieses Gespräch mitangehört hatte. Das haben wir ja selbst gerade erfahren müssen.
    Nach dem ersten Besuch ging Grete täglich zu Wolfgang, und da sich im Haus von Berthold Metzger sowohl für Jeremias als auch für Hintz genug Arbeit fand, verließen sie schließlich nach einer guten Woche die Herberge des blinden Jelmer und zogen allesamt in Wolfgangs Haus. Dieser hatte inzwischen auch mit dem Pharao darüber gesprochen, der immer eine hohe Meinung von Moritz von Dören gehabt hatte.
    »Bis jetzt sind nur Gerüchte über die Vorgänge in Lübeck bis nach Stralsund gedrungen«, sagte Berthold Metzger, als er Grete und Johanna empfing. »Und Euch, Grete von Dören, wird man danach kaum Vorwürfe machen können. Ihr habt bereits alles verloren, was man Euch wegnehmen konnte, und ich will Euch auch sagen, dass Ihr kaum damit rechnen könnt, jemals wieder in Eure alten Rechte eingesetzt zu werden.«
    »Das weiß ich sehr wohl«, antwortete Grete. Sie sah kurz zu Wolfgang hinüber, der bei der Zusammenkunft in der großen Halle des Metzger’schen Hauses anwesend war, und fügte dann hinzu: »Ich denke jetzt an die Zukunft und werde nicht meine Zeit damit verbringen, über die Verluste der Vergangenheit zu trauern.«
    »Sicher eine weise Entscheidung«, sagte der Pharao, der im Gegensatz dazu, wie er von anderen oft beschrieben wurde, wie ein gütiger und großzügiger Mann wirkte. Ein grauer Bart bedeckte den Großteil seines Gesichts, in dessen Mitte zwei freundliche blaue Augen leuchteten. Eine tiefe Furche erschien jetzt allerdings auf seiner Stirn, als er sich an Johanna wandte. »Euch wird man jedoch eines Tages vielleicht auch hier verfolgen. Zwar rühmen sich die Stralsunder, dass sie sich von niemandem Vorschriften machen lassen – und schon gar nicht von den Lübischen, die schließlich unsere Stadt vor zwei Menschenaltern dem Erdboden gleichmachten! –, aber die Wirklichkeit sieht manchmal anders aus. Ich weiß nicht, was geschieht, wenn tatsächlich Sendboten aus Lübeck hierherkommen sollten und Eure Festnahme und Auslieferung forderten.«
    »Es muss ja niemand erfahren, dass ich hier bin«, sagte Johanna.
    »Für eine Weile wird das gut gehen. Aber nicht für immer. Und dann könnt Ihr nur hoffen, dass man Eure Sache in Lübeck nicht mehr allzu wichtig nimmt. Jedenfalls nicht wichtig genug, um Euch Waffenknechte auf den Hals zu schicken.«
    Johanna erwiderte den Blick des Pharaos offen und sagte schließlich: »Mag sein, dass andere diese Sache irgendwann nicht mehr wichtig nehmen und mich vergessen. Aber ich werde das nicht tun. Irgendwann werde ich dafür sorgen, dass die Wahrheit ans Licht kommt und die Ehre meines Vaters wiederhergestellt wird.«
    Bertgold Metzger strich sich bedächtig über den Bart, der seinen Kragen und die obersten Knöpfe seines Wamses vollkommen verdeckte.
    »Irgendwann«, echote er.
    Die Tage gingen dahin, und es wurde wärmer und sonniger. Johanna ging des Öfteren zum Hansehafen, wo die Waren

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