Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
Vom Netzwerk:
Verschwendung.«
    Herward von Ranneberg stand beinahe regungslos da. Keiner der Männer, mit denen er die vorigen Tage geritten war, lebte noch. Dem letzten Söldner wurde gerade mit dem Dolch der Garaus gemacht. Mit einem gurgelnden Laut ging es mit ihm zu Ende, und der Mörder bediente sich gleich an den Waffen des Getöteten.
    Der Mann, der Pieter van Brugsma getötet hatte, schnürte sich den gereinigten Beidhänder auf den Rücken. Dann klemmte er die Daumen hinter die breiten Riemen, die sich über seiner Brust kreuzten. Es war deutlich zu sehen, dass ihm sowohl rechts als auch links jeweils der kleine Finger fehlte.
    Er trat auf Herward zu. »Na, was schaut Ihr so bleich, mein Herr?«
    »Ich hatte schon gedacht, dass du und deine Spießgesellen gar nicht mehr auftaucht«, gab Herward zurück.
    »Auf mich ist Verlass«, sagte der Angesprochene. »Und auf meine Männer auch. Ihr wart es, der sich nicht so genau an den Weg gehalten hat – und an die abgemachte Zeit schon mal gar nicht!«
    »Manche Dinge sind eben nicht vorhersehbar.«
    »Ich weiß.«
    »Pieter van Brugsma ist ein eigenwilliger Kerl oder besser: Er war es. Da konnte es schon mal sein, dass ihm plötzlich ein Weg einfiel, der angeblich sicherer war, obwohl er sich gerade in dieser Gegend nun wirklich nicht besonders gut auskannte.«
    »Ihr habt noch etwas sehr Wichtiges vergessen«, mahnte der Mann mit dem Beidhänder und streckte eine seiner vierfingrigen Hände aus.
    Herward von Ranneberg griff unter seinen Mantel und holte einen Beutel hervor, in dem es metallisch klimperte. Den warf er dem Vierfingrigen zu. »So, wie es abgemacht war«, sagte Herward. »Und wenn du nichts dagegen hast, dann kaufe ich dir jetzt noch eines eurer Pferde zu einem guten Preis und im Tausch gegen meinen Gaul ab, denn ich muss so schnell wie möglich nach Köln, ehe dort die Würfel gefallen sind.«

Z wölftes K apitel

    Herwards Rückkehr
    Johanna kniete auf der harten Kirchenbank und sprach immer wieder ihre Gebete vor sich hin, so als wäre es dadurch möglich, den inneren Aufruhr zu zähmen, in dem sie sich nach wie vor befand.
    »Der Herr wird Euch erhören, Johanna«, vernahm sie plötzlich eine Stimme hinter ihr. »So wie Ihr mich erhört habt!«
    Es war Frederik, der ihr diese Worte ins Ohr wisperte. Ein Schauer durchlief sie.
    »Dreht Euch nicht um, Johanna«, sagte die Stimme anschließend, noch ehe sie genau das getan hatte. »Nicht dass Ihr mir nachher vorwerft, ich hätte Euren Blick vom Herrn abgelenkt.«
    »Verspottet mich und meinen Glauben nicht«, entgegnete Johanna. Aber sie stellte fest, dass sie Frederik nicht wirklich gram sein konnte. Es war ihr einfach nicht möglich, so gerne sie jetzt auch etwas mehr Zorn empfunden hätte, um ihm nicht gefühlsmäßig völlig ausgeliefert zu sein.
    »Ich würde weder Euch noch Euren Glauben je verspotten«, behauptete Frederik.
    »Und warum tut Ihr es dann gerade?«
    »Ich bin einfach nur der Meinung, dass Gott nichts dagegen einzuwenden hat, wenn ein Mann eine Frau von ganzem Herzen liebt und sich wünscht, sie mit nach Hause zu führen …«
    »Ach, Frederik …«
    »Auch wenn ich zugeben muss, dass der letzte Teil dessen, was ich gerade gesagt habe, im Moment nicht gerade leicht zu verwirklichen wäre, da die Besitzungen der Familie von Blekinge ein Raub des Dänenkönigs wurden und wir wohl nicht hoffen können, dass man uns auf absehbare Zeit wieder in unsere alten Rechte einsetzt.«
    »Es ist nicht richtig, dass Ihr hier seid, Frederik.« Mit ihm auf so förmliche Weise zu reden erschien Johanna auch jetzt wieder lächerlich angesichts der Tatsache, wie nahe sie sich schon gewesen waren. Den Klang ihrer eigenen Stimme empfand sie daher als fremd.
    »Ihr seid es, die sich entschieden hat, mich hier zu treffen. Ich bin nur hier, um in einem Gotteshaus zu beten, das die Erhabenheit des Herrn zumindest ansatzweise ahnen lässt. Da wo ich herkomme, ist eine Kirche so groß wie in manchem Patrizierhaus das beste Zimmer.«
    »Ihr verdreht die Tatsachen, Frederik.«
    »Und Ihr verdreht auch einiges. Ich kann jedenfalls nicht glauben, dass es wirklich Eure Bestimmung sein sollte, in den Mauern eines Klosters zu leben, abgeschieden von der Welt und nur dem Gedanken an das Höchste gewidmet.«
    »Wie wollt Ihr wissen, was meine Bestimmung ist, Frederik?«
    »Soll ich darauf wirklich antworten? Muss ich Euch wirklich noch einmal daran erinnern, was geschehen ist? Wenn Ihr das so schnell vergessen könnt –

Weitere Kostenlose Bücher