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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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fahren, von wo sie zu Fuß zu Turners Hotel gehen konnten.
    Als sie auf den Bahnsteig traten, sagte Taaffe, er habe Lavelles Bericht erst zur Hälfte gelesen. Dempsey sah auf die Uhr. Es war kurz nach elf.
    »Wir sind sowieso zu früh dran. Du kannst den Rest lesen, während wir auf Turner warten.«
    Taaffe hoffte, dass sie die Angelegenheit möglichst schnell hinter sich bringen würden. Er wollte noch einkaufen gehen. Ein neues Hemd und vielleicht eine Krawatte. Und zur Abwechslung musste er bei einem Ausflug nach London nicht an ein Mitbringsel für Ciara denken.

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    … wie ich schon sagte, hatte die zoroastrische Religion Persiens einen Einfluss auf das Judentum und damit indirekt auch auf das Christentum und den Islam. Direkter beeinflusste sie das Christentum jedoch durch einen ihrer Ableger, den Manichäismus, eine dualistische Religion, in der Geist = gut und Fleisch = böse ist.
    Christliche Haltungen zur Sexualität – und insbesondere zu Frauen – wurden stark durch die Ansichten des heiligen Augustinus geprägt, durch den im 5. Jahrhundert ein manichäischer Zug in das Christentum gelangte. Er glaubte, dass es die Lust dem Fleisch (= böse) ermöglicht, die Oberhand über den Geist (= gut) zu gewinnen. Zur menschlichen Fortpflanzung ist jedoch Verlangen erforderlich, und deshalb setzte er den Geschlechtstrieb mit der Erbsünde gleich – eine Last, die der Menschheit wegen des Vergehens von Adam und Eva aufgebürdet wurde.
    Etwa einhundert Jahre später, und obwohl das Christentum die rituellen Gesetze des Alten Testaments inzwischen größtenteils über Bord geworfen hatte, beharrt Papst Gregor in einem Brief an die englische Kirche noch darauf, dass Geschlechtsverkehr während der Menstruation verboten sei, und weist daraufhin, dass das alte Gesetz den Tod für jeden Mann vorschrieb, der einer Frau in dieser Zeit sexuelle Avancen machte. Zusätzlich sagt er noch, das Vermächtnis der Erbsünde sei nicht, wie oft angenommen, in den Schmerzen der Geburt zu suchen, sondern im Vergnügen am Sex. Damit haben sich also einige alte Tabus, die den Fortpflanzungsprozess der Frau umgaben, mit einer später hinzugekommenen und zutiefst negativen Einstellung gegenüber dem sexuellen Verlangen als solchem vermischt. Und Frauen galten als die hauptsächlichen Anstifter dieses Verlangens. Das hatte eine deutliche Auswirkung auf christliche Asketen.
    Im keltischen Mönchstum entwickelte sich der Glaube, dass die Lüsternheit von Frauen mit der Blutmenge in ihren Körpern zusammenhänge und dass sich beides durch strenges Fasten verringern lasse. Reinheit = Verlust der Libido = Mangel an Blut. Sexuelles Vergnügen war etwas, das man meiden musste, wenn man geistige Vollkommenheit erreichen wollte, und Frauen hatten ein Problem – zu viel Blut. Und noch ein Zweites vielleicht, damals nicht ausgesprochen, aber eventuell begriffen (und gefürchtet): Die Klitoris einer Frau ist das einzige menschliche Organ, das ausschließlich der Lust dient. Was uns zu den Verstümmelungen führt.
    Die Verstümmelung der weiblichen Genitalien wird in Teilen der Welt, darunter in vielen islamischen Ländern, rituell praktiziert. Das kann von teilweiser oder ganzer Entfernung der Klitoris bis zu der radikalen Form der pharaonischen Infibulation reichen (weil ihre Ursprünge angeblich im alten Ägypten liegen), bei der die äußeren Genitalien vollständig entfernt werden. Das Christentum wiederum billigt zwar keine rituelle Entmannung, aber es gab in der frühen Kirchengeschichte Männer , die das Gebot des heiligen Paulus, »Eunuchen Gottes« zu sein, wörtlich nahmen. In jüngster Zeit ließen sich mehrere Mitglieder der Sekte Heaven’s Gate kastrieren. Und die orthodoxe Kirche hat einige bizarre Sekten hervorgebracht, darunter die russischen Skoptsy (»Die Kastrierten«) des achtzehnten Jahrhunderts, bei denen sich sowohl männliche als auch weibliche Anhänger verstümmelten, wobei sich die Frauen oft die Warzen beider Brüste abschnitten…

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    Z iemlich derbes Zeug für einen Priester, was?«
    Taaffe hatte Dempsey das Schriftstück von Lavelle zurückgegeben, ohne es zu Ende zu lesen. Die beiden saßen in der Halle von Turners Hotel, mit Blick auf die Treppe und den Lift.
    »Wie meinst du das?«
    »Du weißt, wie ich über ihn denke. Und jetzt dieses ganze Geschwafel von Fotzen und Mösen. Vielleicht geht ihm einer ab dabei. Findest du es nicht ein bisschen komisch?«
    »Ich habe ihn gebeten, uns seine Ideen mitzuteilen. Er

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