Die keltische Schwester
Abbruch eines Hauses beginnen, und zweitens dürfte die Besitzerin etwas dagegen haben.«
»Die alte Schachtel! Zu der gehe ich heute noch hin und kaufe ihr dieses wertlose Stück Land ab. Ich hab mir Gott sei Dank die Vollmachten für solche Fälle geben lassen. Durch diese Spielchen wird mir der Termin nicht gefährdet.«
»Apropos Termin. Wie viel Zeit soll ich denn für den Abriss der beiden Häuser einplanen? Und für wann?«
Wulf wurde ein bisschen ruhiger und setzte sich auf einen Stuhl.
»Zwei Tage, diese Steinhaufen hält ja nur die Spucke zusammen. Spätestens nächste Woche, sagen wir Mittwoch. Montag werde ich sehen, dass wir den Kauf geregelt bekommen. Es muss möglich sein, das Nutzungsrecht so schnell es geht zu bekommen. Ich spreche am Wochenende mit Callot darüber. Er soll morgen wieder da sein. Du kommst am besten mit.«
»Wenn ich Zeit habe, vielleicht.«
»Du kommst mit! Du kannst ihm klarmachen, wie dringend das ist!«
»Du könntest bitte aufhören, mich so rumzukommandieren. Und jetzt lass mich den Bericht für Dr. Koenig fertigmachen. Aufgrund dieser neuen Entwicklung muss ich den Plan noch einmal komplett überarbeiten.«
»Leg mir das Ergebnis vor, sowie du fertig bist.«
»Jawoll!«
Durch die Tätigkeiten Grundstückskauf und Abriss der Häuser kamen wir auf einen neuen kritischen Pfad, der Puffer war auf fünf Tage geschrumpft. Und ich hatte das ungute Gefühl, dass das noch nicht das Ende war. Ich überarbeitete meinen Bericht und legte dann das aktuelle Werk Wulf auf den Schreibtisch, mit der Bitte, es an Dr. Koenig weiterzuleiten. Die Unterlagen mit dem vorherigen Stand ließ ich auf meinem Tisch liegen und stürmte gegen sechs aus dem Büro, um wenigstens noch ein, zwei Stunden das prachtvolle Wetter genießen zu können.
Ich wanderte vom Hotel aus durch die Felder. Artischocken, nicht die gemeinen Feld-, Wald- und Wiesendisteln, das hatte ich jetzt gelernt. Langsam verflogen der Ärger und die Anspannung des Tages. Ich bog in einen staubigen, steinigen Feldweg ein. Die Bienen summten in den strahlend gelben Ginsterbüschen, die trockene Heide hatte erste grüne Triebe bekommen.
Meine Gedanken wanderten bald auch. Ich ließ es zu, denn es erquickte mich. Das wenigstens hatte ich inzwischen gelernt.
Doch als die Sonne tief stand und ich umkehrte, wurden sie konkreter. So konkret, dass sie mich erschreckten. Ich wusste nämlich plötzlich, dass ich eine ungeheure Abneigung gegen die geplante Ferienanlage hatte. Eine unbeschreibliche Abneigung. Das war neu. Als ich vor über einem Jahr den Job übernommen hatte, war ich überzeugt davon, dass sie eine Errungenschaft der modernen Kultur sein würde, die den armen, kurzsichtigen Menschen hier in dieser abgelegenen Region nur Gutes bringen würde. Dann, Ende des Jahres, eigentlich, nachdemich mit Karola diesen stickigen Paradiso-Park besucht hatte, war mir diese Form der Urlaubsindustrie als solche unsympathisch geworden, aber meine Arbeit an dem Projekt hatte mich noch immer fasziniert. Jetzt aber, seit ich die wilde, beinahe unberührte Küste gesehen hatte, die alten, verstreuten Häuser, das behäbige Dorf mit seinem Marktplatz und den vielen kleinen Geschäften, Crêperien, Tabacs und heimeligen Restaurants, kam mir der Ferienpark wie ein Geschwür in diesem Umfeld vor. Ein bösartiges Geschwür, das schon jetzt Unruhe in das soziale Umfeld gebracht hatte. Die Baucontainer, die bereits aufgebaut waren, hatten über Nacht unfreundliche Inschriften bekommen, die fremden Unternehmer fanden keine Hotelzimmer, der Bauzaun war schon einmal niedergerissen worden.
Aber was konnte ich tun? Wenn ich die große Konsequenz zog und fristlos kündigte, würde Wulf die Sache auch ohne mich durchziehen. Ich war ersetzbar.
Ziemlich trüb gelaunt kam ich gegen halb neun im Hotel an. Ich hatte keine große Lust mehr, ins Dorf zu fahren, und fragte Madame, ob noch ein Platz im Restaurant frei sei.
Naturellement, war noch ein Plätzchen frei. Madame meinte es gut mit mir und führte mich zu dem Tisch, an dem Wulf saß.
»Hallo, Lindis, wieder durch Feld und Flur unterwegs gewesen?«
Der Herr hatte seinen Groll offensichtlich verwunden und bemühte sich um Freundlichkeit. Gut, also höfliche Konversation.
»Ja, ich habe die letzten Sonnenstrahlen genutzt. Bin ich froh, dass ich in zwei Wochen Urlaub habe. Den ersten seit langer Zeit.«
»Und den willst du wirklich hier in der Wildnis verbringen?«
»So wild ist es gar nicht.«
Ich
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