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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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und eine weiße Schürze, steif vom Bügeln.
    »Bonjour, Madame Lindis«, begrüßte sie mich und reichte mir die Hände.
    »Bonjour, Madame Keroudy.« Ich ersetzte weitere Begrüßungsfloskeln durch ein herzliches Lächeln, das sie freundlich nickend erwiderte.
    »Du sollst sie Mère Morwenna nennen, was sehr freundlich von ihr gemeint ist. Geh hinein, Lindis. Es ist nicht groß, aber ziemlich originell.«
    Mère Morwenna freute sich sichtlich über den Kuchen und naschte nach und nach ein gewaltiges Stück davon weg. Ich hatte mich von Robert aufklären lassen, dass diese Kalorienbombe zu gleichen Mengen aus Butter, Zucker und Mehl bestand, und wunderte mich, wie die viertel Portion von Bretonin diese Mengen bewältigte, während sie mit Robert redete.
    »Daniels ist bereits hier gewesen und hat versucht, ihr das Land abzuschwatzen«, fasste Robert einen längeren Gesprächsabschnitt zusammen.
    »Und, ist sie drauf eingegangen?«
    »Mère Morwennas Französisch ist, wie gesagt, nicht besonders gut. Sie kann es nach Belieben auch völlig vergessen.«
    Ich musste lachen. Eine solche Verhandlungspartnerin hatte sich Wulf wohl nicht vorgestellt.
    »Er wird Montag mit einem Anwalt wiederkommen, hat er ihr angekündigt. Ich werde mich darum kümmern. Ich denke mal, meine Beziehungen zu den hiesigen Anwälten sind etwas besser als die deines Kollegen. Oder möchtest du, dass ich mich da heraushalte?«
    Es war eine entscheidende Frage, es war die Frage, wie ich mich gegenüber dem Vorhaben Ferienpark grundsätzlich weiter verhalten würde. Und es wunderte mich selbst, dass ich mit absoluter Sicherheit in der Stimme antwortete: »Ich möchte, dass du die Interessen von Mère Morwenna wahrnimmst.«
    Ich wollte Robert die Hand auf den Arm legen, aber er zog ihn fort.
    Robert erklärte Morwenna etwas, und sie nickte. Dann stand sie auf und kramte in einer altersschwarzen Kommode herum. Mit einer Kassette kam sie dann zum Tisch zurück und übergab Robert ein Papier. Sie wies ihn an, es zu lesen.
    »Ihr Testament. Lindis, die arme Alte hat keine lebenden Verwandten mehr. Sie vermacht ihr Land und ihre paar Habseligkeiten den Naturschützern, weil die sich schon oft um sie gekümmert haben. Die sind aber meist ziemlich zerstritten. Du liebe Zeit, wenn Morwenna etwas passiert, ist das eine üble Lösung. Sie fragt mich, ob sie es ändern soll.«
    »Sie scheint sehr realistisch mit ihrem Ableben umzugehen.«
    »Ankou wartet schon lange auf sie. Sie hat keine Angst mehr vor ihm. Und sie hat recht, wir müssen das auf jeden Fall regeln.«
    »Wer ist Ankou?«
    »Der hiesige Sensenmann.«
    »Oh, ach so. Kann sie es nicht der Kirche oder so vermachen?«
    Robert lachte schallend auf und übersetzte Morwenna meinen Vorschlag. Die brach in ein geradezu hämisches Gekrächze aus und ließ Worte hören, die mich auch ohne Übersetzung an ein paar saftige Unflätigkeiten denken ließen.
    »Madame hat’s wohl nicht so mit dem Pfarrer?«
    »Nein, wirklich nicht.«
    »Gut, gestrichen. Gibt es denn keine Freundin oder jemandem, dem sie traut?«
    Robert nickte, und beide parlierten eine Weile, Robert abwehrend und kopfschüttelnd.
    »Sie will es mir vermachen. Aber das möchte ich nicht. Ich will mich in keiner Weise bereichern, falls doch noch jemand auftaucht, der ältere Rechte hat. Andererseits wäre es natürlich wundervoll, für das Museum …«
    »Robert, dann ist es doch ganz easy, wie Beni das auszudrücken pflegt. Kann eure Kommission nicht als Erbe eingesetzt werden? Der alten Dame müsste das doch gefallen, wenn ihr Land unter Denkmalschutz kommt. Das ist so ähnlich wie die Naturschützer!«
    Robert sah mich an.
    »Sehr gut. Eine ausgezeichnete Idee. Moment, das haben wir gleich!«

    Als wir eine halbe Stunde später von Morwenna zurückgingen, war Robert sehr schweigsam, aber ich sah, dass er intensiv nachdachte.
    »Ich werde gleich eine Menge Telefonate führen!«
    »Was hat sie als Letztes gesagt, Robert?«
    Er hatte mir Morwennas letzten Satz nicht übersetzt.
    »Daoulagad vrav he deus!«
    »Das habe ich gehört. Und was heißt es? Sie hat mich dabei angesehen.«
    Er lächelte. »Sie meint, du hättest schöne Augen.«
    »Oh. Na, ich gehe dann mal mit dem Dämon auf Mäusejagd!«

11. Faden, 10. Knoten
    Später, gegen Abend, als ich in die Küche strolchte, traf ich Robert, der sich zum Weggehen umgezogen hatte.
    »Du wirst dich selbst verpflegen müssen, Lindis, ich muss heute Abend noch nach Morlaix und mich dort mit ein paar

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