Die keltische Schwester
habe Angst. Der weiße Hirsch hat nur ein verheerendes Unwetter gebracht, als ob die Götter uns zürnten, weil wir ihn getötet haben. Die Dürre ist seither nur schlimmer geworden. Was ist, wenn das weiße Rind genauso wenig angenommen wird.«
»Sei ruhig, Geliebte, diesmal wird das Opfer das richtige sein.«
Sanft legte er seinen Mund über meine Lippen und schloss sie. Der Kuss war zärtlich, dann drängend, fordernd. Ich erwiderte ihn mit gleicher Intensität. Feuer und Eis trafen sich in meinem Körper, lang vergessene Erinnerungen an eine Leidenschaft, die alles auslöschen konnte, eine Sehnsucht, die mich beinahe zerreißen wollte, ein Verlangen, aufzugehen in diesen Moment. Meine Finger durchlief eine fast schmerzende Energie, meine Beine konnten mich kaum mehr tragen. Wie lange hatte ich gewartet? Zehn Jahre? Tausend Jahre? Ewigkeiten?
Der Gürtel meines Kleides war gelöst, es fiel zu meinen Füßen in den Sand. Ich sank auf die Decke, und er kam zu mir. Nicht Robert, nicht Elcmar, sondern er, auf den ich gewartet hatte. Ich erkannte ihn, denn die Mondsichel stand über seinem Haupt, als er sich zu mir niederbeugte. Und vom Meer kam die Woge, schlug über uns zusammen, barst ineinem Glitzern von Schaum, in Myriaden von leuchtenden Tropfen.
Er hielt mich, hielt mich fest an sich gedrückt, mein Kopf an seiner Schulter. Sanft, so liebevoll streichelte er mich. Und ich schwebte auf den Wellen des Schlafes.
Dann war da das helle Morgenlicht, und ich zog mein weißes Gewand über. Conall, ebenfalls in Weiß, trat in den sonnendurchfluteten Raum, er hielt einen goldenen Torques in der Hand und reichte ihn mir.
»Du wirst das Ritual durchführen, Danu«, sagte er und drückte mir den Kranz aus Eichenblättern auf die Stirn. »Und nun trinke dies, mein Kind. Es wird dir helfen, zu tun, was zu tun ist«, sprach er mit Trauer in der Stimme.
In einer flachen vergoldeten Schale war ein trübes Gebräu, bitter, doch mit Honig gesüßt, um es überhaupt genießbar zu machen. Ich wusste, welche Kräuter und Pilze Conall verwendet hatte, die Wirkung kannte ich jedoch noch nicht. Sie trat sehr bald ein. Ein wunderliches Gefühl, alles wahrzunehmen und trotzdem nicht ganz bei sich zu sein. Ich fühlte mich ein wenig außerhalb meiner selbst und konnte alles nur wie durch einen Nebel sehen.
Draußen warteten die Menschen in der Sonnenglut, im trockenen Staub, der bei jedem Schritt aufgewirbelt wurde. Wie schwebend wurden meine Schritte, gefühllos meine bloßen Füße, so führte ich mit Conall die Prozession bis zum Stein auf der Wiese vor dem Dorf. Wir alle schweigend, betend, hoffend, dass die Götter unser Opfer akzeptierten und die Dürre von dem sterbenden Land nahmen. Ich sah kaum noch etwas, nur noch das Weiß unserer Gewänder, das Grau des Steines. Als wir dort angelangt waren, sprach Conall lange, aber ich verstand wenig davon. Dann hieß er mich, die Hände auszustrecken, und mir wurde ein langes Schwert gereicht. Das Opfertier war bereit, und auf Conalls Wort hin stieß ich zu.
In diesem Moment wurde mein Blick wieder klar, und ich sah in Elcmars brechende Augen, die auf mir ruhten, als sie das Lederband um seinen Hals straff zogen.
Das blutige Schwert fiel aus meiner Hand, und ich wollte schreien, schreien, nichts als schreien. Aber es kam kein Laut über meine Lippen. Ich sah hinunter an mir, erkannte das weiße Gewand und die roten Flecken darauf. Rotes Blut, frisch, noch feucht, befleckte mein Kleid, und in Panik lief ich davon. Ich lief, barfuß, ohne die spitzen Steine unter meinen Füßen zu spüren, ohne zu bemerken, wie das harte Gras, die scharfen Muschelschalen meine Haut zerschnitten. Ich lief unter der brennenden Sonne weiter und weiter, bis ich am Strand atemlos zusammensank. Heiß war der Sand, verdorrt das raue Gras, Staub mischte sich in meinen Atem, und ich musste mit trockenem Hals husten und husten, bis ich erschöpft nach Luft rang. Hilflos, kraftlos und in dem namenlosen Schrecken gefangen lag ich auf der Erde. Und die schwarze Krähe kreiste mit einem höhnischen Krächzen über mir. Enger und enger wurden ihre Kreise, näher kam sie, ihr scharfer Schnabel bereit, mir das Fleisch von den Knochen zu hacken. Näher kam sie, so dass ich das Rauschen ihrer Flügel hören konnte. Schwarz wurde es um mich, schwärzer als die Federn der Krähe.
»Lindis, Geliebte, ruhig. Es ist alles gut. Ich bin bei dir. Ich halte dich, Lindis, höre mich!«
»Robert … Robert? Sie hat …, o
Weitere Kostenlose Bücher