Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
Pizza-Service war schnell. Dann beobachtete ich, wie meine kleine Schwester mit dem Appetit einer ausgewachsenen Riesenschlange ihren Anteil und den größeren Anteil meiner Portion vertilgte. War ich vor vierzehn Jahren auch so unersättlich gewesen?
    »So, jetzt solltest du so weit abgefüttert sein, dass du mir den Grund deines Besuches erklären kannst.«
    »Kleines Zerwürfnis mit Mutter. Wir brauchen ein wenig Abstand voneinander, habe ich festgestellt.«
    Das war ein Grund, der mir nicht ganz unbekannt war. Ich hatte es nur knapp vier Jahre länger ausgehalten. Unsere Mutter hatte sehr bestimmte Vorstellungen davon, was Lebensweise und Umgang ihrer Familie bedeuten. Mein Vater war leider ein Flop für sie. Zwar hatte er die ausreichenden akademischen Grade erworben, doch statt mit diesem Kapital eine gesellschaftliche Karriere anzustreben, bei der seine Frau die erforderlichen repräsentativen Pflichten wahrnehmen konnte, hatte er sich in ein Gelehrtenstübchen zurückgezogen undwidmete sich ganz der Erforschung alter indoeuropäischer Sprachen. Er war eine bekannte Größe auf dem Gebiet geworden, und für das tägliche Brot mit guter Butter reichte es. Aber kein Glanz und keine gesellschaftlichen Höhenflüge.
    Die sollten dann die Töchter erbringen. Beileibe aber nicht durch eigene Arbeit, sondern durch eine glanzvolle Heirat. Was hatte ich für Kämpfe mit Mutter auszufechten gehabt, damit ich Betriebswirtschaft studieren durfte. Gut, vergessen wir das.
    »Worum ging es, Beni?«
    »Um ein Nobelinternat.«
    »Schon verstanden. Die guten Beziehungen.«
    »Die, und natürlich der Low-level-Bildungsanspruch, damit meine schulischen Leistungen wieder vorzeigbar werden!«
    »Wie bitte?« Ich hatte doch noch sehr lebhaft in Erinnerung, dass meine kleine Schwester Wissen wie ein trockender Schwamm aufzusaugen pflegte. Sie hatte mich schon als kleines Mädchen mit ihrer neugierigen Intelligenz erstaunt.
    »Na ja, ich hab mich wirklich bemüht, wenigstens in den meisten Fächern eine vier zu kriegen. Ich bin aber versetzt!«
    »Du hast dich wirklich bemüht …« Ich sah, wie sie versuchte, ein Grinsen zu verstecken. »Ich verstehe, du hast dich ernsthaft bemüht, keine besseren Noten zu bekommen. Was soll das, Beni?«
    »Na, du weißt doch, wie Mutter ist. ›Unsere Bernadine bringt ja immer sooo gute Leistungen mit nach Hause. Sie ist ja ein sooo fleißiges und hochbegabtes Kind. Das hat sie bestimmt von ihrem Vater, der ist ja auch von sooo überragender Intelligenz!‹ Hat sie doch bei dir auch gemacht!«
    Ich fürchte, ich zog eine zustimmende Grimasse. Natürlich konnte ich mitfühlen.
    »Ja, okay, Beni, die Erklärung lasse ich gelten. Aber was versprichst du dir davon, bei mir aufzutauchen?«
    »Oh, die Stimme des Blutes rief mich.«
    »Bernadine!«
    Ich tue es nicht gerne, Beni mit ihrem vollen Namen anzusprechen. Ich ahne, sie leidet darunter genauso wie ich. Es wirkte jedenfalls sofort.
    »Ich … ich wusste einfach nicht mehr weiter, Lindis. Sie hat gelitten und geschmollt, du kennst sie ja. Und Papa hat sie auch völlig plattgemacht mit ihrem Getue. Ich hab gedacht, du hast hier eine große Wohnung und bist eh nicht viel da, vielleicht könnte ich bei dir wohnen und hier zur Schule gehen, wenn ich schon wechseln soll. Abi würd’ ich schon gerne machen. Und dann studieren.«
    »Dass mir das vielleicht nicht passen könnte, ist dir noch nicht in den Sinn gekommen?«
    »Hast du einen Freund, der den Platz braucht?«
    »Nein«, rutschte mir spontan heraus, und ich hatte eine Chance vergeben.
    »Hab ich mir gedacht.«
    Um Himmels willen, das Gör musste sofort wieder nach Hause zurück, Verständnis hin, Mitleid her.
    »Nicht böse sein, ältere Schwester, bitte. Lass mich bei dir bleiben. Wenigstens die Ferien über.«
    »Sind Ferien?«
    »So gut wie.«
    »Beni!«
    »Na, noch zwei Wochen. Aber die Arbeiten sind alle geschrieben. Und wenn ich die Schule wechseln will, kommt es darauf doch sowieso nicht mehr an.«
    »Meine Einwilligung hast du nicht. Ich habe keine Zeit, mich um dich zu kümmern.«
    »Das genau ist doch die ideale Voraussetzung, verstehst du das nicht? Ich kann mich um mich selbst kümmern. Du brauchst weder mein Zimmer sauberzumachen noch meineWäsche zu waschen. Und kochen brauchst du auch nicht für mich. Meine Schulaufgaben kann ich sowieso selbst erledigen, damit hast du auch nix am Hut. Aber für dich könnte ich was machen. Mh? Staubsaugen, Blusen bügeln, einkaufen gehen.«
    »Ich

Weitere Kostenlose Bücher