Die keltische Schwester
»Wir haben uns verständigt, dass hier kein Problem vorliegt!«
»Gibt es Schwierigkeiten, Frau Farmunt?«
Ich erhielt einen warnenden Blick, der mir förmlich die Haarspitzen versengte. Ich zuckte also mit den Schultern und verneinte. »Nichts, was Bedeutung hätte.«
»Gut. Einen schönen Abend dann.«
Dr. Koenig verließ den Raum, und ich sah mich dem Unwillen des Projektleiters ausgeliefert.
»Was soll das? Du versuchst immer wieder, Panikmeldungenauszustreuen! Lass das bleiben. Du machst nur die Termine, ich bin für das Projekt verantwortlich.«
»Jawohl!«
Ich war wütend, derart angeschnauzt zu werden, und wollte grußlos aus dem Büro rauschen.
»Hey, Lindis.«
»Vergiss es, Wulf.«
Aber dann schluckte ich meinen Zorn doch wieder runter und ließ mich zu einem Cocktail in einer neuen In-Bar einladen. Wir sprachen über alles andere, nur nicht über diese kleine Meinungsverschiedenheit.
»Vorgestern habe ich übrigens die Nachricht bekommen, dass mein neues Auto am Wochenende geliefert wird.«
»Schön für dich. Die alte Kiste fiel ja auch schon fast auseinander. Kriegst du da überhaupt noch etwas für?«
Der Wagen war zwar so gut wie neu, aber ich wusste, dass Wulf jedes Fahrzeug über zwei Jahre und mit mehr als fünfzigtausend Kilometern Fahrleistung als alte Schüssel betrachtete. Na, jedem sein Hobby.
»Ich habe nicht nur einen guten Preis für den Wagen bekommen, sondern sogar noch eine Draufgabe, Lindis.«
»Oh, kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Was ist es denn?«
»Wenn ich dir das sage, brichst du in schallendes Gelächter aus. Ich meine, wenn ich so eine Familienkutsche bestellt hätte mit Babysitz und Kindersicherung, dann würde ich das ja noch verstehen. Aber so? Seit gestern sitzt ein gigantischer Plüschteddy mit einem herzergreifend dämlichen Gesichtsausdruck auf meinem Bett.«
»Nein!«
»Doch. Entsetzlich, nicht? Du musst mir unbedingt helfen, das Ding wieder loszuwerden. Du hast doch eine kleine Schwester. Kann die ihn nicht gebrauchen?«
»Beni ist über die Phase der Plüschteddys ein bisschen hinaus. Ich fürchte, sie zieht da inzwischen sogar eine gänzlich andere Gattung Kuscheltiere vor.«
»Du vermutlich auch, nicht wahr?«
»Ja, auch mir kannst du keinen Bären aufbinden. Aber ich habe eine Idee. Du solltest Karola Böhmer den Teddy schenken. Sie hat doch eine kleine fünfjährige Tochter.«
Wulf grinste erleichtert.
»Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann, Lindis. Genau das werde ich tun. Karola kümmert sich sowieso immer ausgesprochen hingebungsvoll um mich.«
»Hingebungsvoll, so, so.«
»Eifersüchtig?«
»Ich?«
Natürlich war ich nicht auf Karola eifersüchtig, es war mehr als augenscheinlich, dass sie nicht Wulfs Typ war. Allerdings gab es umgekehrt immer deutlichere Anzeichen dafür, dass Karolas Heldenverehrung allmählich in Vergötterung überging. Ich war nicht ganz unschuldig daran, denn der Teddy war ein echter Schlager.
Ich hatte mich nach dem Besuch im Ferienpark etwas zurückgehalten mit meinem Kontakt zu Karola, denn irgendwie hatte ich noch immer ein schlechtes Gewissen. In der Firma jedoch kamen wir gut miteinander aus, sie war mir eine echte Hilfe, wenn es darum ging, den Leuten Daten aus der Nase zu ziehen. Außerdem dachte sie auch mit, wenn ihr etwas komisch vorkam, was weit mehr war, als man von Schweitzer behaupten konnte.
Knoten 1. und 7. Faden
Der Knaller kam am Mittwoch. Der Knaller trug die Aufschrift: »Vermessungsfehler!«
Wulf tobte. Dummerweise hatte ein Anbieter für die Bauarbeiten den Fehler bemerkt, weil er eine ähnliche Betrachtung angestellt hatte wie ich.
»Warum hast du mir das nicht gezeigt, Lindis? Du hast das doch gewusst.«
»Du hast mir doch den Mund verboten, Wulf!«
»Quatsch. Du hättest mir das ja vernünftig erklären können, statt rumzulamentieren, du hättest da so ein Gefühl, dass was nicht stimmt!«
Die Fetzen flogen. Ich bewies, dass ich richtig gut konfliktfähig war. Leider war Wulf der Lautere, und der siegt in einem solchen Fall.
»Beruhige dich. Okay, ich habe dich nicht nachdrücklich genug darauf aufmerksam gemacht, alles meine Schuld. Aber jetzt sollten wir sehen, dass wir so schnell wie möglich herausfinden, welche Auswirkungen das auf den Termin hat.«
Endlich wurde er etwas sachlicher. Wir setzten uns mit den Bauingenieuren und dem Architekten zusammen und versuchten, die Situation zu retten.
Aber als ich am Ende der Woche die Auswirkungen auf den
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