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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Seite haben dir auch keine Probleme gemacht. Scheint, dass dein blindes Auge dir gute Dienste leistet.«
    Verblüffung lag auf Danus Gesicht.
    »Es ist schrecklich. Ich kann es noch immer nicht beherrschen. Es kommt und geht, wie es will.«
    »Solange die Sicht im Kampf kommt, ist es doch gut. Mir war, als ob du jede meiner Bewegungen schon vorher wusstest. Das ist erschreckend. Aber komm, für heute haben wir genug gemacht. Gehen wir zum Hafen hinunter.«
    Rigan und Danu legten ihre Holzschwerter unter die Kiefer und wanderten zu der kleinen sandigen Bucht, in der die Boote der Fischer lagen. Es war Ebbe, und nur wenige Menschen waren zu sehen. Ein paar Frauen sammelten draußen auf dem Watt Muscheln, Kinder spielten in den warmen Tümpeln, die die Flut hinterlassen hatte. Aufgespannte Netze wehten leicht im Wind, und Algen trockneten auf den Felsen.
    »Es ist gut, mal nicht immer nur diese elenden Verse lernen zu müssen. Ich bin froh, dass Conall uns erlaubt hat, mit den Schwertern zu üben. Ich hasse das Auswendiglernen.«
    »Ach, so schlimm ist das doch nicht.«
    »Du hast gut reden, Rigan. Du behältst doch alles. Ich bringe die Reihenfolge ständig durcheinander, ich kriege keinen Sinn in die Erzählungen hinein. Seit sieben Jahren quäle ich mich damit jetzt schon herum, und selten kann ich mal einen der Gesänge fehlerfrei aufsagen.«
    »Anfangs fand ich das auch schwer. Aber jetzt habe ich einen Trick gefunden, Danu.«
    »Einen Trick? Verrätst du ihn mir?«
    »Wenn du es für dich behältst.«
    »Natürlich. Wie machst du es?«
    »Siehst du diese Kette hier?« Rigan zog einen Strang kleiner Muscheln aus ihrer Tunika. »Mein Bruder hat sie mir gemacht. Jede ist anders. Und ich merke mir an der Reihenfolge der Perlen die Reihenfolge der Verse.«
    »Darum hast du sie immer in der Hand versteckt, wenn du rezitierst!«
    »Mh.«
    »Aber ich weiß nicht, ob mir das auch gelingt. Eine solche Kette müsste mir ja auch erst einmal jemand machen. Und dann muss ich auch noch die Reihenfolge der Perlen lernen. Ach, warum gibt es keine einfachere Möglichkeit, sich die Geschichten zu merken? Oder ist nur mein Kopf so dumm?«
    Rigan lachte. »Dein Kopf ist nicht dumm. Du kannst dir die vielen Heilpflanzen und ihre Wirkungen viel besser merken als ich. Aber weißt du, was ich neulich gehört habe?«
    »Nein, was?«
    »Es gibt Leute, die haben Zeichen für die Worte. Sie können die Verse in Zeichen auf Pergament malen oder in Ton ritzen und dann immer wiederholen, ohne sie auswendig zu lernen. Sie lernen nur einmal die Zeichen.«
    Danu schlug die Hand vor den Mund. »Aber, Rigan, das darf man doch nicht!«
    »Das hat Conall uns gesagt, aber andere dürfen das.«
    »Aber Worte, die dann jeder kennt. Ich glaube das nicht.«
    »Du kannst es Rigan glauben, Danu.«
    Erschrocken sahen sich die beiden Mädchen um und blickten zu dem Mann auf, der hinter sie getreten war. Es war Conall, bärtig und mit vollem Haar. Nur war es inzwischen weiß geworden. Er nickte den beiden zu und sagte: »Rigan, lass mich mit Danu alleine.«
    »Ja, Herr.«
    Danu hatte eine beklommene Miene, als sie sich ebenfalls erhob.
    »Wir wollen zu den Booten hinuntergehen, Danu. Keine Angst, ich will dir nur etwas erklären.« Schweigend gingen sie miteinander über die grasbewachsene Düne, die hinunter zu der kleinen Bucht führte, die dem Dorf als Hafen diente. »Ich habe eure Unterhaltung gehört. Und ich weiß auch, dass du nicht gerne die langen Lieder lernst, Danu. Darum denke ich, ist es an der Zeit, dass wir darüber sprechen.«
    »Ja, Herr.« Glücklich hörte Danu sich nicht an.
    Sie näherten sich den Fischernetzen, die in der Sonne trockneten. Es roch nach Meer, nach Algen und Fisch, salzig und herb, doch nicht unangenehm.
    »Danu, ist dir schon einmal aufgefallen, dass alle unsere Lieder gewebt sind wie diese Netze?«
    »Nein, Herr. Das wusste ich nicht.«
    »Sieh hier. Erinnerst du dich an die erste Geschichte, die ich euch als Kinder gelehrt habe? Die Geschichte der Groac’h von der Insel Lok?«
    »Ja, Herr. Aber aufsagen kann ich sie jetzt bestimmt nicht.«
    »Das brauchst du auch nicht, Danu. Aber pass auf. An diesem Faden …« Conall wies auf ein loses Ende des Netzes. »… beginnt die Geschichte. Dies ist die erste Person, die auftritt, der junge Mann Houarn. Dieser Knoten ist das erste Ereignis,das sich mit ihm verbindet – er will ausziehen, um so viel Silber zu erwerben, dass er sich eine Frau nehmen kann.«
    Danu folgte seinem

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