Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
Ort voller Abenteuer gewesen, mit allem, was ein Kinderherz begehrte.
Keru öffnete stumm das Tor. Der weiße Skria ließ Endriel und Nelen passieren. Nelen, die mittlerweile wieder auf Endriels Schulter Platz genommen hatte, bemerkte das traurige Lächeln ihrer Freundin genau wie die Tränen, die in ihren Augen glänzten. Was es wohl für ein Gefühl sein musste, nach so langer Zeit wieder nach Hause zurückzukehren? Sie selbst würde diese Erfahrung niemals machen können, jedenfalls nicht in diesem Leben.
»Es ist noch Licht an!« Ihr winziger Finger deutete zu den erleuchteten Fenstern im Erdgeschoss. Sie glaubte, dort einen Schemen hinter den Vorhängen erkannt zu haben. »Wer ist denn noch hier?«
»Eine Freundin«, brummte Keru. Er trug Endriels Gepäck. Die zum Bersten gefüllte Tasche und der schwere Drachenflügel-Rucksack schienen für ihn kein Gewicht zu haben.
»Eine Freundin?« Endriel drehte sich zu ihm um. Sie erinnerte sich an einen Namen aus Yaneks Brief: Xeah .
»Das sagte ich.« Aus Kerus Bassstimme war immer noch keine Emotion herauszuhören. Endriel gab sich mit dieser Antwort fürs Erste zufrieden. Sie würde es ohnehin jeden Moment erfahren.
Zu dritt marschierten sie über den Weg zum Haus, Kiesel knirschten unter ihren Füßen.
»Dort drüben habe ich früher immer Heuschrecken und Schnecken gefangen.« Endriel zeigte Nelen ein Gebüsch vor der Scheune. »Einmal ist mir der Käfig kaputt gegangen und die Viecher haben sich im ganzen Haus verteilt. Yanek ist beinahe verrückt geworden.« Sie lächelte, es sah traurig aus. »Keru, gibt es noch den kleinen Teich hinter dem Haus?«
Der Skria nickte nur.
»Es war der Lieblingsplatz meiner Mutter«, erklärte Endriel, obwohl Keru das wahrscheinlich wusste.
Schließlich erreichten sie die Veranda. Noch bevor Endriel einen Fuß auf das Holz setzen konnte, wurde die Haustür geöffnet.
Eine alte Draxyll stand dort: Ihr Körper unter der weißen Robe war derart gekrümmt, dass sie umgekippt wäre, hätte der dicke Schwanz nicht ein Gegengewicht gebildet. Ihre Haut war schuppig, mit verhörnten Warzen übersät und grau wie Granit. Tiefschwarze Äuglein musterten Endriel. Die Mundwinkel (die einzigen beweglichen Muskeln an dem flachen, entenartigen Schnabel), waren leicht nach oben gezogen. Ein Lächeln.
Das Schädelhorn der Draxyll war fast so lang wie Endriels Unterarm. Auf der dünnen Haut, die den bogenförmigen Knochen bedeckte, zogen sich schwarze, mosaikartige Tätowierungen bis zur niedrigen Stirn hin. Eine von bläulichen Adern durchzogene Membran spannte sich zwischen Horn und Hinterkopf.
»Du bist also Endriel.« Die Stimme der Draxyll klang dunkel und nasal, aber der freundliche Ton schien echt zu sein.
Duu biist aalsoo Endrieel. Typisch für ihr Volk sprach sie so träge, als wäre sie gerade erst aufgestanden. Und bevor Endriel sich dagegen wehren konnte, machte die Draxyll einen Schritt nach vorn und umarmte sie. Nelen konnte gerade noch rechtzeitig abspringen.
Endriel löste sich vorsichtig aus der Umarmung. »Langsam!«
»Es ist schön, dich endlich kennenzulernen, auch wenn die Umstände traurig sind.« Die Draxyll legte beide Hände aufs Herz. »Mein Name ist Xabash Xeah-Quor, aber du kannst mich Xeah nennen.« Für die zwei Sätze brauchte sie fast eine halbe Minute, doch Endriel blieb geduldig. »Hallo, Xeah.«
Nelen landete wieder auf der Schulter ihrer Freundin.
Xeah sah die kleine Yadi an. »Und wer bist du?«
»Nelen«, antwortete sie. »Einfach nur Nelen.«
»Freut mich, dich kennenzulernen, Nelen.«
»Wir sind Freundinnen«, erklärte Endriel knapp. »Verstehen Sie mich nicht falsch, Xeah, aber was machen Sie hier?«
Sie erschrak, als hinter ihr eine dunkle Stimme knurrte: »Xeah ist eine Geweihte Heilerin der Priesterschaft der Heiligen Prophetin.« Als sie sich umdrehte, ragte Kerus riesige Gestalt vor ihr auf. Er hatte das Gepäck geschultert und die Kapuze vom Haupt gezogen, sodass der Wind mit seiner Mähne spielte.
Erst jetzt fiel Endriel auf wie schön er war, trotz der Narbe: Weiße Skria waren selten und nach dem Glauben ihres Volkes besonders gesegnet. Nur irgendwie schien das auf Keru nicht zuzutreffen.
»Sie hat sich in seinen letzten Tagen um deinen Vater gekümmert und ihn ärztlich betreut«, erklärte er.
Endriel wandte sich wieder der Draxyll zu und entdeckte den dreieckigen Silberanhänger um ihren langen Hals, der sie als Anhängerin der Prophetin auswies.
»Auch wenn ich ihm
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