Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
er fragte: »Was? Echt?«
»Echt. Aber vorher musst du noch die Aufnahmeprüfung bestehen.« Kapitän Naguun legte eine Hand auf den fellüberzogenen, überaus muskulösen Arm des Skria. »Wenn du meinen Kumpel Keru hier besiegst, kannst du auf der Korona anheuern. Ach was, du kannst gleich meinen Posten übernehmen!« Der Riese sah sie nur unbeteiligt an, während die Yadi ihr einen tadelnden Blick zuwarf.
Miko schluckte, sein Herz hämmerte ihm wie eine Eisenfaust gegen die Brust. Er sah zu dem Skria auf. Die Bestie war fast doppelt so groß wie er, und er wusste nicht, was bedrohlicher war: das zernarbte linke Auge, oder das glühendrote rechte, das ihn ständig im Visier behielt. Er sah aus, als würde er Leute wie ihn zum Frühstück verputzen und noch Nachschlag verlangen!
»Was ist?«, knurrte der Skria. »Wolltest du mich nicht aufs Kreuz legen?«
Mikos verstörtes Grinsen sollte ursprünglich ein selbstsicheres Lächeln werden. »Ich, äh, das geht leider nicht ...« Ohne es zu merken wich er einen halben Schritt auf der Gangway zurück. »Ich, äh, hab eine Katzenhaarallergie, sehr schlimm! Ich kriege davon Schnupfen, und ...« Er gab ein gespieltes Niesen von sich und rieb sich die Nase. »Oh, nein, es fängt wieder an. Ich sollte schleunigst meine M-Medizin holen!«
Da fing Endriel Naguun aus vollem Hals an zu lachen und alle Augen richteten sich auf sie. Sogar Miko vergaß für einen Moment seinen Plan, sich klammheimlich aus der Affäre zu ziehen und lauschte nur dem hellen Klang ihres Lachens. Die Yadi wurde auf- und abgeworfen, während die Schultern des Kapitäns bebten.
Währenddessen hob der Skria den Arm. Miko zuckte zusammen und warf die Hände vors Gesicht. »Nicht schlagen! Bitte!«
Doch der Riese grinste durch zwei Reihen blitzender Reißzähne. Er deutete mit einem Krallenfinger auf Mikos rechten Schuh und brummte: »Dein Schnürsenkel ist offen. Damit lässt sich schlecht kämpfen.«
Miko sah erst den Skria an, dann seinen Schuh und erkannte, dass sein Gegenüber Recht hatte. Er bückte sich ungelenk und fasste nach den Schlaufen. Unglücklicherweise glitt ihm dabei der Seesack von der Schulter und rollte die Gangway hinab. Miko fluchte und rannte seinem Gepäck hinterher. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als – »plopp!« – einfach zu verschwinden. Aber wer die Klappe aufriss, bekam auch die Rechnung dafür. Und warum sollten diese Leute in ihm etwas anderes sehen als den ungelenken Hampelmann, der er war? Wenigstens hatte Kapitän Naguun aufgehört, über ihn zu lachen ...
»Das war gemein«, flüsterte Nelen ihrer Freundin zu.
»Ich weiß«, sagte Endriel. Aber sie hatte es nicht böse gemeint. Wirklich nicht.
Als Miko den Seesack wieder wie ein Baby im Arm hielt, mit Verzweiflung im Blick, konnte sie nicht anders: Sie hatte ihn ins Herz geschlossen.
»Bitte geben Sie mir eine Chance!«, flehte der Junge. Er stand einsam und verlassen am Ende der Gangway. »Ich tue alles für Sie und wenn ich nur Kartoffeln schälen muss! Aber bitte lassen Sie mich mit Ihnen fliegen! Bitte!«
Endriel sah Tränen in seinen kleinen, blauen Augen glitzern. Sie schämte sich, ihn so vorgeführt zu haben.
»Komm schon«, sagte Nelen. »Du siehst doch, dass er verzweifelt ist!«
Ja, das sah sie. Und sie erkannte in dem Jungen auch ein bisschen die junge Endriel Naguun wieder, die davon träumte, Abenteuerin zu werden. Allein deshalb würde sie es nicht übers Herz bringen, Miko fortzuschicken
Außerdem hatte der Gedanke, jemand zu haben, der die eher unangenehmen Arbeiten verrichtete, durchaus seinen Reiz.
Warum eigentlich nicht? Dann sind wir jetzt eben zu fünft.
Sie sah wie Keru den Kopf schüttelte. »Lass es sein«, knurrte er. »Wir wissen schon nicht, ob wir mit vier Leuten über die Runden kommen. Und diese Kreatur sieht so ausgehungert aus, als würde sie für zehn Leute essen!«
Miko bekam von dieser Diskussion nichts mit. Er hatte sich mittlerweile mit hängenden Schultern abgewandt. Und wieder eine Chance in den Sand gesetzt , dachte er und kämpfte mit den Tränen. Du bist eben für nix anderes gut, als ausgelacht und verdroschen zu werden.
»Ich kann dir keinen Lohn zahlen«, hörte er Kapitän Naguun sagen.
Er wirbelte herum. »Äh, wie bitte?«
»Ich sagte, dass ich dir keinen Lohn zahlen kann, so leid es mir tut.«
»Soll das heißen«, Miko zitterte vor Aufregung, »ich darf mit Ihnen fliegen?«
Kapitän Naguun lächelte. »Genau das soll es heißen.«
»Keine
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