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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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Faust auf den Tisch, dass die Becher tanzten, aber Louisa ließ sich nicht einschüchtern.
    «Ist sie nicht. Sie ist hier!»
    «Hört auf zu zanken! Aber die Idee ist gar nicht schlecht, Calixtus. Was meinst du? Sollen wir nach Saint Maximin? Es liegt fast auf dem Weg», schlug Carolus vor.
    Der Mönch rührte geistesabwesend mit dem Finger Weinstein und schlammige Ablagerungen am Grund seines Bechers um.
    «Vielleicht. Ja, möglich wäre es», murmelte er.
    Er schrieb ein paar Zeilen an seinen Abt und gab das Zettelchen einem Reisenden nach Pertuis mit, der versprach, es getreulich abzuliefern.
    «Ich danke dir, mein Sohn, Gott segne dich. Und wenn du den Zettel verlierst oder ihn nicht abgibst, dann soll er dich mit Warzen bedecken, du weißt schon wo: dort, wo es höchst unbequem wäre.»
    Am nächsten Morgen brachen sie gemeinsam auf, um unterhalb der Montagne de Cengle die Straße nach Trets zunehmen. Das dauerte seine Zeit. Der Maulesel Methusalem ließ sich nicht antreiben. Spürte er die Gerte, dann ließ er alle Muskeln unter seinem räudigen Fell zucken, blieb stehen und sah sich nach seinem Reiter um: ‹Wenn du mich schlägst, gehe ich noch langsamer. Willst du nun vorwärtskommen oder nicht? Dann lass mich gefälligst in Ruhe meinen Gang gehen.›
    Als Calixtus und Carolus Le Tholonet passierten, da bekam Danielle Gesellschaft.

22.
    Von dieser Seite war der Berg golden wie eine Honigwabe und hatte wenig Ähnlichkeit mit einem Gerippe, eher mit einem gedrungenen, aber freundlichen Tier. Seine südlichen Flanken trugen ein dichtes Fell von Pinien, deren Kronen fast schwarz wirkten. Die Erde im Tal war dunkelrot wie der Staub an ihrem Rocksaum und auf ihren Füßen. Danielle hatte einen Tag bei der Weinernte geholfen gegen eine Mahlzeit und Quartier für die Nacht. Es waren freundliche, großzügige Leute, die sich nicht darum scherten, wer einer war oder welche Ansichten er hatte, wenn er nur ein Paar zupackende Hände besaß. Der Sohn des Weinbauern hatte sich in die Hand geschnitten. Das geschah öfter bei der Traubenernte. Man fasste mit der linken Hand unter die Traube, sodass sie schwer auf der Handfläche zu liegen kam, und schnitt den Stängel dann oberhalb davon mit der Rechten ab, in der man die Schere hielt. Doch manchmal saßen die Trauben ein wenig versteckt hinter dem Stamm, oder es sollte besonders schnell gehen, denn die Pflücker machten sich lachend Konkurrenz, wer am schnellsten und dabei am saubersten las. Einmal nicht richtig hingesehen und ratsch!, schon war es passiert. Der Junge hatte gründliche Arbeit geleistet und sich den Daumen halb durchgetrennt, so wie es aussah. Der Finger blutete stark, und der Junge bekam vor Schreck keinen Laut heraus. Er schnappte nur nach Luft.
    «Zeig her», sagte Danielle. «Beweg den Finger. Gut. Die Sehne ist noch heil. Es ist nicht so schlimm.» Sie ging mit ihm zum Haus, ließ sich Nadel und Faden geben und flickte ihnzusammen. Seine Mutter stand mit großen Augen daneben. Danielle erklärte ihr, welche Kräuter sie zum Waschen der Wunde und welche sie abkochen und zum Auflegen benutzen solle, damit sie gut heilte.
    «So, wie es geblutet hat, ist die Wunde wenigstens nicht verschmutzt. In ein paar Tagen kannst du den Faden auftrennen und herausziehen.» Am anderen Morgen drängten sie ihr Vorräte auf und wollten ihr Geld geben für die Behandlung, doch sie nahm nur das Brot, ein wenig Käse und ein paar Trauben, nur so viel, wie sie tragen und essen konnte.
    Der Geruch des Herbstes lag schon in der Luft. Es war Zeit weiterzugehen.
    Langsam änderte sich das Gesicht der Landschaft wieder. Sie sah mannshohe Heidesträucher, Erdbeerbäume und lichte Pinienwälder, die sie an ihre Kindheit erinnerten. An einer Wegkreuzung blieb sie stehen, unschlüssig, welchen Weg sie nehmen sollte. Geradeaus vor ihr verliefen Gebirgsfalten quer über ihren Weg, einen Weg, der, wenn sie ihn immer weiterginge, nach Genua führen würde – so glaubte sie. Zur rechten Hand war die Sicht unbehindert, und es ging ein wenig bergab.
    Da hörte sie hinter sich eine Stimme, einen Gruß, der ganz offensichtlich ihr galt: «Jesus segne dich, Schwester!»
    Sie wandte sich um und sah drei Beginen auf sich zukommen. Als sie näher kamen, erkannte sie die Gesichter. Sie hatte sie zuletzt in dem elenden Verschlag an der Stadtmauer von Pertuis gesehen: Marie Sonnier, Barbara Grandjean und Prous Boneta.
    «Gott segne auch euch! Wo kommt ihr denn her? Wolltet ihr nicht nach

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