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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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dass die Autorin als Ketzerin verurteilt wurde. Das kann Euch der Priester von Pertuis bestätigen. Er hat sie danach befragt.»
    «Und dennoch hast du dieses geisteskranke Werk weiblicher Hoffart für dich behalten und es weiterverbreitet? Obgleich du wusstest, dass es sich um ein ketzerisches Buch handelt?», schrie der Inquisitor
    «Ich habe es gelesen und konnte nichts Unrechtes darin finden. Sie spricht doch nur von Liebe und von Selbstaufgabe, nicht anders als der heilige Bernhard von Clairvaux», entgegnete Danielle gefasst.
    Jede Spur von väterlicher Güte verschwand mit einem Schlag aus dem Gesicht des Inquisitors.
    «Eine Unverschämtheit! Blasphemie! Was erdreistest du dich, den heiligen Bernhard mit diesem Porete-Weib in einem Atemzug zu nennen? Wie kommst du dazu, dich für klüger zu halten, als sämtliche hochweisen Theologen, die das Werk beurteilt, es sorgfältig abgewogen und für zu leicht befunden haben!? Anmaßung und Stolz, der nur noch von deiner Dummheit übertroffen wird!» Er war puterrot im Gesicht, Speichelfetzen flogen aus seinem Mund. «Warum wohl verbieten wir dem einfachen Volk, die Bibel zu besitzen und heilige Texte zu lesen? Und erst recht sollen Weiber sich des Lesens enthalten! Man sieht ja, was dabei herauskommt.»
    «Ich bereue es», sagte Danielle demütig, aber unaufrichtig. «Ich wollte doch nur erkennen   …»
    «Die Ursünde!», unterbrach sie der Mann. «Das neugierige Weib greift nach dem Apfel der Erkenntnis!»
    ‹Und weil die Frauen zuerst nach Erkenntnis gestrebt haben, wollt ihr sie jetzt für alle Zeiten dumm halten›, dachte Danielle.
    «Ich bekenne und bereue es», sagte sie laut.
    «Wir werden sehen», sagte der Inquisitor. «Wir werden sehen.»
     
    «Der Teufel hole dieses Maultier!», schrie im selben Augenblick, zwei Tagereisen vor Toulon, ein gewisser junger Medicus.
    «Das
mulet
kann nichts dafür. Ehrlich gesagt, es ist schon viel weiter gekommen, als ich gedacht hatte, dass wir mit ihm kommen werden», beruhigte ihn Calixtus.
    Methusalem lag auf der Seite und verdrehte die Augen. Seine Flanken hievten. Carolus zählte sein verbliebenes Kapital. «Da! Lass uns davon zwei Pferde kaufen. Wir werden sonst zu spät kommen!»
    «Und wovon wirst du die Herberge bezahlen?», entgegnete der Mönch.
    «Was brauche ich eine Herberge? Ich schlafe unter freiem Himmel!», rief Carolus.
    «Und was wirst du essen?», fragte Calixtus.
    «Das ist mir gleich! Ich brauche ein Pferd! Du da!» Carolus sprach einen verdutzten Bauern an, der gemütlich auf seinem Ackergaul daherkam. «Tausche mit uns. Ich gebe dir mein Maultier und fünf Silberstücke für dein Pferd.» Das Pferd hatte einen Tonnenbauch, einen Rücken wie ein umgedrehter Nachen und Hufe wie Butterfässer.
    «Das Maultier da? Das ist ja schon halbtot», sagte der Bauer verächtlich.
    «Ist es nicht. Es ruht sich nur aus.» Carolus gab seinem Reittier einen Tritt.
    Methusalem schüttelte sich, stand auf und furzte lang anhaltend. Der Packsattel rutschte unter seinen Bauch.
    «Da seht Ihr’s. Es ist noch ganz lebendig. Es ist nur ein wenig müde. Ich habe es furchtbar eilig, sonst würde ich es nie im Leben hergeben, so ein treues, zähes Tier. Kommt schon, Ihr macht einen guten Handel damit!», drängte Carolus.
    Der Mann blieb auf seinem Pferd hocken, hielt aber immerhinan. «Das andere Maultier würde ich nehmen. Und dreißig Livres dazu.»
    «Wie? Dafür bekomme ich einen jungen Andalusier!»
    Grinsend erhob sich der Mann halb aus seinem Sattel und machte eine große Schau daraus, sich nach allen Seiten umzusehen. «Möglich. Aber nicht hier und jetzt!», lachte er.
    «Das ist ein klumpiger Ackergaul, den Ihr da reitet. Er ist höchstens fünf Livres wert!», schimpfte Carolus.
    «Seht Ihr, wie breit und hoch er ist? Er hat das Blut eines Streitrosses in sich!», erwiderte der Bauer, jetzt schon ein bisschen beleidigt.
    «Aber nur, wenn er davon gesoffen hat!»
    «Das andere Maultier und 25   Livres Tournois.» Der Mann war hartnäckig.
    «Mein Maultier steht nicht zum Verkauf», wehrte Bruder Calixtus ab. Am Ende steckte der Landmann zwanzig Silberstücke ein, nahm seinen Sattel ab und wandte sich Methusalem zu. Der grunzte übellaunig und stemmte die Beine gegen den Boden. Doch der Bauer fackelte nicht lange: Er gab ihm einen kräftigen Fausthieb zwischen die Ohren. Und siehe da: Der alte Schlingel gab seinen Widerstand augenblicklich auf. Leichtfüßig wie ein Fohlen trabte er an, mit Mann, Sattel und

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