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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Worte zu widerlegen. Der Kardinal stimmte schließlich zu und entließ seinen Gegner mit einer Miene, die besagte, dass er sich in der Lage fühlte, den kleinen Mönch jederzeit kraft seines Verstandes in die Enge treiben zu können.
    Diesmal musste Ernst Luther und dessen Begleiter nur bis zur Tür geleiten. Als er in Cajetanus’ Kammer zurückkehrte, hörte er Portikus’ hasserfüllte Stimme bis auf den Flur dringen. »… wird seine ketzerischen Thesen weiter vertreten und Seine Heiligkeit, den Papst, auch in Zukunft offen schmähen. Er wagt es, ihm das Recht auf einen Ablass abzusprechen, auf dass die Sünder ihr Ende voller Angst um ihr Seelenheil erwarten müssten, und er …«
    Cajetanus unterbrach verärgert. »Luther muss widerrufen, sonst entfacht er ein Feuer, das wir möglicherweise nicht mehr löschen können. Schuld daran ist aber die Dummheit des Ablasspredigers Tetzel, der ohne die Genehmigung des sächsischen Kurfürsten in Sachsen Ablassbriefe verkaufen wollte. Damit hat er Friedrich III . erzürnt, und der benutzt dieses Mönchlein jetzt als Schwert. Dabei geht es Friedrich doch nur darum, jenen Anteil am Ablasshandel zu erhalten, der ihm als Landesherr zusteht. Seine Heiligkeit wird alles tun, um Friedrich zu besänftigen. Dafür ist es allerdings unabdingbar, dass Luther seine Schriften vorher öffentlich ins Feuer wirft und dem Papst absolute Treue schwört.«
    »Für mich gehört Luther auf den Scheiterhaufen!«, giftete Portikus.
    »Wenn es nach dir ginge, Bruder, würde die Hälfte der Christenheit auf dem Scheiterhaufen sterben. Doch wer soll dann den Kirchenzehnten, den Peterspfennig und den Ablass bezahlen?«
    Ernst schlüpfte in den Raum und freute sich über die heftige Abfuhr, die Cajetanus dem Münchner Kleriker erteilte, gleichzeitig ärgerte er sich über die Selbstverständlichkeit, mit der der Kardinal das Geld der Gläubigen einforderte. Er sah nicht ein, weshalb diese endlos spenden sollten, damit Bischöfe, Päpste und dergleichen ihre Neffen und – was in seinen Augen noch schlimmer war – ihre leiblichen Kinder mit Reichtümern überhäufen konnten. Das hatte Christus gewiss nicht gewollt.
    Ernst brach den Gedankengang ab, da er ihn auf gefährliche Wege führte, und bat Cajetanus, sich verabschieden zu dürfen. Der Kardinal nickte, und so machte er sich auf den Weg nach Hause. Den Gedanken, unterwegs noch Christoph Langenmantel aufzusuchen, verwarf er, da er nichts Neues zu berichten hatte.
    Zu ihrer eigenen Überraschung freute Veva sich, Ernst zu sehen. Tagsüber hatte sie ihn in Gedanken immer wieder als liederlich und verkommen bezeichnet, doch als er jetzt eintrat, stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht, und sie zapfte ihm einen großen Becher Bier. »Du wirst hungrig und durstig sein. Gleich gibt es Abendessen. Ich werde dir dazu eine Leberwurst warm machen. Oder soll ich sie in den Brei mit einrühren?«
    »Mach, wie es dir am besten dünkt!« Ernst setzte sich, nahm den Bierbecher in die Hand und starrte vor sich hin, ohne zu trinken.
    Währenddessen füllte Veva den Getreidebrei in zwei Näpfe und stellte diese auf den Tisch. Die Wurst kam auf ein mit feinen Schnitzereien verziertes Brettchen, das sie Ernst hinschob. Sie erzählte ein wenig von dem, was sie tagsüber erlebt hatte. Viel war es nicht, denn im Grunde gab es für sie kaum mehr zu tun, als zu nähen, zu spinnen oder zu lesen und dabei zu warten, bis ihr Mann zurückkam. Für kleinere Besorgungen hatte sie Nis, der sich mit Begeisterung ein kleines Trinkgeld verdiente. Der Junge war im Grunde auch ihr einziger Gesprächspartner, denn die anderen, die in den bereits fertiggestellten Häusern der Fuggerei lebten, wussten inzwischen, dass sie nur für kurze Zeit hier wohnen sollte und überdies die Tochter eines reichen Kaufmanns war. Daher wagten sie es kaum, ein Wort an sie zu richten. Nun war sie froh, Ernst gegenüberzusitzen und etwas über seine weiteren Pläne zu erfahren.
    Auf ihre Fragen antwortete er jedoch nur mit einem kurzen Brummen oder reagierte gar nicht. Dies ließ das Gefühl in ihr aufsteigen, ihre Anwesenheit sei ihm lästig. Sie sah ihm an, dass ihn Sorgen quälten. Doch die wollte er offensichtlich nicht mit ihr teilen. Ihre gute Laune schwand, und zuletzt saßen sie sich im Schein einer einzelnen Kerze stumm gegenüber und hätten sich fremder nicht sein können.
    Auch im Bett tat sich diesmal nichts, obwohl Veva gehofft hatte, Ernst würde sie dazu auffordern. Auch wenn sie

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