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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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auch, setzte Ernst in Gedanken hinzu und fragte sich, was Veva bezweckte. Den ganzen Morgen war sie so stumm wie ein Fisch gewesen, doch nun erzählte sie munter, dass sie am Vormittag zum Markt gehen wolle, und fragte ihn, was er sich zum Abendessen wünsche.
    »Denk nicht, ich müsse alles allein schleppen. Nis wird gleich kommen, und der soll sich seinen Kreuzer brav verdienen. Allerdings möchte ich doch bald in ein eigenes Haus umziehen. Kannst du nicht Herrn Fugger fragen, ob er dir bei der Suche behilflich sein kann? Dieses Häuschen, in dem ja auch noch andere Leute wohnen, mag für arme Leute geeignet sein, aber nicht für einen Rickinger aus München.«
    Auf diese Weise ging es noch eine ganze Weile weiter, bis Veva endlich das Geräusch der ins Schloss fallenden Haustür vernahm. Sie eilte in den kleinen Flur und fand diesen leer vor. Durch das Fenster sah sie die beiden Besucher davongehen.
    Sie wollte sich schon wieder abwenden, da bemerkte sie Nis, der im Laufschritt die Gasse heraufkam. Der Junge hatte es so eilig, dass er den Kirchenmann streifte und von diesem mit einem wenig frommen Fluch bedacht wurde. Doch der Kleine scherte sich nicht darum, sondern kam auf Vevas Tür zu und klopfte heftig.
    Als sie ihm öffnete, grinste er über das ganze Gesicht. »Habt Ihr schon gehört, Herrin? Der sächsische Mönch, dieser Luther, hat den Schergen des Kardinals Cajetanus ein Schnippchen geschlagen! Die haben ihn nämlich gestern Nacht aus dem Karmeliterkloster holen wollen, doch er ist ihnen kurz vorher durch die Lappen gegangen. Keiner weiß, wie er die Stadt verlassen konnte, aber er ist auf jeden Fall nicht mehr da.«
    Während Nis seinen Bericht hervorsprudelte, fügten sich in Vevas Gedanken die einzelnen Teile zu einem Bild zusammen. Martin Luther war in Fuggers Haus durch den römischen Kardinal befragt worden. Wie es aussah, hatte Ernst dort erfahren, dass etwas gegen den Sachsen geplant gewesen war, und diesen gewarnt. Also hatte er ihre Wohnung nicht wegen eines anderen Weibes gemieden, sondern um Luther zu helfen. Nun schämte sie sich für ihren Verdacht und fühlte sich gleichzeitig gekränkt, weil Ernst ihr kein Vertrauen geschenkt hatte.
    »Dieser Mönch interessiert mich nicht! Lauf zum Fleischmarkt und besorge mir die Würste, über die wir gestern gesprochen haben!« Veva reichte Nis ein paar Münzen und schickte ihn mit einem Klaps auf den Weg.
    Als sie in die Küche zurückkehrte, heftete sie ihre Blicke auf Ernst. »Der Häretiker Luther ist heute Nacht entflohen. Also muss ihn jemand aus Fuggers Haushalt gewarnt haben! Willst du mir nicht sagen, was gestern wirklich geschehen ist?«
    Ernst wusste nicht recht, was er tun sollte. Immerhin war Veva nur ein Weib, und solchen haftete der Ruf der Schwatzhaftigkeit an. Andererseits hatte sie ihm eben aus einer verteufelten Klemme geholfen. Hätte sie die Wahrheit gesagt, wäre Portikus endlich zu seiner Rache gekommen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, in welche Gefahr er sich begeben hatte.
    Im Stillen dankte er Gott, dass es so gut verlaufen war, und sah dann seine Frau forschend an. »Du musst mir versprechen, alles, was ich dir jetzt berichte, für dich zu behalten.«
    Um Vevas Mund erschien ein herber Zug. »Auch wenn es für dich nichts bedeuten mag, so habe ich eben einen Mann der Kirche belogen, um dich zu schützen!«
    Ernst senkte beschämt den Kopf. »Verzeih, ich wollte dich nicht kränken. Ich habe nur versucht, diese Sache von dir fernzuhalten. Weißt du, Doktor Luther wurde von Kaiser Maximilian freies Geleit zugesichert. Doch Kardinal Cajetanus hat Franz von Gigging und dessen Totschläger nach Augsburg geholt, damit sie Luther gefangen nehmen sollen, falls er seine Thesen nicht widerruft. Doch das konnte er nicht. Ich war Zeuge, wie er seinen Standpunkt vertrat und die Heilige Schrift zitierte. Cajetanus vermochte seine Worte nicht zu widerlegen. Der Ablass, den Männer wie Tetzel im Namen des Papstes verkaufen, ist nur dazu da, die Truhen der Kirche zu füllen, doch sie ersparen keinem Menschen auch nur eine Stunde Fegefeuer oder reißen ihn gar von den Pforten der Hölle zurück.«
    Bei diesen leidenschaftlich hervorgebrachten Worten erbleichte Veva. »Dann wäre der Ablass, den ich – übrigens mit deiner Hilfe! – für meinen Bruder gekauft habe, ebenfalls nichts wert!«
    Es tat Ernst weh, seine Frau so entsetzt zu sehen. Am liebsten hätte er erklärt, in diesem Fall sei es anders. Stattdessen aber lächelte er traurig

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