Die Ketzerbraut. Roman
schlimm, als wir von München aufgebrochen sind. Unterwegs haben wir bei jedem Gasthof gehört, es wären zwei Reiter vor uns, und uns bemüht, euch einzuholen. Schließlich reist es sich in Gesellschaft angenehmer – und sicherer.«
Der Sprecher, der sich ebenso wie seine beiden Gefährten in einen weiten Kapuzenmantel gehüllt hatte, lenkte sein Pferd neben Ernsts Braunen. »Wir sind nach Innsbruck unterwegs, um dort wichtige Handelsgeschäfte zum Abschluss zu bringen.«
Ernst zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Welch ein Zufall, ich auch! Dabei seht ihr mir gar nicht wie Kaufleute aus, sondern eher wie Kriegsmänner.«
»So kann man sich täuschen. Aber du siehst auch nicht aus wie ein Pfeffersack.« Der Mann lachte über den Ausspruch wie über einen guten Witz und berichtete dann, dass er zu Ferdinand Antscheller wolle. »Weißt du, meine Freunde und ich sind mit ein paar Gulden an seinen Geschäften beteiligt. Dafür geben wir seinen Warentransporten Geleitschutz bis nach Sachsen hinauf. In einem hast du nämlich recht: Wir sind wirklich Krieger, und zwar von ritterlicher Herkunft. Aber du weißt ja selbst, wie es ist. Mit einer zugigen Burg und ein paar Bauern, die für einen fronen, ist heutzutage kein Geld mehr zu machen. Das zahlen uns die Kaufherren, denen wir im Gegenzug die Räuber vom Hals halten. Eigentlich sollten das ja die Pfleger und Landrichter tun, aber die kümmern sich mehr darum, den dummen Bauern und Bürgern das Geld aus der Tasche zu ziehen, damit Kaiser Maximilian und Herr Wilhelm von Bayern ein gutes Leben führen können.«
»Diese Herrschaften brauchen immer Geld«, antwortete Ernst lachend und dachte an Franz von Gigging, der auf ähnliche Weise seinen Lebensunterhalt verdiente. Er wollte seine Begleiter nach dem Ritter fragen, doch da wechselten diese das Thema, und er vergaß ihn wieder. Nach den endlos langen Tagen, die er mit dem mürrischen Sepp allein durch Schnee und Eis geritten war, freute er sich über die Gesellschaft. Außerdem war er im Zweifel, ob er auf sich allein gestellt noch vor der Nacht die nächste Herberge erreichen würde. Die Männer hier kannten sich aus, und so folgte er ihnen erleichtert. Erst als zur linken Hand ein kleiner, verschneiter Wald auftauchte, merkte er, dass sie über die Abzweigung hinausgeritten waren. Nun ging es stetig bergan, und als das Waldstück hinter ihnen zurückgeblieben war, lag der Talboden, auf dem die Straße nach Innsbruck verlief, bereits ein ganzes Stück unter ihnen.
»Sind wir überhaupt noch auf dem richtigen Weg?«, fragte Ernst besorgt.
»Wir kürzen ein Stück ab und meiden dadurch die nächste Zollstelle. Der Amtmann dort hat mir ein zu offenes Händchen, musst du wissen.«
Ernst dachte insgeheim, dass er wohl weniger auf Geschäftsfreunde Friedrich Antschellers gestoßen war als vielmehr auf Schmuggler, mit denen dieser anscheinend zusammenarbeitete. Obwohl die Steuern und Zölle, die man unterwegs entrichten musste, ein Ärgernis darstellten, hätte er sich niemals mit Schmugglern eingelassen. Jakob Fuggers Leute bekämpften diese sogar, weil sie mehrere Monopole des Kaufherrn bedrohten. Daher sank Antschellers Ansehen in seiner Einschätzung so stark, dass er sich überlegte, ob er weiterhin mit dem Mann zusammenarbeiten sollte.
Als das Wetter sich weiter verschlechterte und der Schnee wie mit Schaufeln geschüttet vom Himmel fiel, wandte er sich an den Anführer seiner Begleiter. »Wenn das so weitergeht, kommen die Pferde bald nicht mehr vorwärts. Der Schnee reicht ihnen jetzt schon fast bis zum Bauch.«
»Weiter vorne fegt der Wind den Schnee ins Tal. Da können wir wieder etwas schneller reiten.«
»Und wie ist es mit Lawinen? Da habe ich schon Schlimmes gehört!«
»Hast du etwa Angst? Denke daran, wie groß das Gebirge ist. Würden da andauernd Lawinen zu Tal sausen, könnte niemand hier leben. Außerdem kommen wir bald in eine Gegend, wo du dich nicht mehr ängstigen musst!«
»Ich habe keine Angst«, erklärte Ernst barsch.
Die Fremden achteten jedoch nicht mehr auf ihn, sondern sahen sich nun selbst zweifelnd um. Schließlich machte ihr Anführer eine resignierende Geste. »Es schneit wirklich verdammt stark. Also sollten wir uns einen Unterschlupf suchen. Ein Stück weiter vorne steht eine Heuhütte, die für uns und unsere Gäule gerade groß genug ist. Hungern müssen wir nicht, denn wir führen ein paar Vorräte in den Satteltaschen mit und teilen gerne mit euch!«
Nun war Ernst sich
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