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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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dass er Gigging nicht schon früher mit einer kleinen Anzahlung zufriedengestellt hatte. Er hob seinen Becher, hielt ihn Gigging entgegen und versuchte, souverän zu wirken. »Keine Sorge, Ihr werdet Euer Geld schon bekommen, mein Freund. Doch im Augenblick kann ich keine so große Summe entbehren. Ich bin gerade dabei, in Venedig mein bisher größtes Handelsgeschäft abzuschließen. Damit es sich lohnt, musste ich mir bereits Geld bei Freunden leihen. Aber sobald dieses Geschäft erledigt ist, kann ich Euch die vereinbarte Summe auszahlen.«
    Gigging musterte ihn von oben bis unten und fragte sich, ob der Kaufmann ihn betrügen wollte. Er verneinte dies aber sofort, denn dafür war Haselegners Angst vor ihm zu groß. Außerdem ging es ihm nicht um eine Handvoll Gulden, sondern um einen erklecklichen Anteil an dem Vermögen, das dieser durch eine Heirat mit Veva in seinen Besitz bringen würde.
    »Also gut, ich werde mich noch ein wenig gedulden. Aber wenn du mich betrügen willst, ist dieser Warentransport dein letzter, den ich ungeschoren passieren lasse. Über das Geld, das mir zusteht, müssen wir allerdings noch reden.«
    Bei diesen Worten spitzte Haselegner die Ohren. Offensichtlich wollte Gigging mehr herausschlagen als die vereinbarte Summe.
     Doch er hatte die beiden Morde nicht angezettelt, um den Gewinn, den er daraus zog, zu teilen.
    »Wir haben eine Vereinbarung«, antwortete er daher verärgert.
    »Ich sehe nicht ein, weshalb du für jeden Gulden, den ich erhalte, zehn und noch mehr einstreichen wirst«, antwortete der Ritter feixend.
    Haselegner begriff, dass sein Gast ihn ausnehmen wollte wie eine schlachtreife Gans, und hätte am liebsten die Stadtknechte gerufen, um Gigging als Haupt der Oberländer Räuberbande festnehmen zu lassen. Doch zu seinem Leidwesen steckte er selbst zu tief in den Umtrieben der Räuber.
    »Lasst uns in Ruhe über alles reden«, beschwor er Gigging. »Ich kann Euch jetzt keine größere Geldsumme geben. Da ist zum einen das Geschäft mit Venedig, das ich nicht ohne schwere Verluste platzen lassen kann. Zum anderen aber würden mich die Beamten des Herzogs fragen, was ich für ein Geschäft mit Euch abschließe. Sollten sie daraufhin unseren Verbindungen nachgehen, finden sie vielleicht heraus, wer seit Jahren in den Bergen die Warenzüge überfällt.«
    »Willst du mir drohen?«, fuhr Gigging auf.
    »Ich drohe nicht, sondern sage nur, wie es ist. Sobald es mir möglich ist, bekommt Ihr das versprochene Geld, und wenn meine Geschäfte gut ausgehen, noch einmal die Hälfte dazu. Mehr kann ich Euch jedoch nicht geben!« Haselegner tat dieses Zugeständnis zwar in der Seele weh, doch er konnte sich nicht leisten, dass Gigging aus Rache den Handelszug mit den Waren aus Venedig überfiel.
    Sein Gast begriff, dass er Haselegner auf diese Weise nicht dazu bringen würde, mehr Geld herauszurücken. Im Kerker seiner Burg befand sich jedoch ein Trumpf, gegen den Haselegner machtlos war. »Musst du für diesen Handel nicht nach Venedig reisen?«, fragte er und sah sein Gegenüber nicken. »Gut. Dann wirst du mich auf der Rückreise in meiner Burg aufsuchen. Tust du es nicht, könntest du es bereuen! Übrigens, dein Wein schmeckt ausgezeichnet. Davon könntest du mir gleich ein paar Fässer mitbringen, sozusagen als Zinsen für das Geld, das du mir schuldig bist.« Gigging musste lachen, als er sah, wie Haselegner das Gesicht verzog. Doch der Kaufmann besaß Geld und Einfluss, während er selbst nur eine halbverfallene Burg, ein paar Bauerhöfe und seinen adeligen Namen sein Eigen nannte. In Zukunft aber würde Haselegner für ihn wie eine Kuh sein, die er lange und mit Genuss melken wollte.
    Nachdem er den letzten Bissen Schinken gegessen und den Wein ausgetrunken hatte, stand Gigging auf und klopfte seinem Gastgeber auf die Schulter. »Vergiss nicht zu kommen, mein Freund! Und nun lebe wohl!« Lachend verließ er das Haus.
    Haselegner blieb in einem Zustand zurück, der zwischen grenzenloser Wut und ebensolcher Verzweiflung schwankte.

17.
    A uf seinem Weg durch die Stadt ließ Gigging seine Blicke wachsam schweifen. Dennoch entging ihm Veva, die eben vom Friedhof kam, auf dem sie am Grab ihres Mannes gebetet hatte.
    Zunächst bemerkte auch sie den Ritter nicht. Ganz in Gedanken versunken schritt sie dahin und stolperte schließlich über einen Eimer, den jemand vor der Haustür hatte stehen lassen. Das Schienbein schmerzte so, dass sie sich über sich selbst ärgerte. Wenn sie nicht

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