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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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was anderes aus unserem Sündenregister wegzustreichen.«
    »Es ist wegen Bartl! Ich …« Veva versagte die Stimme.
    Cilli seufzte tief. »Für diesen Mord sollen die Halunken in die Hölle kommen – und zwar in einen riesigen Kochkessel, den tausend Teufel einheizen, damit er richtig siedet.« Sie zog Vevas Bettdecke zurecht und erhob sich. »Kann ich dich jetzt allein lassen, Dirndl? Der morgige Tag kommt früh genug, und dein Herr Vater wird nicht auf seinen Morgenbrei warten wollen.«
    »Geh zurück in dein Bett, Cilli. Und danke, dass du mich geweckt hast! Der Traum war wirklich scheußlich. Ich werde meiner heiligen Namenspatronin eine Kerze stiften, damit sie mich in Zukunft vor so etwas bewahrt.«
    »Stifte auch der Heiligen Jungfrau eine Kerze, weil sie dich aus der Hand dieser Schurken errettet hat. Sie hat Benedikt Haselegner zur rechten Zeit geschickt. Ohne ihn hätten diese Mörder dich ebenso umgebracht wie den armen Bartl. Aber du hättest vorher noch viel mehr erdulden müssen als er. Schlaf gut, Dirndl, und denke daran, dass unser Herr Jesus Christus, geheiligt werde sein Name, dir auch wieder schönere Tage schenken wird.«
    Mit diesen Worten nahm Cilli ihre Unschlittlampe und verließ die Kammer. Obwohl Veva die Dunkelheit der Nacht gewohnt war, machte die Finsternis um sie herum ihr plötzlich Angst. Im ersten Augenblick wollte sie nach der Köchin rufen und diese bitten, ihr die Lampe dazulassen. Dann aber dachte sie daran, dass Cilli sich den Weg in ihre Kammer würde ertasten müssen. Schwer atmend zog sie die Bettdecke hoch und starrte ins Nichts. Beim Gedanken an weitere Alpträume, die sie überfallen mochten, wenn sie wieder einschlief, schüttelte sie sich und begann, ein Totengebet für ihren Bruder zu sprechen, damit Jesus Christus ihn ungesäumt zu sich ins Paradies aufnahm. Vielleicht sah er dann vom Himmel auf sie herab und verzieh ihr, dass sie noch lebte. Doch nach den ersten Worten quollen ihr bereits wieder Tränen aus den Augen, und ihre Stimme verging in qualvollen Weinkrämpfen.

14.
    I rgendwann musste Veva doch eingeschlafen sein, denn als sie erwachte, war es bereits heller Tag. An weitere Alpträume erinnerte sie sich nicht, aber ihr tat das Herz weh, und die Augen brannten. Am liebsten wäre sie bis zum Jüngsten Tag im Bett liegen geblieben. Doch unten hörte sie bereits die Mägde in der Küche rumoren, und ihr Körper forderte mit Nachdruck sein Recht.
    Sie sprang aus dem Bett und zog gerade noch rechtzeitig den Nachttopf unter dem Bett hervor. Während sie sich erleichterte, dachte sie daran, dass sie den Topf schon längere Zeit nicht mehr benutzt hatte, sondern selbst in der Nacht zum Abtritt neben dem Stall gegangen war. Nun schämte sie sich und schob das Gefäß, als sie fertig war, mit einer Geste des Abscheus unter das Bett zurück.
    Gerade als sie die Kammer verlassen wollte, wurde die Tür geöffnet, und Cilli trug eine Schüssel mit Wasser herein. »Du wirst dich sicher in Ruhe waschen wollen«, sagte sie lächelnd. »Gleich gibt es Frühstück. Soll ich es dir hochbringen lassen?«
    Veva schüttelte den Kopf. »Nein, ich komme in die Küche. Vergelt’s Gott für das Wasser.«
    »Es ist noch warm«, erklärte die Köchin, bevor sie das Zimmer verließ.
    Verwundert steckte Veva einen Finger ins Wasser. Das Wasser in der Schüssel war tatsächlich lauwarm. Das gab es normalerweise nur an Sonn- und Feiertagen. Unter der Woche wuschen sich alle im Haus das Gesicht und die Hände mit kaltem Wasser. Nun aber fühlte Veva das Bedürfnis, sich ganz zu waschen, und zog ihr Nachthemd über den Kopf. Als sie den Lappen in das warme Wasser tauchte und mit der Reinigung begann, schämte sie sich schon wieder. Ihr Bruder war tot, und sie frönte der Todsünde der Eitelkeit. Das würde sie beichten und zur Strafe etliche Ave-Maria beten müssen.
    Doch das warme Wasser tat ihr gut. Sie begann mit dem Gesicht und den Armen, machte mit dem Oberkörper weiter und endete nach den Beinen schließlich dort, wo eine Frau sich stark von einem Mann unterscheidet. Einen Augenblick zögerte sie, denn den Worten besonders eifriger Priester zufolge galt es bereits als sündhaft, sich an dieser Stelle zu berühren. Doch nach kurzem Überlegen säuberte sie sich auch dort.
    Nachdem sie sich abgetrocknet hatte, zog sie sich sorgfältig an, schlüpfte in ihre Schuhe und stieg nach unten. Die Mägde und die beiden Hausknechte, die sich in der Küche zum gemeinsamen Frühstück

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