Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
Vom Netzwerk:
Seite und schlug schließlich mit dem Kopf gegen raue Baumrinde.
    » Dòna, bitte beruhigt Euch. Meine Mutter lobte stets Euren klaren Verstand « , mahnte Olivette, packte sie an den Schultern und zog sie zu der Stelle zurück, wo der Gang ins Freie führte.
    » Es ist sicher nicht einfach für Peyres, den richtigen Augenblick zu finden, um Eure Schwester in die Freiheit zu führen. Aber er wird tun, was er kann. Um Euretwillen. «
    Adelind nahm diese Worte schweigend an. Sie wollte Hildegard lebend zurückbekommen und Peyres unversehrt vor sich sehen. Bis dies geschehen war, konnte sie keinen klaren Gedanken fassen. Das Warten auf diese zwei Menschen war eine endlose Qual, bei der Olivette ihr durch gutes Zureden, Streicheln ihres Rückens und das Angebot weiterer Früchte aus dem mitgebrachten Korb ein wenig Erleichterung verschaffte. Versuche, Adelind in Gespräche zu verwickeln, gab sie schließlich auf, doch gelang es ihr, sie zu einem gemeinsamen Gebet zu überreden. Sie hatten mehrfach das Paternoster gesprochen, sich die restliche Mahlzeit aus dem Korb geteilt und schließlich gemeinsam nach Beeren im Wald gesucht, als Olivette zu dem sich langsam verdüsternden Himmel wies.
    » Es fängt an zu dämmern, und ich glaube, Regen zieht auf. Wir sollten jetzt endlich ins Dorf gehen. «
    Adelinds Füße waren mit dem Waldboden verwachsen. Sie schüttelte nur den Kopf.
    » Bitte, Dòna, nur wir beide nachts im Wald, das macht mir Angst. Es streifen sicher Wölfe herum. «
    » Dann geh ins Dorf. Ich bleibe hier! «
    Olivette stieß einen Seufzer aus.
    » Vielleicht sind sie ja durch eines der Ausgangstore entkommen und nicht durch den Gang. Dann wissen sie nicht einmal, wo sie uns jetzt finden. In Foix, da können wir uns alle wiedersehen. «
    Adelind fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Immer noch fiel es ihr schwer, klar zu denken.
    » Wie sollen sie durch ein Ausgangstor fliehen? Hildegard fällt auf. «
    » Diesmal war Peyres vielleicht klüger und hat ihr einen Schleier mitgebracht. «
    Adelind drehte eine kleine Runde um die Eiche, vor der die Quelle plätscherte. Der Drang, sich zu bewegen, war übermächtig, sie fürchtete den Stillstand, vermochte ihn kaum zu ertragen. Zahlreiche Gedanken drehten sich ohne Unterlass in ihrem Kopf.
    » Der Wächter am Tor zur Grafenburg, dem ist Hildegard bereits aufgefallen, als wir in die Stadt hinausgegangen sind. Wenn sie nach einem Fluchtversuch zurückgebracht worden ist, dabei die leuchtenden Gewänder eines Freudenmädchens getragen hat, da muss er sich doch erinnert haben, dass es der dunkelhäutige Spielmann war, der sie vorher nach draußen gebracht hat. Hildegard selbst hat gesagt, dass Peyres nicht mehr in die Burg zurück kann. «
    Verzweifelt auf Widerspruch hoffend blickte sie zu Olivette. Als stattdessen nur Schweigen und ein trauriger Blick kamen, presste sie die Hand vor den Mund, um ihren Schrei diesmal selbst zu ersticken.
    » Sie sind tot, nicht wahr? « , stieß sie schluchzend hervor. » Peyres hatte nicht die geringste Möglichkeit, Hildegard zu retten. Indem er in die Stadt zurückkehrte, fällte er sein eigenes Todesurteil. «
    Unter Olivettes entsetztem Blick ging sie in die Knie und rollte sich auf dem Waldboden zusammen. Sie wusste nicht, wie sie die vor ihr liegenden Tage, Stunden, ja vielleicht gar Jahre würde ertragen können.
    » Dòna, keine von uns beiden weiß, was inzwischen geschehen ist « , hörte sie Olivette sagen und wurde sanft an den Schultern hochgezogen. » Es hat keinen Sinn, vom Schlimmsten auszugehen. Wir müssen warten, bis wir Neuigkeiten haben. Und jetzt kommt bitte mit mir ins Dorf, solange ich den Weg noch sehen kann. «
    Adelind rieb sich die Augen. Tatsächlich war es inzwischen um einiges dunkler geworden, die Bäume begannen sich in hohe finstere Gestalten mit zahllosen Armen zu verwandeln, an denen sie aus den Augenwinkeln unheimliche Bewegungen zu erblicken vermeinte. Hinter ihr erklang ein Grunzen, und sie fuhr erschrocken zusammen.
    » Bitte, wir müssen ins Dorf « , beharrte Olivette. » Nachts kann es hier draußen gefährlich werden. «
    Adelind lauschte für einen Moment. Das Grunzen war verstummt, doch knackten Zweige in der Nähe. Es mochte nur ein Reh oder ein Fuchs sein, beruhigte sie sich. Während ihrer langen Reise von Köln nach Monpeslier hatten sie manchmal im Freien übernachtet und waren dabei niemals von wilden Tieren angegriffen worden, die sicher in den Wagen hätten eindringen können.

Weitere Kostenlose Bücher