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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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können wir nichts für sie tun. «
    Adelind blieb wie betäubt liegen, lauschte, wartete und hoffte wider besseres Wissen, dass Esclarmondes Tochter aus dem Dickicht des Waldes laufen würde. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, dann kroch Peyres hinaus, um nach Olivette zu rufen. Nochmals spitzte Adelind die Ohren. Die Welt bestand plötzlich aus Tausenden von Geräuschen, Rascheln, Knacken, heiserem Vogelgeschrei und einem Fauchen, das sie nicht zuordnen konnte. Pferde oder Hunde waren zum Glück nicht mehr zu vernehmen, ebenso wenig aber menschliche Schritte.
    » Wir müssen weiter « , sagte Peyres und zog Adelind aus dem Gebüsch. Sie warf ihm einen zornigen Blick zu, während sie Grashalme von ihrem Kittel fegte.
    » Zuerst suchen wir Olivette! «
    Er seufzte.
    » Wir können in dieser Gegend nicht länger herumlaufen, versteh das doch! Und wenn Olivette ihnen entkommen ist, dann wird sie es auch nicht tun, denn sie hat durchaus Verstand im Kopf, wie mir aufgefallen ist. Sie wird sich allein auf den Weg nach Foix machen. Die meisten Leute hier sind ihrer Familie wohlgesonnen. Sie wird bald Unterstützung bekommen, und mit etwas Glück begegnen wir ihr unterwegs in irgendeinem Dorf. «
    Adelind warf einen verzweifelten Blick in die Richtung, wo der Wald die Reiter und Hunde verschluckt hatte. Nochmals schrie sie Olivettes Namen. Ein Vogelschwarm flatterte aus den Bäumen hoch. Hundegebell erklang.
    » Jetzt lauf! Wahrscheinlich haben sie dich gehört « , zischte Peyres und rannte los, doch diesmal zerrte er sie nicht mehr mit, als wolle er ihr die Freiheit einer eigenen Entscheidung geben. Adelind tat ein paar Atemzüge, während das Bellen lauter wurde. Bohrten die Hunde gerade messerscharfe Zähne in Olivettes Körper? Sie schauderte in der Sommerhitze, aber dann setzten ihre wunden Füße sich in Bewegung, hasteten Peyres’ hoher Gestalt hinterher, die nun auch im Wald zu verschwinden drohte. Unabhängig von allen Schuldgefühlen, dem Schmerz, der sie von innen zu zerreißen schien, und der Leere, die Hildegards Tod in ihrem Leben hinterlassen hatte, spürte sie mit jedem qualvollen Aufsetzen ihrer Fußsohlen auf dem Erdboden den Wunsch, jetzt nicht sterben zu müssen.
    Sie hasteten eine Weile durch den Wald, wichen Baumstämmen aus und sprangen über Wurzeln. Diesmal stürzte Adelind nicht mehr, denn es herrschte erstaunliche Klarheit in ihrem Kopf, die alle Panik verdrängte. Peyres war eine Weile etwas langsamer geworden, bis sie ihn eingeholt hatte, dann streckte sie selbst ihre Hand nach ihm aus und ließ sich mitziehen. Es bellten keine Hunde mehr, und ihre eigenen rasselnden Atemzüge schienen bald schon das lauteste Geräusch des Waldes. Irgendwann blieb Peyres stehen und hielt sich erschöpft an einem dicken Ast fest. Adelind musste plötzlich an seine Wunde denken, um die sie sich nach der Nachricht von Hildegards Tod nicht mehr gekümmert hatte. Er war vermutlich geschwächter, als er sich anmerken ließ.
    » Ich glaube, die Hunde haben unsere Fährte nicht aufgenommen, sonst wären sie schon längst hier « , sagte Adelind nach einer Weile. Peyres nickte.
    » Wir müssen trotzdem weiter. So einfach werden sie die Suche nicht aufgeben. «
    Adelind widersprach nicht und setzte sich mit zusammengebissenen Zähnen in Bewegung. Nun spürte sie den Schmerz in ihren Füßen bei jedem Schritt, als liefe sie über Messerklingen. Peyres blieb immer wieder stehen, um sich nach ihr umzusehen. Als sie in die Knie sank, hob er sie auf und warf sie wieder über seine Schulter, so wie damals in Köln. Zutiefst erleichtert, keine eigenen Schritte mehr tun zu müssen, schloss Adelind die Augen. Ihre Wange rieb an dem rauen Stoff seines Bauernkittels. Ihr Magen war nur noch ein Ball aus gierigem Schmerz, und sie wäre bereit gewesen, selbst rohes Fleisch zu essen, um ihren Hunger stillen zu können. Dazu kam es nicht, denn Peyres schnitzte einen weiteren Speer, mit dem er tatsächlich in einem kleinen See einen Karpfen fing, den sie über einem Lagerfeuer brieten. Adelind schlang ihren Anteil gierig hinunter, obwohl ihr auffiel, dass sie die größere Hälfte des Fisches erhalten hatte. Erst als ihr Magen aufhörte, sie zu plagen, vermochte sie wieder klare Gedanken zu fassen.
    » Meinst du, Olivette irrt jetzt irgendwo allein herum? « , fragte sie in der verzweifelten Hoffnung, Peyres könne diese Annahme bestätigen. Er wandte nur den Blick ab.
    » Ich weiß es nicht. Wenn sie entkommen ist, dann wird sie auch

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