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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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neben ihrer Schulter lag. Sanft strich sie über den Verband. Die Wunde konnte sich keinesfalls entzündet haben, stellte sie erleichtert fest, sonst würde selbst diese zarte Berührung ihm Schmerzen bereiten. Seine Augenlider flackerten, aber er schien selbst im Schlaf zu wissen, wer ihn in diesem Augenblick anfasste, denn er regte sich nur leicht. Vögel sangen, und es versprach ein wunderschöner Morgen zu werden, solange sie alle Gedanken an die Zukunft aus ihrem Kopf verbannte. Sie rollte sich auf den Rücken, um noch einen Augenblick friedlichen Glücks zu genießen, als das Grauen plötzlich kalt über ihren Rücken zu kriechen begann. Sie vermochte nicht zu sagen, woran es genau lag, aber sie spürte sehr deutlich die Gegenwart eines anderen Lebewesens, meinte leise, fremde Atemzüge zu hören und ein leichtes Knacken von Zweigen. Schließlich erblickte sie einen neuen Schatten aus den Augenwinkeln, wagte es jedoch nicht, den Kopf zu wenden. Solange sie nichts Genaues wusste, konnte sie noch hoffen, dass es nur ein harmloses Waldtier war, denn an eine Flucht war jetzt nicht mehr zu denken.
    Dann räusperte sich jemand im Hintergrund. Peyres schoss in die Höhe, Adelind tat es ebenso und war dankbar, dass sie gestern Nacht vor dem Einschlafen ihren Kittel wieder übergestreift hatte, denn vor ihnen stand ein fremder Mann, in dessen Händen ihre Bündel mit der Gauklerkleidung lagen.
    » Vergebt mir, wenn ich Euch störte, edle Frau. «
    Er verbeugte sich dreimal, wie es dem Ritual des Melhorament entsprach. Adelind fragte sich, woher er denn wissen konnte, dass sie zu den Vollkommenen gehörte, stand aber nur auf und grüßte ihn höflich. Sie war eine Perfacha, auch wenn sie sich gestern Nacht nicht wie eine verhalten hatte.
    » Du störst uns nicht. Was führt dich zu uns? « , sagte sie so gefasst, wie sie in Carcassona einen Besucher der domus empfangen hätte. Er hatte seine Worte an sie gerichtet, nicht an Peyres, sodass es nun wieder ihr zukam, die Führung zu übernehmen.
    » Ich wusste, Ihr versteckt Euch hier. Warum, das werde ich Euch später erklären « , erwiderte der Mann. » Ich fand diese Kleidung, die Ihr zu Eurer Sicherheit getragen habt, und nahm sie mit, damit sie nicht in falsche Hände geraten kann. «
    Adelind begriff, dass der Alte hatte Spuren entfernen wollen. Die Ritter hatten ihre Bündel zum Glück nicht schon vorher entdeckt.
    » Schließlich fand ich auch Euch und will Euch nun den Schutz unseres Dorfes anbieten « , fuhr er fort. » Verzeiht, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Hugues. Wenn Ihr bereit seid, mir zu folgen, so bringe ich Euch in ein sicheres Versteck. «
    Adelind musterte ihn kurz. Er war klein, ergraut und mager, hielt einen Stock in der Hand, auf den er sich stützte. Sein Gesicht strahlte harmlose Freundlichkeit aus, doch entging ihr ein kluger, leicht verschmitzter Ausdruck in den grauen Augen nicht. Sie konnten niemandem mehr vertrauen, hatte Peyres gesagt. Aber selbst wenn dieser Mann ein Verräter war, so hatte er sie bereits gefunden.
    Er verneigte sich nochmals, als hätte er Adelinds Misstrauen gespürt, und sprach diesmal auch die rituellen Worte der Begrüßung.
    » Segne mich und bitte für meine Seele. Führe mich ans rechte Ziel. «
    » Gott segne dich « , erwiderte Adelind sogleich. » In meinen Gebeten bitte ich den Herrn, einen guten Christen aus dir zu machen und dich ans rechte Ziel zu führen. «
    Der alte Mann lächelte strahlend. Adelind wusste nicht, ob es an ihrem Segen lag, aber sie gab Peyres ein Zeichen, ihm zu folgen. Während sie wieder einmal mit zusammengebissenen Zähnen über den Waldboden schritt, manchmal leise aufstöhnte, als spitze Zweige sich in ihre bereits wunden Sohlen bohrten, überlegte sie, ob Hugues nicht hatte begreifen können, was zwischen ihr und dem dunkelhäutigen Mann geschehen war, als er sie Seite an Seite liegen gesehen hatte. Sie spürte die Nähe von Peyres in ihrem Rücken, unterdrückte mühsam den Wunsch, sich nach ihm umzudrehen und ihn zu berühren. Von jetzt an hatte sie wieder eine Perfacha zu sein.
    Bald schon erreichten sie ein kleines Dorf zu Füßen eines Hügels. Hugues schritt zielstrebig auf die Kirche zu, bog dann zu einem Haus unmittelbar daneben ab und klopfte. Adelind sah sich unruhig um. Die meisten Einwohner mussten auf den Feldern sein, doch entdeckte sie ein paar Frauen, die mit Milch gefüllte Eimer schleppten, und kleine, herumtollende Kinder. Obwohl

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