Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)
doch zunächst niemand davon aus, dass wir beide hierbleiben « , versuchte sie der Schwester Vernunft einzureden. » Du hast den richtigen Ort für dich gefunden, aber ich habe es nicht, nicht hier. Ich will Spielfrau sein, mir gefällt dieses Leben. Aber ich werde immer wieder hierherkommen, um dich zu sehen. Peyres besucht Biatris doch auch regelmäßig. «
Sie setzte sich auf das Bett und winkte Hildegard zu, ihr Gesellschaft zu leisten. Immer noch hoffte sie, mit den richtigen Worten alle Schatten der Trauer von dem Gesicht ihrerSchwester zu jagen, aber Hildegard blieb stocksteif stehen.
» Du gehst doch nicht einfach fort, weil du Spielfrau sein willst « , stellte sie fest. » Das allein ist es keinesfalls. Du willst diesen Peyres. Ich habe bemerkt, wie ihr euch den ganzen Abend lang angesehen habt. Es war so peinlich, jeder musste es merken. Ein Segen, dass die Gräfin nicht anwesend war. «
» Die Gräfin wäre weniger streng mit mir gewesen als du. Ich habe ihr damals, als sie mich zu sich rief, bereits alles erklärt, und sie zeigte Verständnis. «
Nun musste Hildegard sich an dem kleinen Tisch abstützen.
» So lange also hast du es schon vor, sprichst aber nicht mit mir « , flüsterte sie. Adelind spürte das Schuldgefühl als Enge in ihrer Kehle, doch gleichzeitig überkam sie Ungeduld. Warum war sie Hildegard bei all ihrem Tun Rechenschaft schuldig?
» Ich wollte den richtigen Augenblick abwarten, um es dir zu sagen « , antwortete sie völlig ehrlich. » Vielleicht habe ich zu lange gezögert, aber jetzt hast du es selbst erkannt. «
Sie straffte die Schultern. Nun war es wirklich an der Zeit, die ganze Wahrheit auszusprechen.
» Peyres und ich werden bald ein Paar sein. Er hat mir heute mitgeteilt, dass er einen Pfarrer aus einem benachbarten Dorf gefunden hat, der uns den Segen erteilen wird, obwohl wir ehrlose Spielleute sind. Du siehst also, ich werde nicht in Sünde leben. «
Sie wusste, dass Peyres sich nur aus Rücksichtnahme auf ihre Gefühle um ein solches Zeremoniell bemüht hatte, das unter seinesgleichen nicht als notwendig galt. Allerdings sah sie keinen Sinn darin, dies Hildegard zu erklären, die weiter nur fassungslos vor sich hinstarrte.
» Die Fleischeslust ist Sünde, auch mit dem Segen eines Priesters der verlogenen katholischen Kirche « , zischte sie. » Und sie ist widerwärtig. Bitte, Adelind, tu es nicht. Wir sind hier glücklich zusammen, die Gräfin schätzt dich, und sie wird uns nach Carcassona schicken. Ich weiß, du magst Städte. «
Nun hatte Hildegard sich an ihre Seite gesetzt. Ihr zartes Gesicht drückte so viel Schmerz aus, dass Adelind mit aller Kraft gegen Schuldgefühle ankämpfen musste.
» Ich habe meine Entscheidung getroffen, so wie du deine. Wenn ich sündige, so ist es mein Wille. «
Hildegards Augen glänzten vor Tränen.
» Aber du weißt ja nicht… du weißt nicht… « , sie vergrub stumm das Gesicht in den Händen. Adelind unternahm einen zaghaften Versuch, ihr den Rücken zu streicheln, wurde aber durch ein Zucken abgewiesen.
» Es gibt etwas, das ich dir erzählen sollte « , murmelte Hildegard in ihre Handflächen. » Über deinen Gaukler. «
Etwas an dem abfälligen Tonfall ließ Adelind frösteln. Sie hoffte, ihre Schwester würde sich nicht zu Beleidigungen über die dunkle Hautfarbe und heidnische Abstammung von Peyres hinreißen lassen, denn dies hätte endgültig einen Keil zwischen sie beide getrieben. Hildegard legte ihre Hände nun in den Schoß, um sie mit großen klaren Augen anzusehen.
» Damals, als ich mit Antonius sprach und ihm erklärte, welchen Weg ich gehen wollte, da kam Peyres dazwischen, wie du weißt. «
» Ja, und er hat dich beschimpft « , unterbrach Adelind, beinahe erleichtert, dass keine schlimmeren Vorwürfe kamen. » Es war nicht richtig, was er tat. Er hat es selbst später eingesehen, wie ich dir bereits erzählt habe. Er hat ein sehr aufbrausendes Wesen. «
Hildegard fixierte sie mit ihrem Blick.
» Es war nicht nur das « , sprach sie nun mit sehr fester Stimme. » Er packte mich und zerrte mich in ein leer stehendes Gebäude, einen Stall wahrscheinlich, denn es stank darin, auch wenn das Vieh auf der Weide war. Das Dorf war ebenfalls fast leer, und Antonius ist weggelaufen. Deshalb bekam es auch niemand mit. «
Ihr Blick senkte sich für einen Lidschlag. Adelind verspürte ein Frösteln in ihrem Nacken, als sei sie dort von einer Geisterhand berührt worden.
» Wovon redest du? « , fragte
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