Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
Vom Netzwerk:
verschlafene Gesicht des Wächters musterte sie wie aufdringliches Ungeziefer, aber sie wurde hereingelassen. Nachdem sie eine Weile mit klappernden Zähnen und rasendem Herzschlag im Burghof gewartet hatte, führte eine Magd sie ins Hauptgebäude.
    Ein paar Öllampen verbreiteten angenehm mildes Licht in dem kleinen Turmzimmer, in das Adelind geschoben wurde. Esclarmonde war noch wach, doch hatte sie bereits den Schleier von ihrem Kopf entfernt und trug nur noch ein weißes Untergewand, das ihre Arme entblößte. Graue Strähnen hatten sich in eine glatte schwarze Haarpracht geschlichen, deren Dichte immer noch beneidenswert war.
    » Nun, was führt dich zu so später Stunde zu mir? « , begrüßte sie Adelind freundlich und wies sie auf einen Schemel. Adelind setzte sich. Ihr Atem ging stoßweise, sodass sie ihre Worte nur abgehackt hervorbringen konnte.
    » Ich nehme Euer großzügiges Angebot an, Dòna. Ich gehe nach Carcassona, wenn Ihr mich noch wollt. Es… wäre eine große Ehre für mich. «
    » Eine Ehre? « , fragte Esclarmonde spöttisch und verschränkte die Arme vor der Brust. » Es klingt für mich eher wie die übereilte Entscheidung eines Mädchens, das glaubt, sein Herz sei für alle Ewigkeit gebrochen. «
    Die Worte brachten Adelind von ihrem eingeschlagenen Weg ab. Ihr Kopf drehte sich, und zu ihrem Entsetzen würgten wieder einmal Tränen in ihrer Kehle. Esclarmonde wandte ihr den Rücken zu, was sie erleichterte. Sie sah, wie die Gräfin zwei bronzene Becher füllte, um ihr einen davon hinzuhalten. Gehorsam nahm sie das Getränk an und schluckte. Ein köstlich herber Geschmack breitete sich auf ihrer Zunge aus, und bald schon zog entspannendes Wohlbehagen durch ihren Körper.
    » In manchen Lebenslagen kann ein Becher Wein sehr hilfreich sein « , sagte Esclarmonde, während sie sich ihr gegenüber niederließ. Adelind nickte. Bald schon hatte sie ihren Pokal geleert, und als ihr nachgeschenkt wurde, nippte sie erfreut von Neuem an dem Getränk. Langsam begannen sich alle Knoten und Verkrampfungen in ihrem Körper zu lösen. Sie vermochte ruhiger zu atmen.
    » Die Liebe Gottes ist ein Fels, an den wir Frauen uns klammern können « , erzählte die Gräfin. » Die Liebe eines Mannes ist es leider nur selten. Es tut mir sehr leid, dass deine Hoffnungen zerstört wurden. Aber unsere Kirche hat mehr verdient als eine Frau, die sich ihr aus Bitterkeit zuwendet. «
    Adelind senkte beschämt den Kopf.
    » Ich werde mein Bestes geben, Dòna. Das schwöre ich. «
    » Aber Adelind, wir, die dem wahren Glauben anhängen, leisten keinen Eid, denn jedes Wort, das wir sagen, sollte ehrlich sein. «
    Adelind presste ihre Hände auf die Wangen. Warum war all dies so schwierig?
    » Also schwöre ich nicht, sondern sage es nur. Ich meine es ehrlich. «
    Sie spürte, wie Esclarmondes Hand sanft über ihre Schulter strich.
    » Wenn du einen Mann willst, der für dich sorgt und mit dem du Kinder haben kannst, so werde ich ihn für dich finden « , versprach die Gräfin. » Einen gottesfürchtigen, anständigen Kaufmann vielleicht, der genügend Vermögen besitzt, damit du niemals Not leiden und auch nicht hart arbeiten musst. Für viele Frauen ist dies das größte vorstellbare Glück. «
    Adelind erinnerte sich an das warme, erfüllende Eindringen von Peyres in ihren Körper, an alles Sehnen und Suchen, das sie zu ihm getrieben hatte. Jede andere Vereinigung mit einem Mann wäre wie die schlechte Darbietung eines Liedes, das einst ein Meister für sie gesungen hatte.
    » Ich will keine Ehe « , beharrte sie. » Ich will nach Carcassona, um an der Seite meiner Schwester ein frommes, gottesfürchtiges Leben zu führen. «
    Ganz plötzlich wurde Esclarmondes Gesicht von einem Lächeln erhellt. Sie streckte ihre Beine leicht von sich, was sie weniger vornehm und gleichzeitig viel menschlicher wirken ließ.
    » Vielleicht ruft Gott der Herr dich auf diese Weise « , meinte sie. » Manche Wege sind verworren, aber sie führen durch finsteres Dickicht zum Licht. «
    Die Gräfin verstummte für eine Weile, als müsse sie über ihre eigenen Worte nachdenken. Dann nahm sie ebenfalls einen tiefen Schluck aus dem Weinbecher, bevor sie ihre Rede fortsetzte.
    » Wir haben eine schwere, aber große Aufgabe vor uns. Die katholische Kirche ist von Grund auf verderbt, sie war es von dem Augenblick an, da Christen aufhörten, verfolgt zu sein, und sich anmaßten, selbst als Herrscher aufzutreten. Wir wollen den Weg zurück

Weitere Kostenlose Bücher