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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Blick. Das wirkte. Wie
fast immer. Wigbert konnte sich ein Grinsen gerade noch verkneifen.
    Derart in die Enge getrieben, tat Skrofulus genau das,
worauf der Zwerg hoffte: Er plauderte alles aus. Hauptsache, das
kompromittierende Gespräch war möglichst schnell vorbei. »Die Sache ist die: Lazarus
ist so etwas wie unser Patron«, wisperte er hinter vorgehaltener Hand. »Der
Mann, über den hier alles läuft.«
    »Kapiert. Und weiter?«
    »Weiß der Teufel, wie sich die beiden gefunden haben –
aber soweit ich weiß, geht er mit dem Abdecker durch dick und dünn.«
    »Und wer soll das sein?« Wigberts Schauspielkünste
erreichten ungeahnte Höhen, aber sein Zechkumpan war so sehr mit sich selbst
beschäftigt, dass er es nicht bemerkte.
    »Ein Weinhändler aus der Stadt. Einer wie wir,
jedenfalls so lange, bis er es geschafft hat, der Tochter vom alten Büttner ein
Kind hinzudrehen. Wie dem auch sei – Lazarus steckt mit diesem Büttner unter
einer Decke. Eine Hand wäscht sozusagen die andere. Was nichts anderes heißt,
als dass unser allseits gefürchteter Patron die Müllkarren dazu benutzt, um
Ware in die Stadt zu schmuggeln. Zollfrei, versteht sich. Aus einer Faktorei
drüben in Heidingsfeld. Die selbstverständlich diesem Büttner gehört. Wofür
Lazarus natürlich ein saftiges Entgelt kassiert. Hin und wieder fällt dann auch
für einen wie uns etwas ab.«
    »Ich verstehe. Und um welche Art von Ware handelt es
sich?«
    »Um alles Mögliche. Meistens aber um gefälschte
Reliquien.«
    »Fälschungen? Was will denn dieser Büttner damit?«
    »Hast du eine Ahnung! Damit kann man jede Menge Gulden
scheffeln. Gerade jetzt, kurz vor Kiliani. Vor allem die Pilger vom Land lassen
sich heutzutage doch jeden Mist andrehen! Vorausgesetzt, man stellt es nicht
allzu ungeschickt an. Und was diesen Punkt betrifft, scheint der Abdecker ein
wahrer Meister seines Fachs zu sein. Einen dicken Happen für die Pfaffen, die
selbstverständlich mitverdienen, einen für Lazarus, ein paar Brotkrumen für uns
– und schon flutscht das Geschäft! Gewusst wie, kann ich da nur sagen!«
    »Mit anderen Worten: Um es euch mit den Stadtknechten
und vor allem diesem Büttner nicht zu verderben, habt ihr die Leiche bei Nacht
und Nebel zurück in die Stadt gekarrt und sie mit einem Riesenhaufen Abfall vor
das nächstbeste Haus gekippt.«
    »Wo man den guten Agilulf denn auch prompt gefunden
hat – genau!«, fügte Skrofulus selbstzufrieden hinzu. »Gott sei Dank hatten wir
keine Spuren hinterlassen!«
    Wigbert rieb sich die Hände. »Sieht so aus, als hättet
ihr noch einmal Glück gehabt!«, setzte er seiner Scheinheiligkeit die Krone
auf, jedoch nicht ohne bitteren Beigeschmack.
    »Wie man’s nimmt! Damit wirklich nichts anbrennt,
wollten wir uns dann noch seine Frau vorknöpfen. Weiber – man weiß ja nie!
Hätte ja schließlich einiges ausplaudern können, die blöde Kuh! Dummerweise hat
es dabei Ärger gegeben, und nicht zu knapp!«
    »Mit wem denn?«
    »Mit einem Mönch. Zisterzienser, soviel ich weiß.
Riesenbrocken. Später kam dann noch ein wahrer Berserker dazu. Kriegsknecht
oder so ähnlich. Und ein anderer Mönch. Ebenfalls Zisterzienser. Steckten
wahrscheinlich alle drei unter einer Decke. Weiß der Teufel, was sie mit diesem
Agilulf zu …«
    »Warum so ernst, die Herren? Stimmt etwas nicht?!«
    Wie von einer Viper gebissen wirbelte Skrofulus herum.
»Ach, du bist es, Lazarus!«, rief er aus, bemüht, sich nichts anmerken zu
lassen. »Hast du uns vielleicht erschreckt!«
    Lazarus, genannt der Poet, sprach kein Wort, sondern
blieb wie versteinert stehen. Seine Augen, zwischen den zusammengepressten
Lidern und dem Sehschlitz seiner Maske kaum zu erkennen, sahen wie die einer
Giftschlange aus. Wigbert schluckte und zwirbelte aus purer Verlegenheit an
seinen Barthaaren herum. »Gott zum Gruße!«, stieß er überflüssigerweise hervor,
während sein Blick ziellos hin und her irrte.
    »Die Zeit vergeht, und der Mensch gewahrt es nicht!«,
war alles, was der Poet antwortete, bevor er sich umdrehte, eine Gasse bahnte
und nach draußen humpelte.
    Wigbert sah ihm lange hinterher, auch dann noch, als
Lazarus längst verschwunden war.
     
    *
     
    Gasse in der
Nähe des Hexenturmes,
    eine Stunde nach
Sonnenuntergang
     
    Eckehard Büttner, genannt »der Abdecker«, war in
Gedanken. Und das seit geraumer Zeit. Sonst hätte er gemerkt, dass ihm jemand
auf den Fersen war. Er, der die Gefahr förmlich riechen konnte. Keine große
Kunst, wenn

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