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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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man wie er direkt aus der Gosse kam.
    Das mit dem siebten Sinn, das heißt, Ärger schon im
Voraus zu erahnen, funktionierte am heutigen Abend jedoch nicht. Was beileibe
kein Wunder war. Das Wasser stand ihm nämlich bis zum Hals. So hoch, dass zum
Ertrinken nicht mehr viel fehlte. Der Abdecker fluchte leise vor sich hin.
Pferdekot. Und das an seinen nagelneuen Stiefeln. Am heutigen Abend blieb ihm
auch wirklich nichts erspart.
    Zuerst diese leidige Diskussion im Rat. Wegen der
Weinsteuer, die ihnen der Bischof aufgebrummt hatte. Und dann diese Gerüchte.
Die Kilianreliquien – gestohlen! Einmal angenommen, es war so: die Katastrophe
schlechthin. Nicht auszudenken, wenn sie nicht wiederauftauchen würden.
Zugegeben, die Schädel dieser drei irischen Schweinepriester waren ihm von
Herzen egal. Er glaubte an keinen Gott, höchstens an den des Geldes.
Andererseits war eine Stadt wie diese ohne namhafte Reliquien nur noch die
Hälfte wert. Wenn überhaupt. Keine Reliquien, keine Wallfahrer. Keine Pilger,
kein Geschäft. Kein Geschäft, leere Kassen. So einfach war das.
    Doch das Schlimmste sollte noch kommen. Agilulf –
ermordet! Und seine Frau gleich dazu. Gumpert – nur noch ein Häuflein Asche. So
zumindest ein Gerücht. Und zu allem Überfluss von Ansgar keine Spur. Gleich
drei von seinen Leuten, die in eine Sache hineingeraten waren, von der er, ihr
Patronus, nichts wusste. Er, Eckehard Büttner, so ahnungslos wie eine Jungfer
vor der Hochzeitsnacht.
    Nichts als Probleme, egal, wo man hinschaute. Einfach
zum Haare Raufen. Nichts wie ab ins Hurenhaus, hatte er gedacht. Zu einem
Schäferstündchen mit Melisande. So was entspannt, wirkt bekanntlich Wunder.
Pech gehabt. Seine Lieblingshure war nicht da. Beziehungsweise ließ sich
verleugnen. Was allemal wahrscheinlicher war.
    Verdruss, Ärger und Ungemach. An sämtlichen Ecken und
Enden.
    Wahrlich ein Grund, um ins Grübeln zu kommen.
    Plötzlich ein Geräusch. Schwer zu identifizieren. Nur
wenige Schritte hinter ihm.
    Mitten aus seinen Grübeleien gerissen, wirbelte der
Abdecker herum. Fast gleichzeitig fuhr seine Hand zum Dolch, ein wahres Kleinod
mit einem Griff aus Perlmutt, das in einer reich verzierten Scheide steckte.
Vom Feinsten, genau wie das geschlitzte Wams, sein leinenes Hemd und die
Bruche, die in einem Paar sündhaft teurer Lederstiefel steckte. Hast du was,
zeig es auch! Sozusagen sein Lebensmotto. Und überhaupt: Wer würde es wagen,
ihm, Eckehard Büttner, dem Herrn der Unterwelt, auf offener Straße die Stirn zu
bieten? Nur ein Verrückter würde so etwas tun.
    Schade nur, dass da niemand war. Eine kleine
Messerstecherei wäre ihm im gegenwärtigen Gemütszustand nicht ungelegen
gekommen. Egal, mit wem. So, wie in der guten alten Zeit, als er zusammen mit
Lazarus die Stadt unsicher gemacht hatte. Bevor er sich die Lepra holte.
    Fast ein wenig enttäuscht, ließ der
Abdecker den Dolch durch die Luft wirbeln, sah sich blitzschnell um und fing
ihn wieder auf. Eine nutzlose Drohgebärde, denn die Gasse lag in tiefem Dunkel.
Nur hie und da drang Licht durch Türritzen und Fensterläden. Wenige Schritte
entfernt waren das Gekeife einer Frau und das Geräusch von zu Bruch gehendem
Geschirr zu hören. Der Abdecker lächelte zufrieden. Gertrudis, seine
Haushälterin, und ihre ewigen Streitereien mit dem Gesinde! Also alles in
Butter. Kein Grund zur Aufregung.
    Eckehard Büttner stieß den Dolch in die Scheide, wandte
sich um und hatte den imaginären Angreifer im gleichen Moment vergessen. Es war
eben ein harter Tag gewesen. Da konnte man schon mal Gespenster sehen.
    Dachte er zumindest.
    Keine zehn Schritte von seiner Haustür entfernt, bar
jener Vorsicht, die ihm zur zweiten Haut geworden war, wurde der Abdecker eines
Besseren belehrt. Das Unheil kam aus heiterem Himmel, ohne dass er zunächst
reagieren konnte. Ein, zwei Schritte, erregtes Keuchen, und schon war es
passiert.
    Als sein Doppelkinn nach oben gepresst, sein rechter
Arm auf den Rücken gedreht und mit einem einzigen Ruck gebrochen wurde, jaulte
der Abdecker auf. Der Schmerz machte ihn rasend, ging durch Mark und Bein,
schoss bis ins Gehirn. Büttner war wie gelähmt. Ein ersticktes Röcheln, und er
ging in die Knie.
    Doch dies, sagte ihm sein Instinkt, war erst der
Anfang. Wer immer sein Peiniger war, er hatte es nicht auf seine Geldkatze
abgesehen. Der spitze Gegenstand in seinem Rücken sprach eine deutliche
Sprache.
    Und sein Peiniger auch, denn er kam umgehend zur
Sache: »Wo habt ihr die

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