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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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geringste
Ahnung, was der Drecksack im Schilde führt?«
    Hildegard nickte, zum Glück ohne rot zu werden.
    »Soso!«, murmelte der Kerkermeister, griff nach dem
Weinkrug und füllte seinen Becher bis zum Rand. »In diesem Falle wird es dich
bestimmt überraschen, was dein Alter verbrochen hat!«
    »Und was?«, fragte Hildegard, bemüht, nicht allzu naiv
zu wirken.
    »Ganz schön keck, muss ich schon sagen. Hätte ich ihm
ehrlich gesagt nicht zugetraut.«
    »Wirklich?«
    Der Kerkermeister kniff die Augen zu schmalen
Schlitzen zusammen und sah Hildegard lauernd an. »Ich weiß nicht –«, antwortete
er zögerlich, »aber irgendwie hab ich das Gefühl, dass du nicht mit offenen
Karten spielst.«
    »Wo denkt Ihr hin! Bin auf den verlausten Bogenpisser
mindestens so schlecht zu sprechen wie Ihr!«
    »Wirklich?«
    »Aber ganz bestimmt! Was glaubt Ihr, Herr, wie oft der
Scheißkerl versucht hat, mich zum Narren …«
    »Schon gut, schon gut!«, erstickte der Burghauptmann
Hildegards Redeschwall im Keim, trat ans Fenster und sah in den Burghof hinaus.
Die Sonne stand im Zenit, und außer den Wachsoldaten am Tor und zwei Mägden im
Sonntagsornat war niemand zu sehen. »In seiner Haut möchte ich wirklich nicht
stecken!«, nahm der Burghauptmann geraume Zeit später den Gesprächsfaden wieder
auf.
    »Wieso?«
    Der Burghauptmann drehte sich langsam um, schnäuzte
sich in den Ärmel und gab ein lautstarkes Grunzen von sich. Dann zog er die
Nase hoch und sprach: »Weil, sollten wir seiner habhaft werden, wir ihm die
Haut bei lebendigem Leibe abziehen. Darauf gebe ich dir mein Wort!«
    Hildegard tat ihr Bestes, die Ahnungslose zu spielen,
wurde jedoch das Gefühl nicht los, die Rolle sei ihr keineswegs auf den Leib
geschnitten: »Was hat er denn angestellt, dass Ihr Euch so erhitzt?«
    Das Grinsen des Burghauptmannes
verriet, wie wenig er nach wie vor von der Unschuld Hildegards überzeugt war.
»›Angestellt‹ ist gut!«, höhnte er und brach in schallendes Gelächter aus.
»Wenn das einmal nicht der Bischof hört!«
    »Wieso?« Dummerweise fiel Hildegard keine
intelligentere Frage ein, obwohl sie sonst keineswegs auf den Mund gefallen
war. »Doch nicht schon wieder eine seiner Betrügereien?«
    Keine zwei Ellen mehr von der Frau des
Reliquienhändlers entfernt, stemmte der Burghauptmann die Hände in die Hüften
und holte mit derartiger Wucht aus, dass Hildegard Hören und Sehen verging. Sie
konnte nicht mehr, und die Tränen rollten ihr nur so übers Gesicht.
    »Soso!«, goss der Burghauptmann seine Häme über ihr
aus. »Willst also wissen, was der alte Tagedieb angestellt hat! Kein Grund,
dich noch länger auf die Folter zu spannen! Grabfrevel hat er begangen,
schlimmer, als es sich ein braver Christenmensch vorstellen kann! Das Reliquiar
der drei Heiligen aufzuknacken – man stelle sich das nur vor! Und du verkommene
alte Vettel behauptest, du wüsstest von nichts!«
    »Ob Ihr’s glaubt oder nicht, ich hab nicht die
geringste …«
    Der Wutanfall des Burghautmannes verebbte noch
schneller, als er gekommen war, kein gutes Zeichen, wie Hildegard alsbald
feststellen musste: »… Ahnung, wolltest du sagen?«, ergänzte er mit beißender
Ironie. »Das werden wir ja sehen!«
    »Soll das heißen, Ihr lasst mich nicht wieder gehen?«
    Das abermalige, ungleich hinterhältigere Grinsen des
Burghauptmanns verhieß nichts Gutes. »Wo denkst du hin?«, fügte er kalt
lächelnd hinzu. »Bevor du nicht ausgepackt hast, kommst du hier nicht wieder
raus.« Und dann, mit nicht zu überbietender Häme: »Wenn überhaupt!«
     
    *
     
    Bischöfliche
Gemächer,
    Beginn der
neunten Stunde (14.40 Uhr)
     
    Er konnte es einfach nicht glauben. Und wollte es auch
nicht. Vielleicht, weil er hoffte, alles sei nur ein Scherz.
    Johann von Brunn, Bischof von Würzburg und Herzog von
Franken, stand in einer Fensternische seiner Gemächer und sah mit versteinertem
Blick auf die Stadt hinab. Keine einzige Wolke trübte seinen Blick, und der
Main, auf dem es von Frachtkähnen, Transportschiffen und Ruderbooten wimmelte,
glitzerte im Sonnenlicht. Die Türme des Domes ragten in den azurblauen Himmel,
und aus den Blumenbeeten im Burggarten stieg der Duft von Oleander,
Hibiskusblüten und Rosmarin empor. Es war der vierte Tag vor Kiliani, ein Tag,
wie er schöner nicht hätte sein können.
    Leider war dem nicht so, aber davon wussten die Bürger
der Stadt noch nichts. Wäre dies der Fall gewesen, hätte Johann von Brunn,
Bischof und Stadtherr in einer

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