Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)
Je
früher der Fall gelöst ist, umso besser!«
»Ihr sagt es.« Die fleischigen Finger von Johann von
Brunns rechter Hand trommelten nervös auf seinem Schreibtisch herum. Der
Siegelring mit dem Bildnis des heiligen Kilian, viel zu eng für die klobige
Hand, sah wie ein ins Straucheln geratener Seiltänzer aus. »Wenngleich ich mich
frage, wie.«
Bruder Hilpert ließ sich durch den Mitleid heischenden
Ton des Bischofs nicht blenden, setzte ein entwaffnendes Lächeln auf und
sprach: »Wie mir mein Freund berichtete, sind bischöfliche Gnaden – bei allem
gebührenden Respekt – nicht ganz unschuldig an der prekären Situation.«
Im Gesicht Johanns von Brunn zuckte es, und es wurde
dunkelrot vor Zorn. »Ich weiß, ich weiß!«, fauchte er und sprang unvermittelt
auf. »Woran sich jetzt freilich nichts mehr ändern lässt!«
»In diesem Punkt haben Bischöfliche Gnaden ohne jeden
Zweifel recht.«
»Berengar – bitte.« Bruder Hilpert, der es nicht für
ratsam hielt, den Bischof weiter in die Enge zu treiben, gab dies dem Freund
durch ein leichtes Kopfschütteln zu verstehen und sprach: »Wenn Bischöfliche
Gnaden jetzt die Güte besäßen, uns den Brief zu zeigen.«
Johann von Brunn öffnete eine Schatulle, die rechts
neben ihm auf dem Schreibtisch stand, entnahm ihr einen vollgekritzelten Fetzen
Pergament und reichte ihn mit versteinerter Miene an Hilpert weiter. »Setzt
Euch!«, fügte er missmutig hinzu.
Bruder Hilpert und Berengar, mit den Launen der
Mächtigen dieser Welt bestens vertraut, wechselten einen vielsagenden Blick und
nahmen auf den Schragenstühlen gegenüber dem Bischof Platz. »Eintausend Gulden
– eine Menge Geld!«, war der Vogt der Erste, der nach der Lektüre des von
ungelenker Hand verfassten Briefes das Schweigen brach.
»Geld, das ich zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich
aufbringen kann!«, warf der Bischof postwendend ein.
Immer noch mit der Lektüre des Briefes beschäftigt,
der alles in allem nur etwa ein halbes Dutzend Zeilen umfasste, kam Hilpert die
Bemerkung des Bischofs wie blanker Hohn vor. »Wenn Bischöfliche Gnaden mir die
Bemerkung erlauben: Die Schädel der drei Frankenapostel sind dieses Opfer doch
wohl allemal wert, meint Ihr nicht auch?!«, sprach er in ruhigem,
nichtsdestoweniger ultimativem Ton, während er den Drohbrief des unbekannten
Erpressers zum wiederholten Male überflog. »Wobei ich mir lieber nicht
vorstellen will, was geschähe, wenn Euer Gnaden nicht wieder in den Besitz der
Reliquien gelangten. Und das möglichst rasch.«
»Wie die Dinge liegen, wird es uns nicht schwerfallen,
diesem Agilulf auf die Spur zu kommen!«, erwiderte Johann von Brunn in barschem
Ton, nahm Bruder Hilpert den Brief aus der Hand und legte ihn wieder in die
Schatulle. »Alles, was wir tun müssen, ist doch wohl nur, seine Frau einer
peinlichen Befragung zu unterziehen. Alles andere ergibt sich dann doch wohl
von selbst.«
Bruder Hilpert, von Berengar zuvor über sämtliche
Details informiert, bemerkte, wie ein Ruck durch dessen Körper ging, legte ihm
begütigend die Hand auf den Arm und sprach: »Wenn Bischöfliche Gnaden nichts
dagegen einzuwenden haben, würde ich mit dieser – wie heißt sie doch gleich?«
»Hildegard.«
»Danke, Berengar. Wenn Euer Gnaden also nichts dagegen
einzuwenden haben, würde ich mit der Frau dieses Reliquienhändlers und
sämtlichen direkt und indirekt Beteiligten gerne ein paar Worte reden.«
»Wieso sollte ich?«, brummte der Bischof missmutig vor
sich hin. »Wenn mich nicht alles täuscht, seid Ihr ja deswegen hier, mein
Sohn.«
»Bischöfliche Gnaden sind zu gütig«, erwiderte Hilpert
in scheinheiligem Ton. »Wann wurde der Raub überhaupt entdeckt?«
»Kurz vor der Prim.«
»So spät? Und von wem?«
»Von einem der Chorherren.«
»Für dessen Unbescholtenheit Ihr Euch verbürgen könnt,
nehme ich an?«
»Selbstverständlich!«, rief der Bischof indigniert
aus. »Oder wollt Ihr etwa andeuten, dass der Spross einer der vornehmsten
Familien meines Bistums …«
»Und wer weiß sonst noch alles über die Plünderung der
Reliquiare der drei Heiligen Bescheid?«
»Eustachius von Marmelstein, meine rechte Hand.«
Johann von Brunn machte ein ratloses Gesicht. »Natürlich habe ich die Kirche
umgehend schließen lassen. Damit niemand etwas davon erfährt.«
»Ein frommer Wunsch.«
Mit einer Vehemenz, die ihm im gegenwärtigen Zustand
niemand zugetraut hätte, fuhr Johann von Brunn Berengar an: »Wenn ich Eure
Bemerkung richtig deute,
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