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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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beliebt.«
    Eustachius von Marmelstein, kein Held, wenn es um das
Austragen von Streitigkeiten ging, schoss die Zornesröte ins Gesicht, und ohne
sich dessen bewusst zu sein, tastete er mit der Linken nach dem Becher mit
seinem Elixier.
    »Also?!« Der Mann im schwarzen Umhang, dessen Konturen
sich immer deutlicher vor ihm abzeichneten, machte aus seiner Ungeduld keinen
Hehl. »Wollt Ihr mir nun Rede und Antwort stehen oder nicht?«
    »Ich wüsste nicht, weshalb.« Obwohl es in ihm brodelte
wie noch nie, setzte der Domherr eine gelangweilte Miene auf.
    »Dann tut es mir wirklich leid. Für Euch .«
    »Und wieso?«
    »Weil ich mich in diesem Falle gezwungen sähe, Euer
süßes Geheimnis … sagen wir es einmal so: Es würde mir schwerfallen, den mir
angeborenen Hang zur Diskretion zu missachten«, lautete die Antwort des Mannes,
während er einen Blick auf den Wandbehang mit Bacchus und einem sich lasziv
räkelnden Knaben warf.
    Eustachius von Marmelstein schluckte. Der Wink mit dem
Zaunpfahl hatte genügt. »Und worum dreht es sich?«, quiekte er, während er den Becher
mit dem Elixier an die wulstigen Lippen hob.
    »Nichts Weltbewegendes. Wo doch fast jeder im
Domkapitel schon davon weiß.«
    »Und wovon?«
    »Dass Ihr der Mann seid, der für Johann von Brunn die
Kohlen aus dem Feuer holt. Insbesondere dann, wenn es um den Reliquienhandel
geht.«
    Der Becher in der Hand des Domherrn begann merklich zu
vibrieren, was seinem Widersacher nicht verborgen blieb. »Was wollt Ihr damit
sagen?«, keuchte von Marmelstein und stellte den Becher wieder auf dem
Beistelltisch ab.
    »Dass Ihr sein Geldeintreiber seid. Nicht mehr, aber
auch nicht weniger.«
    »Selbst wenn – was hat das Ganze mit Euch zu tun?«
    »Jede Menge.«
    »Und wieso?«
    »Weil ich gekommen bin, um Euch zu ersuchen, mir
Einblick in sämtliche diesbezüglichen Unterlagen zu gewähren.«
    »Ausgeschlossen.«
    »Und warum, wenn man fragen darf?«
    »Weil es sie nicht gibt. Darum.«
    Der Mann im dunklen Umhang lachte kurz auf. »Mir
scheint, Ihr habt nicht richtig verstanden, was für Euch bei dieser
Angelegenheit auf dem Spiel steht!«, feixte er. »Oder wäre es Euch etwa lieber,
wenn ich Eure Amtsbrüder im Domkapitel darüber in Kenntnis setzte, welch
erbarmungswürdige Kreatur aus ihren hochwohlgeborenen Reihen nächtens ihr
Unwesen …«
    »Genug davon!«, stieß von Marmelstein unwirsch hervor.
»Was wollt Ihr wissen?«
    »Alles. Am besten, Ihr händigt mir sämtliche den
Reliquienhandel betreffende Unterlagen aus. Ohne Wenn und Aber. Und vor allem
gleich.«
    Jetzt gleich?, wollte von Marmelstein sagen, aber die
würgende Angst in seinem Inneren schnürte ihm regelrecht die Kehle zu. »Ganz
wie Ihr wollt!«, stieß er kleinlaut hervor, einmal mehr im Unfrieden mit sich
selbst.
    »Nur zu.«
    Der Domherr wollte sich erheben, aber seine Kräfte
ließen ihn im Stich.
    »Inkommodiert Euch nicht! Ich finde mich schon allein
durch!«, höhnte sein Kontrahent. »Ihr müsst mir nur sagen, wo Ihr Eure
Geheimakten aufzubewahren pflegt. Der Rest erledigt sich fast von selbst.
Vorausgesetzt, Ihr händigt mir den Schlüssel aus, den Ihr an Eurer Halskette
tragt.«
    »Wie in aller Heiligen Namen …«
    »Eine äußerst pietätlos formulierte Frage – findet Ihr
nicht auch?«
    »Fahrt zur Hölle, Erpresser!«
    »Nach Euch, mein lieber von Marmelstein, nach Euch!«
Eustachius von Marmelstein, fett wie ein Mastschwein, aber schwach wie die
Sünde, konnte nicht mehr. Er tat, wie ihm geheißen. Und kam sich einmal mehr
wie ein durchgeprügelter Straßenköter vor.
    »Nur zu – je eher, desto besser!«
    Das Gesicht unter der tief hängenden Kapuze verborgen,
rührte sich der nächtliche Besucher nicht vom Fleck. Erst als sich die
geöffnete Handfläche des Domherrn langsam in seine Richtung zu bewegen begann,
ging ein Ruck durch die hoch aufragende, wie in Erz gegossene Gestalt.
    Und dann griff der Mann zu.
    Als seine Hand die aufgeschwemmte Pranke des Domherrn
berührte, senkte dieser den Blick. Und zuckte wie von allen nur erdenklichen
Dämonen gepeinigt zusammen.
    Was sich ihm da im Halbdunkel entgegenreckte, war
keine Hand. Konnte es einfach nicht sein. Dies war eine Klaue. Eine Klaue mit
einem Ring aus purem Gold. Die Klaue eines Raubtiers, für die es kein Halten
gab.
    Kälter als Eis, bleicher als der Tod, todbringender
als jedes Stilett.
    »Seid bedankt!«, hörte von Marmelstein den Mann vom
Kontor aus noch rufen. Aber da hatte die markante Stimme, die durch die

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