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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Wigbert der Zwerg war zwar jedermann
bekannt, aber Angst vor ihm hatten höchstens eine Handvoll ungezogener Kinder,
denen ihre Mütter damit drohten, er käme, sie zu holen.
    Von Angst also keine Spur. Dagegen von Feindseligkeit
umso mehr.
    Wigbert spuckte verächtlich aus. Wie sie ihn doch alle
anekelten mit ihrer Heuchelei. Niemand wollte etwas mit ihm zu tun haben. Und
in die Stadt durfte er auch nicht. Und das alles nur, weil er die Drecksarbeit
machte. Wenn die wüssten!, dachte er. Von den paar Habseligkeiten der zum Tode
Verurteilten kann sowieso kein Mensch leben!
    Gut also, dass es seinen Bruder Agilulf gab.
Halbbruder, um korrekt zu sein. Der sorgte nämlich für ihn. Kam jeden zweiten
Tag hier rauf. Brachte ihm zu essen, hin und wieder sogar einen Krug Wein.
    Dennoch – da war etwas faul. Aus seinem Bruder war er
zwar nie richtig schlau geworden, aber die letzten zwei Tage stellten alles in
den Schatten. Zugegeben, er war ein Halunke. Der größte vielleicht, den es in
Würzburg gab. Aber auf was sich Agilulf da eingelassen hatte, sah nicht nach
einer seiner zahllosen Gaunereien aus. Er war wie ausgewechselt gewesen. Vor
allem furchtbar nervös. Und er hatte Regungen gezeigt, die man an ihm nicht
kannte. Vor allen anderen eine: Angst. Geradezu panische Angst. Eine Art Angst,
die langsam, aber sicher auf ihn überzuspringen drohte.
    Wo zum Teufel steckte er bloß, warum kam er heute
nicht?
    Wigbert fuhr mit den Händen durch sein verfilztes
graues Haar und starrte in das Feuer, vor dem er saß. Eigentlich war es ein
schöner Abend, wärmer als sonst. Und wolkenlos. Mit einem Firmament voller
Sterne. Ein Abend so recht zum Genießen. Wo er doch sonst wenig zum Lachen
gehabt hatte in seinem Leben.
    Alles hätte so schön sein können. Wenn nur die Sache
mit Agilulf nicht gewesen wäre. Und mit der Ware, die er ihm besorgt hatte. Er
hatte sämtliche Eide schwören müssen, niemandem etwas zu verraten.
    Aber daran wollte er jetzt lieber nicht denken. Er
wollte sich amüsieren. Feiern.
    Ein Tänzchen wagen.
    Der Gedanke hatte noch nicht richtig Gestalt
angenommen, da war Wigbert schon auf den Beinen. Der Krug neben ihm war zwar
noch halb voll, aber einem wie ihm würde dies keine Probleme bereiten.
    Wigbert hob den Krug zum Mund und trank in gierigen
Schlucken, wohl wissend, dass er eigentlich nicht viel vertrug. Aber das war
ihm von Herzen egal. Er wollte so sein wie alle anderen drunten in der Stadt.
Er wollte lachen, trinken – und tanzen. Tanzen bis zum Morgengrauen.
    Und das tat er dann auch. Zaghaft zunächst, doch mit
der Zeit immer schneller.
    Und dann begann Wigbert der Zwerg zu singen. So laut,
dass er das Rauschen des Windes im Geäst der uralten Eichen glatt übertönte. Er
sang und tanzte und hüpfte um das hell auflodernde Feuer, bis er vor lauter
Toben fast den Verstand verlor.
    Seine Angst indessen verlor Wigbert nicht.
     
    *
     
    Sander Vorstadt,
kurz darauf
     
    Die zwölf dumpfen Glockenschläge bekam Schorsch der
Leinenweber nicht mit. Er war kaum fähig, sich auf den Beinen zu halten,
betrunken wie ein Rossknecht am Christopherustag.
    Wichtig war jetzt nur, dass er heil
nach Hause kam und nicht dem Nachtwächter oder einem der Stadtknechte in die
Arme lief. Die nämlich verstanden bei so etwas überhaupt keinen Spaß. Das
Mindeste, was ihm dann blühen würde, wäre eine saftige Strafe. Und ein paar
Maulschellen mit dazu. Wenn er Pech hatte, sogar der Pranger. Aber so weit
würde es hoffentlich nicht kommen. Das Gezeter seiner Frau war ohnehin schlimm
genug. Dagegen kamen einem die Zellen im Grafeneckart wie der Garten Eden vor.
    Also immer hübsch an der Wand lang nach Hause.
Verdammt, wenn es doch nur nicht so dunkel wäre! Und dann erst dieser Dreck
überall vor der Tür. Einfach zum …
    Nein, auch daran wollte Schorsch jetzt lieber nicht
denken. Der Morgen danach war schon schlimm genug. Die Hölle auf Erden. Arbeit
zuhauf und ein Brummschädel wie beim Jüngsten Gericht. Und das alles mit nur
ein paar Stunden Schlaf. Der Leinenweber ächzte gequält. Ein böses Erwachen, von
den Hieben, die seine Dagmar auszuteilen pflegte, gar nicht zu reden.
    In Sichtweite der Franziskanerkirche, keine 100
Schritte mehr von zu Hause entfernt, ging es plötzlich nicht mehr. Schorsch
musste sich entleeren.
    Dies allerdings war leichter gesagt als getan. Der
40-jährige Leinenweber, gerade einmal fünf Fuß groß, torkelte benommen hin und
her. Er fühlte sich sterbenselend, wie auf stürmischer

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