Die Kinder aus Bullerbü
Zeit über darf man weder lachen
noch sprechen.
»Man darf die ganze Zeit über nicht sprechen?«, fragte
Lasse.
»Dann kann Lisa gleich nach Hause und ins Bett gehen.«
»Warum denn?«, fragte ich.
»Weil man es niemals schafft, in zwei Minuten über neun Zäune
zu klettern. Und länger bist du noch nie still gewesen, außer
damals, als du Mumps hattest.«
Wir kümmerten uns nicht um die Jungen, sondern kletterten
über den ersten Zaun.
Es war der Zaun von der Südhof-Wiese, den wir zuerst
überstiegen, und wir kamen in den Laubwald, der hinter der
Wiese liegt. Wie seltsam so ein Wald doch aussieht, wenn es
dunkel ist! Es war ja nicht ganz dunkel, sondern nur etwas
schummrig, aber trotzdem! Und außerdem war es ganz still,
denn die Vogel hatten aufgehört zu zwitschern. Und es
duftete so herrlich nach all den Bäumen und Blumen. Wir
pflückten uns jeder eine Blume, als wir über den ersten Zaun
geklettert waren.
Es gibt etwas, was ich nicht verstehen kann. Ich verstehe
nicht, warum man gerade dann so mit Lachen angefüllt ist,
wenn man weiß, dass man nicht lachen darf. Sobald wir über den ersten Zaun gestiegen waren, fing es an. Lasse und Bosse
und Ole kletterten hinter uns her, um uns zum Lachen zu
bringen.
»Tritt nicht in die Kuhfladen«, sagte Bosse zu Inga.
»Hier gibt es doch keine Kuh...«, sagte Inga. Aber da fiel ihr
ein, dass sie ja nicht sprechen durfte. Schon fingen wir an zu
kichern, Britta, Inga und ich. Und die Jungen lachten.
»Wie könnt ihr bloß kichern?«, sagte Lasse. »Vergesst nicht, dass ihr nicht lachen dürft!«
Da kicherten wir noch mehr. Und die Jungen liefen die ganze
Zeit um uns herum und zogen uns an den Haaren oder
kniffen uns in die Arme, damit wir lachen mussten. Und wir
konnten sie nicht ausschimpfen, denn wir durften ja nicht
sprechen.
»Ubbelibubbelimuck«, sagte Lasse. Das war ja eigentlich
überhaupt nicht komisch, aber man kann sich nicht vorstellen,
wie wir darüber lachten, Britta, Inga und ich. Ich stopfte mir
das Taschentuch in den Mund, doch es half nichts. Das Lachen
kam trotzdem heraus. Aber als wir endlich über den neunten
Zaun geklettert waren, hörten wir auf zu lachen und waren
nur noch wütend auf die Jungen, weil sie uns alles verdorben
hatten.
Aber meine neun Blumen legte ich für alle Fälle doch unters
Kopfkissen. Es waren eine Butterblume, ein Hornkleestengel,
ein Labkraut, eine Glockenblume, eine Margerite, ein
Körnersteinbrech, ein Sonnenröschen und dann noch zwei
Blumen, deren Namen ich nicht kannte. Leider träumte ich
nicht ein bisschen in dieser Nacht. Nur weil die dummen
Jungen uns zum Lachen gebracht hatten, da bin ich ganz
sicher.
Aber ich heirate ja wohl auf jeden Fall Ole.
Inga und ich
wollen Kindermädchen werden - vielleicht
ines Tages gab der Pastor in Storbü ein großes
E Geburtstagsfest und alle aus Bullerbü waren dazu
eingeladen. Die Kinder natürlich nicht. Aber Mama, Papa,
Onkel Erik, Tante Greta, Onkel Nils und Tante Lisa waren
eingeladen. Und Großvater auch. Tante Lisa war traurig,
denn sie dachte, sie könne nicht mit wegen Kerstin. Kerstin
ist jetzt eineinhalb Jahre alt und jemand musste doch auf sie
Acht geben. Inga und ich sagten sofort, wir könnten auf sie
aufpassen. Wir wollten ja sowieso Kindermädchen werden,
wenn wir erst groß wären, und deshalb sei es nur gut, wenn
wir so bald wie möglich anfingen zu üben.
»Müsst ihr ausgerechnet an meiner Schwester üben?«, fragte
Ole.
Er wollte wohl selbst auf Kerstin aufpassen, aber er musste ja
die Kühe melken, den Schweinen Futter geben und die
Hühner versorgen, wenn seine Eltern zum Fest fuhren. Britta
hätte auch gern geholfen, auf Kerstin aufzupassen, doch sie
war sehr erkältet und lag im Bett und konnte kaum sprechen.
Tante Lisa war sehr glücklich, als sie hörte, dass wir auf
Kerstin aufpassen wollten. Und Inga und ich waren noch
glücklicher. Ich kniff Inga in den Arm und sagte:
»Wird das nicht lustig werden?«
Inga kniff zurück und sagte: »Wenn sie doch bloß abfahren
würden, damit wir endlich anfangen können!«
Aber es dauert immer so seine Zeit, bevor Leute sich zu einem
Fest auf den Weg machen. Nur Großvater war schon um
sechs Uhr morgens fertig, obwohl sie erst um zehn Uhr
fahren wollten. Er hatte seinen besten schwarzen Anzug
angezogen und sein feinstes Oberhemd. Und kaum hatte
Onkel Erik die Pferde angespannt, da setzte Großvater sich
schon in den Nordhofwagen und
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