Die Kinder aus Bullerbü
wartete, noch bevor Tante
Greta überhaupt angefangen hatte, ihr Festtagskleid
anzuziehen.
»Großvater, findest du nicht, dass es schön ist, auf ein Fest
zu fahren?«, fragte Inga,
Großvater sagte, er finde es schön. Aber ich glaube, das
stimmte nicht ganz, denn er seufzte und sagte:
»Jajajaja, all die vielen Feste, die man so mitmachen muss!«
Aber da sagte Onkel Erik, es sei schon fünf Jahre her, dass
Großvater auf einem Fest gewesen sei, und er hätte also
wirklich keinen Grund zu jammern.
Bis zuletzt ermahnte uns Tante Lisa, und dann schnalzten
Papa und Onkel Nils und Onkel Erik ihren Pferden zu, und
alle fuhren ab.
Tante Lisa hatte gesagt, dass wir Kerstin so viel wie möglich
im Freien lassen sollten, denn dort sei sie am artigsten. Um
zwölf Uhr sollten wir ihr Essen geben, es brauche nur
gewärmt zu werden. Danach sollten wir sie hinlegen und sie
einige Stunden schlafen lassen.
»Oh, wie wird das lustig«, sagte Inga.
»Ja«, sagte ich. »Und für mich steht es fest, dass ich
Kindermädchen werde, wenn ich groß bin, da bin ich ganz
sicher.«
»Ich auch«, sagte Inga. »Es ist wirklich keine Kunst, kleine
Kinder zu hüten. Man muss nur immer daran denken, mild und
freundlich mit ihnen zu reden. Dann gehorchen sie auch. Das
hab ich neulich in der Zeitung gelesen.«
»Na, das ist doch wohl klar, dass man mit kleinen Kindern
immer nur mild und freundlich reden soll«, sagte ich.
»Aber, glaub mir, es gibt wirklich Menschen, die ihre Kinder
anschreien«, sagte Inga. »Diese Kinder werden dann
widerspenstig und folgen überhaupt nicht. So stand es in der
Zeitung.«
»Wer sollte solch ein kleines Goldkind anschreien können?«,
fragte ich und kitzelte Kerstin unter der Fußsohle.
Kerstin saß auf einer Decke im Gras und sah sehr zufrieden
aus. Kerstin ist ja so süß! Sie hat eine runde kleine Stirn, und
die Augen sind vollkommen blau. Im Mund hat sie vier Zähne
oben und vier unten. Und wenn sie lacht, sieht es aus, als habe
sie Reiskörnchen im Mund. Sprechen kann sie noch nicht. Sie
kann nur »Hei, hei« sagen, und das sagt sie fast immer.
Vielleicht meint sie damit jedes Mal etwas anderes, man weiß
es nicht genau.
Kerstin hat einen kleinen Bollerwagen, in dem sie oft
gefahren wird.
»Wollen wir nicht eine kleine Ausfahrt mit ihr machen?«,
schlug Inga vor.
Und das taten wir.
»Komm her, kleine Kerstin«, sagte Inga und setzte sie in den
Bollerwagen, »komm her, wir wollen ausfahren.« Sie sprach
so mild und freundlich mit ihr, wie man mit Kindern
sprechen soll. »So, kleine Kerstin, nun sitzt du wohl gut.«
Aber Kerstin fand das nicht. Sie wollte aufrecht im Wagen
stehen und auf und ab hopsen und »Hei, hei« rufen. Doch so
konnten wir unmöglich mit ihr fahren.
»Ich glaube, es ist besser, wenn wir sie anbinden«, sagte ich.
Wir nahmen einen dicken Strick und banden Kerstin im Wagen
an. Aber als sie nicht aufrecht stehen und nicht hopsen
durfte, wie sie wollte, begann sie wie am Spieß zu schreien,
dass es meilenweit zu hören war. Ole kam vom Stall
herübergeflitzt und rief:
»Was tut ihr? Schlagt ihr sie?«
»Wir schlagen sie nicht, du Dummkopf«, sagte ich.
»Wir sprechen mild und freundlich mit ihr - was du nur
hast!«
»Dann macht nur weiter so«, sagte Ole. »Und lasst sie tun,
was sie will, dann weint sie nicht.«
Ja, Ole wusste sicher am besten, wie man mit seiner
Schwester umgehen musste. Wir ließen also Kerstin aufrecht
im Wagen stehen und »Hei, hei« sagen, wie sie wollte. Wir
machten es so, dass ich den Wagen zog und Inga
nebenherlief und Kerstin jedes Mal auffing, wenn sie
umfiel. Aber dann kamen wir zu einem Graben, und als
Kerstin den Graben sah, kletterte sie aus dem Wagen.
»Wir wollen sehen, was sie vorhat«, sagte Inga.
Und wir sahen es! Es ist komisch mit kleinen Kindern.
Man glaubt, dass sie mit ihren kleinen Beinchen eigentlich
gar nicht so schnell laufen können, aber das ist ein Irrtum.
Wenn es nötig ist, kann ein kleines Kind schneller laufen als
ein Kaninchen. Jedenfalls Kerstin. Sie rief »Hei, hei« und lief
in den Graben hinunter, bevor wir Luft holen konnten. Sie
stolperte und fiel kopfüber ins Wasser. Gewiss hatte Ole
gesagt, sie solle tun dürfen, was sie
wolle, und sie wollte vielleicht jetzt gerade im Graben liegen,
aber wir fanden es doch besser, sie wieder herauszuziehen.
Sie war völlig durchnässt und sie brüllte und sah uns böse an,
als sei es unsere Schuld, dass sie ins
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