Die Kinder aus Nr. 67
man einen Sportplatz und muß in einem Sportverein organisiert sein.«
Erwin schlug vor auf den Spielplatz der Nachbarclique zu gehen. Auf dem Bauplatz und um die Ecke, hinter dem Lagerschuppen. Natürlich, daran hatten sie noch gar nicht gedacht. Sie schoben los und stürmten im Laufschritt um die Häuserblocks. Aber hier blieben sie enttäuscht stehen. Um den Bauplatz war inzwischen ein Zaun gebaut worden. Ein richtiger Baubretterzaun, und daran stand:
Das Betreten des Baugeländes ist verboten
Der Bauherr
Hinter dem Zaun schaufelten Arbeiter bereits mit Hilfe eines Kranes den Baugrund aus. »Neubau des Großcafes und der Konditorei Wien«, stand an den Brettern.
Eine Weile wußten die Jungen wirklich nicht, was sie sagen sollten. Besonders Erwin las den Anschlag dreimal und schüttelte den Kopf. »Es muß ja noch andere Baugrundstücke geben«, sagte er entschlossen. So schnell ließ er sich nicht entmutigen.
Die anderen Jungen hatten schon weniger Hoffnung.
»Ach wat, überall sind Lagerschuppen und für Kinder verboten. In dem dämlichen Stadtteil gibt's auch gar nichts.« Sie schlenderten um die Häuserblocks. Es war wie verhext. Kein Spielplatz fand sich. Endlich sahen sie an einer Straßenecke einen unbebauten Lagerplatz. Zwischen den Brettern und Eisenteilen schien noch genügend Raum zum Spiel. Die Fußballmannschaft verteilte sich und begann ein neues Spiel. Aber kaum hatten sie hier die ersten Bälle geschossen, stürzte aus einer Höhle zwischen den Hölzern eine unbekannte Jungenhorde. Es war die Clique aus dem dortigen Häuserviertel. Sie warfen sich voll Mißtrauen und Verbitterung über die fremden Jungen und verteidigten ihr Eigentum.
»Ihr habt hier nischt zu suchen. Fort mit euch!« brüllten sie und freuten sich, einen Grund zum Raufen zu haben. Erwin bat um Frieden und versuchte, mit der fremden Clique zu verhandeln. Aber mit Hallo und Hohngelächter und der einmal entzügelten Rauflust der anderen wurden alle in die Flucht geschlagen.
Geschlagen, enttäuscht und gedemütigt kehrten die Jungen heim. »Und nicht einmal ein einziges Spiel haben wir machen können«, jammerte Paulchen, als er wieder den weiten Weg ins Asyl antreten mußte. »Wat nützt uns jetzt der Fußball.«
»Sei man still, Paule, wird sich schon finden. Morgen ist ja auch noch ein Tag«, tröstete Erwin.
In der Nacht besann er sich, daß er einmal am Sonntag mit seinem Vater in einem Stadtpark gewesen war. Der mußte ganz in der Nähe sein. Da waren sie auf richtigen Kieswegen spazierengegangen. Rechts und links von den Wegen hatte es Wiesen gegeben. Auch ein kleiner Teich und ein Springbrunnen waren dort. Sogar Bänke zum Sitzen. Dort würde sicher auch für sie ein Spielplatz zu finden sein. Morgen wollte er die Clique in den Park führen. Es dauerte zwar noch einige Tage, bis sie alle zusammen wieder Zeit hatten. Einmal mußte Erwin Rosa spazierenfahren, dann hatte er Zeitungen auszutragen oder Schularbeiten zu machen. Der lange Heiner wollte überhaupt nicht mehr mit.
»Wozu«, sagte er, »is ja doch wieder nischt. Nischt für uns. Nur für brave Spaziergänger.«
Sie glaubten ihm nicht, gingen aber trotzdem mit.
Der Park lag reichlich weit. Man mußte viele Straßen zu Ende laufen und überqueren. Erwin ging mit dem Fußball unterm Arm allen voraus. Sie sprachen kaum miteinander. Endlich sahen sie Bäume. Fein! Richtige grüne Bäume. Die Straßen wurden auch breiter, und schon leuchteten die Kieswege, genau wie es Erwin in Erinnerung hatte. Er sah Bänke und einen kleinen Teich. Sie rannten mit lautem Hallo in das Paradies hinein. Die Bänke waren besetzt von Männern, Frauen und Kindermädchen mit Kinderwagen. In der Mitte lag die glatte grüne Rasenfläche. Erwin wollte mit einem großen Satz, seinen Fußball unterm Arm, zustürmen, da zog ihn Paul zurück. »Du, lies doch mal.« Ein Schild steckte wie ein Baum im Rasen.
Das Betreten der Rasenfläche ist bei Strafe verboten
So eine Gemeinheit.
Sie gingen weiter und suchten einen anderen Platz. Aber an jeder Ecke war irgendein Anschlag.
Die Anlagen sind dem Schutze des Publikums empfohlen Kindern ist das Spielen untersagt
Fein sah alles aus! Das mußte man sagen. An allen Ecken blühten Blumen. Runde und eckige Blumenteppiche lagen im Rasen. Aber was nützte ihnen das? Sie hätten gern darauf verzichtet.
»Wird schon irgendein Platz kommen, wo wir spielen können«, tröstete
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