Die Kinder aus Nr. 67
ihm helfen‹, dachte er. ›Is ja unser Fußball. ‹
»Wat willst du denn, dich brauch' ich nicht«, wies ihn der Beamte zurück.
»Vielleicht kann ich aber Zeuge sein«, flüsterte Paulchen.
»Hole den Fußball und nimm ihn mit. Der kommt auch mit auf die Wache.« Als sie zur Händlerin kamen, überhäufte sie Erwin mit einer Flut von Schimpfworten und Drohungen. Dann erzählte sie dem Wachtmeister mit lauter, klagender Stimme die ganze Geschichte, die er selber miterlebt hatte, und führte ihn zu der Eierkiste. Sie war ein einziger gelber Brei. »Das muß man mir ersetzen, ich verlang' Ersatz«, schrie sie immer aufs neue.
Erwin war das alles gleichgültig. Er schielte nur nach seinem Fußball. Der lag neben der Eierkiste in der Gosse und hatte Flecken bekommen.
Paulchen versuchte verstohlen, daran zu putzen und zu wischen.
»Laß gut sein, Paulchen, den kann ich ja doch nicht mehr brauchen. Der paßt nicht zu uns und unsere Gegend.«
Paul sah ihn ganz erschrocken an.
»Herr Wachtmeister, kommt Erwin jetzt ins Gefängnis?«
»Wahrscheinlich«, sagte der Wachtmeister.
»Aber er hat doch keinen totgeschlagen?«
»Beamtenbeleidigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt, das ist genau so schlimm, vielleicht noch schlimmer. Wir werden ja sehen, was der Herr Polizeioberwachtmeister sagt.«
»Faßt euch jetzt an und geht vor mir her. Aber wehe, wenn ihr mir ausreißt.«
Der Schutzmann drohte mit seinem Seitengewehr. Vielleicht war's auch ein Revolver. Das konnte man nicht wissen.
»Wenn wir ausreißen, schießt er uns nieder«, flüsterte Paul Erwin zu und faßte ihn folgsam an der Hand.
So zogen sie zur Wache.
Der große Entschluß
Der Polizeioberwachtmeister saß hinter einem langen Tisch, und der Tisch stand noch hinter einer dicken Bretterschranke. Paul dachte: Das ist so eingerichtet, damit man den Mann nicht anfassen kann oder ihm nicht zu nahe kommt. Der Mann hatte eine Brille auf, und er schob sie noch auf die Nasenspitze, um sich Erwin genauer zu betrachten. Der Schutzmann, der sie gebracht hatte, war gleich zu ihm gegangen und flüsterte leise mit ihm. Wahrscheinlich erzählte er ihm die ganze Geschichte. Denn er zeigte immer auf Erwin. Erwin wußte gar nicht, wo er hinsehen sollte. Er kam sich mit einemmal wie ein richtiger Verbrecher vor. Der Oberwachtmeister stand auf und schrie Erwin an.
»Du bist ja ein ganz und gar mißratener Junge. Einen Erwachsenen zu schlagen, und noch dazu einen Schutzmann, das soll dir schlecht bekommen. Wir werden dich in ein Erziehungsheim stecken, in ein Haus für mißratene Kinder!«
Weil der Oberwachtmeister so schrie, liefen noch einige andere Schutzmänner herbei, und alle standen hinter der Barriere und sahen Erwin an. Er kam sich vor wie ein wildes Tier.
Er heulte aber auch jetzt nicht. Als sie ihn ausfragten, fing er an zu erzählen. Er erzählte die ganze Geschichte mit dem Fußball. Wie das alles gekommen war. Wie lange es gedauert hatte, bis sie endlich so viel Geld besaßen, um den Fußball zu kaufen. Paulchen nickte zu jedem Satz und sagte: »Jaja, so war es.«
»Und nun hatten wir endlich den Fußball und konnten nirgends spielen. Denn wo wir hätten spielen können, durften wir nicht. Das war doch zum Wütendwerden.«
Der Polizeiwachtmeister zuckte nur die Achseln und drehte sich um. »Das macht die große Stadt und die vielen Menschen. Dafür kann ich nichts. Das ist nun einmal so eingerichtet«, sagte er.
Und der Beamte, der neben ihm stand, sagte: »Ja, das ist eure Sache, wie ihr damit fertig werdet und wie ihr das macht.«
Sie schrieben sich die Namen und die Adresse der Jungen auf und wollten die Sache an die zuständige Stelle weitergeben. Dort sollte die Händlerin ihren Schaden einklagen. Den Fußball behielten sie vorerst als Pfand auf der Wache.
Paul und Erwin durften nach Hause gehen.
»Diesmal kommst du noch nicht ins Gefängnis«, sagte der Schupo, der ihn gebracht hatte. »Aber wenn du dich nicht änderst und wenn das noch einmal vorkommt, wirst du eingesteckt. Ordnung und Recht müssen sein.« Das verstand Erwin wieder nicht. Daß man ihn einstecken wollte, war ihm gleichgültig. Er war froh, daß er jetzt gehen konnte. Auf der Straße fragte er Paulchen:
»Hast du das verstanden, Paule, det mit der Ordnung und dem Recht? Warum ist denn das nich richtig und nich in Ordnung, daß wir gern mal spielen wollen? Da find'
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