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Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
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Verpacktes. Dieses längliche Paket war mit Gewichten beschwert, und dahinter sah er Mirjams Gesicht. Neben ihr lag zusammengekauert Piddel und schlief.
     
    »Ach, der Sternenhimmel, der Erwin.« Mirjam lächelte und streckte ihm die Hand entgegen, als ob gar nichts gewesen wäre. »Ich hab' nämlich mein Bein gebrochen. Ich bin hingefallen. Is aber nicht schlimm«, setzte sie hinzu, als sie Erwins entsetztes Gesicht sah.
     
    »Ja, denk dir nur, rutscht das Kind vor der Markthalle aus, und nur weil sie mit ihrem albernen Hund Allotria trieb. Das Kind hat zuviel Phantasie. Spielt immerzu Theater mit dem Biest. Sie band ihn zusammen wie ein Postpaket. Kannste dir vorstellen, was das zu bedeuten hat? Ist denn das 'n Vergnügen und 'n Spiel? Ein Hund ist doch kein Paket?«
     
    »Ja, aber det waren doch —« Erwin versuchte eine Erklärung zu stammeln. Er war so sehr bedrückt, daß er nicht wußte, wo er mit seiner großen Beichte beginnen sollte. »Aber wir haben doch, wir, die Clique«, hub er aufs neue an und betrachtete verzweifelt Mirjam, »wir haben doch...« Mirjam legte abwehrend ihre Hand auf den Mund und bedeutete ihm zu schweigen. »Jawohl«, nickte sie statt dessen belustigt, »wir haben mit der Clique so wundervoll gespielt, aber Tante versteht das nicht.«
     
    Frau Manasse hatte Erwin einen Stuhl hingeschoben. Und das war sein großes Glück, denn es hätte gar nicht viel gefehlt, so wäre er vor lauter Staunen zu Boden gefallen. Nun konnte er sich mit beiden Händen fest an den Stuhl anhalten, und währenddem sah er Mirjam verständnislos an.
     
    Mirjam redete unaufhörlich weiter, so daß Erwin gar nicht zu Worte kam. Sie fragte nach Paul, nach Marta und Lucie, nach seiner Schwester, und wie es in der Schule sei.
     
    Frau Manasse ging in die Küche und wollte Erwin endlich ein Glas Sirup bringen. Als sie gegangen war, fand Erwin die Sprache wieder.
     
    »Mirjam«, sagte er. »Wir haben uns so furchtbar schäbig gegen dich benommen.«
     
    »Ah pah«, machte sie und sah gleichgültig zur Seite. »Nur gegen Piddel«, setzte sie vorwurfsvoll hinzu. »Man quält doch ein armes Tier nicht so.«
     
    Erwin ließ sich nicht stören. »Ich bin gekommen, um dich um Verzeihung zu bitten.«
     
    Mirjam unterbrach ihn. »Sei bloß still und erzähle das der Tante nicht. Dann macht sie Krach und verklagt euch womöglich, denn ihr habt mein gutes Kleid zerrissen und Piddels linkes Ohr ist auch verletzt.«
     
    »Und vor allem dein Bein«, setzte Erwin bekümmert dazu.
     
    »Ach, das hätte auch ohne euch geschehen können. Ich habe mir schon einmal den Arm gebrochen, als wir —«
     
    Erwin ließ sie nicht zu Ende reden. »Mirjam, hast du denn gar nichts erzählt? Ich meine deiner Tante oder sonst wem?«
     
    »Ich? Erzählen? Du bist wohl? Ich bin doch keine Klatschbase. Und überhaupt, wegen mal Ausrutschen?«
     
    Frau Manasse kam mit einem Tablett in der Hand, auf dem zwei Gläser Himbeersirup und ein Teller mit Biskuits standen, zurück.
     
    »So«, sagte sie, »so, mein Junge, nun trinkt beide. Es tut dem Kinde gut, daß endlich einer von euch nach ihm schaut. Liegt doch den ganzen Tag hier allein, und ich alte Frau verstehe nicht, was ich mit ihr reden soll. Ich langweile sie nur.«
     
    »Ich kann ja öfters kommen, wenn es angenehm ist. Auch die anderen alle könnten kommen.« Erwin schlürfte beglückt seine Limonade. Diese Mirjam ist wirklich ein prächtiger Kerl! Das soll ihr einmal einer nachmachen! Wer weiß, ob er selbst in dem Fall so anständig gehandelt hätte? Und gegen ein so prächtiges Mädchen hetzten sie? Die wollten sie ausschließen und drangsalieren? Nun, die Clique konnte etwas von ihm zu hören bekommen!
     
    Erwin stieg ein großartiger Gedanke auf. Er mußte ihn sofort ausführen
     
    »Ich werde jetzt gehen«, sagte er, »aber wie gesagt, ich kann ja wiederkommen. Morgen schon kann ich wiederkommen. Vielleicht auch noch heute abend. Ich wohne nämlich auch hier«, setzte er hinzu, wie um sich zu entschuldigen.
     
    »Wie du willst«, meinte Frau Manasse.
     
    Mirjam hielt ihm die Hand hin und bat: »Ach, bitte, komme doch recht oft. Denn, nicht wahr, ihr seid mir nicht mehr böse?«
     
    »Warum denn? Waren wir ja nie«, brummelte Erwin. »Auf Wiedersehen.«
     
    Er flog fast die Treppe hinunter. Er konnte es kaum erwarten, sich alles vom Herzen zu reden, was sich da aufgespeichert hatte.
     
    Die Clique saß im Hof und erwartete ihn.
     
    »Zur Höhle«, kommandierte er, und

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