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Die Kinder der Elefantenhüter

Titel: Die Kinder der Elefantenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hoeg
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anzuziehen, die ihre größere Schwester als Empfangsdame der Brauerei Finø trägt. Leider kamen wir nicht bis zur vollständigen Klärung der Frage, denn als ich die Uniform anhatte – rote Jacke, roter Rock und Stöckelschuhe – und wir sämtliche Spots im Wohnzimmer angeschaltet hatten, damit Conny sich einen klaren Eindruck verschaffen konnte, standen plötzlich ihre Eltern in der Tür. Obwohl ich mir unbändige Mühe gab, die Situation zu erklären, ist, fürchte ich, wohl ein Restzweifel bei ihnen zurückgeblieben, den ich bis Connys Wegzug nie ganz und gar ausräumen konnte.
    Als Katinka jetzt die Tür öffnet und in Zivil vor mir steht, bin ich doch eine Spur enttäuscht.
    Nun reichen zivile Jeans und ein Pullover nicht unbedingt aus, damit man bei Katinka an eine beliebige Hausfrau denkt. Sie sieht weiterhin aus wie eine Frau, die Lkws fahren kann und jeden Augenblick als Vorarbeiterin in einer Steinsetzerbrigade einspringen könnte. Aber als ich ihr die Puttenkarte überreiche und sage, unter der Akazie warte Lars auf sie, befürchte ich in Anbetracht ihres Gesichtsausdrucks zunächst einen Kollaps; wahrscheinlich ist es nur ihrem Spezialtraining in der Antiterroreinheit zu verdanken, dass sie sich auf den Beinen halten kann. Ihre Wangen laufen so rot an, dass ich jeden Moment einen Infarkt erwarte, aber sie fliegt schon in vollem Galopp den Korridor hinunter.
    Nicht einmal die Tür macht sie hinter sich zu. Tilte und ich haben eine wunderbare Sicht auf ihren PC. Er ist an.
    Nicht nur das, sogar das Dokument ist geöffnet, das sich mit Tilte und Basker und mir beschäftigt, mit unseren bisherigen Unternehmungen.
    Auf dem Schirm steht: »Kontakt mit Bischöfin Anaflabia Borderrud und Professor Thorkild Thorlacius-Drøbert, die via Kirchenministerium von der Reichspolizei darüber informiert wurden, dass KFs und CFs Aufenthaltsort unbekannt ist, die aber keine weiteren Informationen erhalten haben.«
    KF und CF müssen Konstantin Finø und Clara Finø sein, unser Vater und unsere Mutter. Der Text auf dem Schirm bestätigt, was wir bereits vermuteten, dass nämlich Polizei und Bodil Nilpferd etwas derart Vertrauliches wissen, dass sie es nicht einmal so alten und innigen Freunden wie Thorkild Thorlacius und Anaflabia Borderrud verraten wollen.
    Darüber hinaus fällt uns zweierlei auf.
    Das Dokument trägt den eigentümlichen Namen Schweber . Den wir nicht so ohne weiteres mit unserer Familie in Verbindung bringen können.
    Und dann die Unterschrift. Die ist interessant. Katinka hat ihren Namen geschrieben. Und hinzugefügt: »Polizeilicher Nachrichtendienst«.
    Natürlich wärmt es einem das Herz, wenn man sieht, dass die Behörden die besten Kräfte für unser Wohlbefinden einsetzen. Gleichzeitig wirkt es doch etwas beunruhigend. Denn es kann wohl nicht zu den alltäglichen Aufgaben des PND gehören, für normale und gut funktionierende Kinder und Jugendliche wie Tilte und mich den Babysitter zu spielen.
    Auf der Treppe über uns erklingen Schritte, verstohlen und zögernd. Wir machen die Tür auf, Rickardt Tre Løver übergibt uns eine Küchenschere.
    In dem Augenblick, in dem wir die blauen Bänder durchschneiden, hören wir wieder Schritte, diesmal nicht verstohlene, sondern athletische Schritte, federnd, offensichtlich gestählt vom Seilspringen im Akademischen Boxklub. Aber ehe Thorkild Thorlacius Katinkas Tür erreicht und anklopfen kann, sind wir in Tiltes Zimmer.
    Tilte schließt lautlos die Tür hinter uns. Dann ergreift sie den Korb, in dem auf den Zimmern im Store Bjerg das Bettzeug aufbewahrt wird, leert ihn und stopft die Decken und Kissen unters Bett. Dann bedeutet sie mir, in den Korb zu klettern.
    Ich will’s nicht glauben. Ich will aufrecht sterben und nicht in einem Picknickkorb entdeckt werden und umkommen!
    »Petrus«, flüstert Tilte, »wir müssen alle drei hier raus, und die einzige Möglichkeit ist, dass sie mich mitnehmen, weil sie glauben, ich sei Besucher, und dich, weil sie nicht wissen, dass du da drin bist.«
    Es klopft an der Tür, Tilte sieht mich bittend an.
    Tiltes und meine tiefgehenden Studien spiritueller und religiöser Literatur im Netz und in der Stadtbücherei Finø haben gezeigt, dass alle großen religiösen Persönlichkeiten empfohlen haben, den Kriegerstolz auf kleiner Flamme zu halten und den Kooperationswillen zu stärken. Ich springe in den Korb und kauere mich auf den Boden, Tilte legt den Deckel darauf, die Tür geht auf und Professor Thorlacius sagt:

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