Die Kinder der Elefantenhüter
auf diesen Landpolizisten hören sollen«, sagt er. »Mit diesem Hund, der einem Rya-Teppich ähnlich sieht. Die Typen hätte man nicht freilassen sollen. Auch diese Bischöfin nicht. Die sind ein Fall für die Rechtspsychiatrie.«
»Er ist Hirnspezialist«, sagt Katinka. »Der Glatzkopf mit dem Killerblick.«
Sie seufzen tief.
»Wir könnten uns beim Betrugsdezernat bewerben«, sagt Lars. »Vierzig gemächliche Kartons mit Akten pro Fall, nicht diese Wahnsinnigen. Leute, die andere betrügen, sind in der Regel charmant. Aber die, die sich selber betrügen …«
Sie sehen sich in die Augen. Stoßen an.
»Die Kinder«, sagt Lars. »Man würde sich natürlich nicht wünschen, dass es die eigenen wären. Es sei denn, man hätte eine Ranch in Australien und könnte sie jeden Morgen auf hundert Acres Land unter Alligatoren, Kängurus und Beutellöwen aussetzen. Aber Verbrechertypen sindes nicht. Sie haben uns gewissermaßen zusammengebracht. Immer noch keine Ergebnisse beim Abhören ihrer Telefone?«
Wenn man durch Studien im Netz und in der Stadtbücherei Finø so tief in die religiösen Mysterien eingedrungen ist wie Tilte und ich, entdeckt man, dass etliche der Größten, und lass mich gute Leute wie Jesus, Mohammed, Buddha und die vedischen Seher nennen, gesagt haben, man brauche sich praktisch gar nicht zu ändern, man kann auch so wunderbar zu den höchsten Einsichten gelangen, und das mit einem Temperament wie zum Beispiel dem von Ejnar Tampeskælver Fakir.
Das ist eine Seite der Mystik, über die ich ganz persönlich froh bin. Denn obwohl viele im Finø Boldklub der Meinung sind, dass Pfarrers Peter mit der Veredelung seiner Persönlichkeit weit gekommen ist, existieren noch Reste dessen, was man den blutroten Zorn nennen könnte, welcher nun hinter den Stoffserviettenstapeln auflodert, als ich höre, dass der PND unsere Telefone abhört.
In diesem Augenblick fällt mein Blick auf Katinkas Handtasche, ein flaches, elegantes Teil aus schwarz glänzendem Leder, das zu ihren Füßen steht. Viele Frauen hätten die Tasche wahrscheinlich über den Stuhl gehängt, aber Katinka ist Kriminalkommissarin, sie hat sie unterm Tisch, wo sie nicht gesehen wird – außer man lebt verborgen und in Bodenhöhe wie ich – und wo sie mit ihrer Schuhspitze Kontakt mit ihr halten und sichergehen kann, dass sie nicht gestohlen wird.
Normalerweise wäre es sehr schwierig, an die Tasche heranzukommen. Aber ich liege günstig, weniger als eine Armlänge davon entfernt. Und Katinka ist von Lars’ Nähe sozusagen eingehüllt, sie hat den Fuß von der Tasche weggezogen,um unter dem Tischtuch ihr Bein über Lars’ Oberschenkel zu legen.
Ich lange also nach der Tasche, mache sie auf und lasse meine Hand in ihrem dunklen Innern herumfahren. Ich fühle Schlüssel, eine Art Notizbuch oder Kalender, in einem Extrafach stecken anscheinend Kosmetik, Taschenspiegel, Nagelfeile. Ich stoße auf etwas Kühles, angenehm Genopptes, man merkt, wie sich die Haare sträuben, das muss ein Revolverschaft sein. Ich suche weiter und ertaste zwei Mobiltelefone, eine Bürste und ein Stück flaches Plastik.
Katinkas Fuß bewegt sich wieder auf die Tasche zu. Ich entscheide mich für das eine Handy. Zugegebenermaßen ist das mit der Rache und dem Handy um Handy ein bisschen alttestamentarisch. Aber wir sind nun mal nicht weiter gekommen, als wir sind, und wie die Großen sagen, man braucht sich nicht zu ändern.
Tilte gibt ein Zeichen, wir können nicht länger warten. Zwei verliebte Beamte können über zwei Flaschen Champagner die halbe Nacht hängenbleiben. Und es strömen immer mehr Menschen in den Salon. Wir ziehen drei schwarze Tücher über Vibe, häufen zwei, drei Kilo Kanapees in ein Geschirrtuch, warten, bis Bullimilla ans andere Ende des Salons gerufen wird, und dann schieben Rickardt, Tilte und ich den verdeckten Rollstuhl durchs Lokal.
Lars’ und Katinkas fragender Blick verfolgt uns, und er ist so durchdringend, dass er vielleicht sogar Vibe unter der Decke gefunden hätte. Aber zu Tiltes und meiner Überraschung glättet Rickardt die Falten.
»Ich soll singen«, erklärt er den Beamten. »Zum Essen. Das hier ist meine kleine transportable Bühne.«
Wir sind schon am Ausgang zum Korridor, als eine Personden Salon betritt und unserem kleinen Aufzug ausweichen muss, sie erweist sich als Jakob Aquinas Bordurio Madsen. Er sagt kein Wort. Aber der Rosenkranz, den er mit einem trockenen Geräusch fallen lässt, gibt einem vielleicht eine
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