Die Kinder der Elefantenhüter
aus ihren Nüstern und wirft sich auf Katinka und Bullimilla.
Tilte und ich nutzen diesen strategisch günstigen Augenblick,um uns aus dem Staub zu machen. Dabei sehe ich noch, wie Lars seine Hand auf den Arm der Sekretärin legt, offensichtlich, um sie an der Flucht zu hindern.
»Ich ertrage es nicht, angefasst zu werden«, sagt Vera.
Sie sagt es mit einer Stimme, die Lars veranlasst hätte loszulassen, wenn er sie gehört hätte. Aber er ist mit dem Catfight beschäftigt, der außer Kontrolle zu geraten droht.
»Lass sie los!«, ruft Anaflabia. »Sie ist meine Sekretärin!«
»Sie könnte deine Maskenbildnerin und dein personal shopper sein«, sagt Lars, »trotzdem müsst ihr beide auf die Wache und aussagen.«
In dem Augenblick zeigt Vera, wie ernst es ihr mit der Behauptung ist, dass sie es nicht erträgt, angefasst zu werden, und zwar indem sie ihr Knie in Lars’ Magen rammt.
Das ist das letzte, was Tilte und ich und Basker sehen, dann sind wir im Freien und auf dem Weg über den Landesteg.
Was uns am Langelinie-Kai erwartet, ist kein Empfangskomitee, es ist eine Volksmenge von vielleicht hundert Personen, darunter eine Menge Journalisten, Fotografen und Fernsehleute, was wieder einmal etwas über Finøs Bedeutung im Allgemeinen aussagt.
Tilte und ich wollen rasch in der Menschenmenge verschwinden, denn jetzt sind wir so weit gekommen, ohne von Katinka und Lars erkannt zu werden, es wäre doch tragisch, wenn es jetzt noch dazu käme, deshalb sind wir die ersten an Land.
Leider haben wir die Journalisten vergessen. Sie sind eine Bevölkerungsgruppe, die wie beim Fußball eine Mauer bilden kann, so als hätten Tilte und ich einen Freistoß im Strafraum zugesprochen bekommen, und sie stürzen sich auf uns wie die Geier und fragen, welcher Konfession wir angehören, welche Erwartungen wir an die Konferenz haben, ich muss gestehen: Darauf sind wir nicht vorbereitet.
In einer solchen Situation, in der alle zuvor gemachten Pläne zusammenstürzen, werden sich die großen spirituellen Trainingssysteme die Hände reiben und sagen, genau dann liege die Welt frisch und offen in all ihrer schockierenden Unerwartetheit vor einem, die Zen-Buddhisten würden sagen, man solle seinen Atem spüren, der Vedanta-Hinduismus würde sagen, man solle sich fragen, wer es eigentlich ist, der diesen malabarischen Zusammenbruch erlebt, und die Nonnen in den Klöstern der Theresia vonAvila irgendwo in Andalusien würden sagen, man solle »Gottes Wille geschehe« beten, und Tilte und ich, wir versuchen das irgendwie alles auf einmal …
Aber dann mischen sich Vergessen und Ablenkung ein, ich vergesse, Basker festzuhalten, der die Nase voll hat, unter Kalle Kloaks Gardinen zu sitzen, er will raus und a piece of the action haben, er windet sich und reißt sich los und läuft die Gangway hinauf, um einen Aussichtspunkt zu finden, von dem aus er alles überblicken kann.
Genau zu diesem, dem schlechtesten aller Zeitpunkte erscheinen Alexander Finkeblod und Thorkild Thorlacius und die drei Frauen, alle in Handschellen, und hinter ihnen Lars und Katinka.
Lars hat ein blaues Auge, das jetzt schon so groß ist, dass man ihm und Katinka empfehlen sollte, mit der Hochzeit noch zu warten, jedenfalls die fünf bis sechs Monate, die die Schwellung zum Abklingen braucht. Was ihn aber nicht daran hindert, Basker zu bemerken, auch Katinka sieht ihn jetzt. Sie sehen und erkennen ihn und ziehen den Schluss, dass Tilte und ich nicht weit sein können. Sie sehen uns beide, dort halten ihre Gedanken inne, irritiert durch die Verkleidung. Dann aber fegt die Logik jeden kleinlichen Zweifel beiseite, sie wissen, wir müssen es sein, die sie bewachen sollen und die ihnen vor weniger als vierundzwanzig Stunden entwischt sind.
Lars hat bis jetzt Alexander Finkeblod und Thorkild Thorlacius festgehalten, jetzt lässt er sie los und rennt auf uns zu.
Es ist irgendwie schön, auch für Tilte und mich, Zeuge sein zu dürfen, wie eifrig ein Kriminalkommissar auch in Bedrängnis seine Pflicht tut. Ein Eifer, der uns allesamt ruhig schlafen lässt.
Leider schwächt dieser Eifer auch den kühlen Überblick. Ich selber würde zwei Typen wie Alexander Finkeblod und Thorkild Thorlacius nicht unbewacht lassen, zumindest nicht in ihrem derzeitigen Gemütszustand. Denn gerade so eine kleine Unaufmerksamkeit kann die Fuhre zum Kippen bringen.
Ich wende mich an die Journalisten vor uns. Sie haben nicht viel mitbekommen, und was sie mitbekommen haben, konnten sie
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