Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra
Jungen.« Mit einem dünnen Lächeln wiegte der Guru den Kopf, als versuchte er etwas abzuschätzen. »Ich kann nur raten, wie alt du bist, Junge. Aber Tatsache ist, dass deine gesamte Atmung inzwischen komplett zusammenbrechen müsste.« Der Guru trat dicht an John heran, nahm sein Handgelenk und fühlte ihm den Puls. Doch das geschah eher aus Neugier denn aus Besorgnis. »Natürlich haben wir hier in unserer Klinik entsprechende Gegengifte und ein Beatmungsgerät. Aber ich kann dir jetzt schon sagen, dass du beides nicht benötigen wirst.«
Er hob den Kopf, weil über ihnen die
Sadhaks
, die ins Innere der Statue geklettert waren, wieder auftauchten, Philippa undDybbuk vor sich, die sie nun zwangen, hinabzuklettern. Weitere Anhänger des Gurus halfen ihnen dabei.
»Bist nur du es oder sind deine kleinen Freunde ebenfalls immun? Und wenn ja, warum? Warum seid ihr immun?«
»Ich bin nicht immun!«, schrie John den Anhängern des Gurus zu. »Die Schlangen sind harmlos. Er ist ein Schwindler. Hört ihr? Euer Guru ist ein Schwindler.«
Der Guru grinste gelassen. »Wenn das der Fall wäre«, sagte er, »hättest du es nicht so eilig gehabt, hier herunterzukommen und deinen Vater zu retten, nicht? Was mich zu der Annahme bringt, dass er sich von dir unterscheiden muss. Oder unterscheidet vielleicht ihr drei euch von allen anderen?« Er ließ Johns Handgelenk los, musterte kurz die Bissstelle auf seiner Brust, als wollte er sich vergewissern, dass John wirklich gebissen worden war, und nickte beim Anblick der beiden Einstichlöcher. »Bemerkenswert. Wirklich bemerkenswert. Du müsstest inzwischen tot sein, junger Mann.«
Der
Sadhak
, der Philippa und Dybbuk von der Statue heruntergeholt hatte, übergab dem Guru den Lederbeutel, in dem sich der Kobrakönig befunden hatte. John wechselte einen Blick mit Philippa, die ihm unglücklich zunickte.
Guru Masamjhasara hielt den Beutel, als wagte er kaum zu glauben, was er enthalten könnte. »Nein«, sagte er. »Das kann nicht sein. Es wäre zu schön, um wahr zu sein, selbst für einen Glückspilz wie mich. Aber gleichzeitig würde es auch alles erklären.«
Er öffnete den Beutel, holte den Inhalt heraus, riss das Packpapier ab und starrte ehrfürchtig auf das unschätzbare Amulett in seiner Hand. Ein lautes Ächzen drang aus seinemschlaffen Mund. »Zehn lange Jahre habe ich danach gesucht«, hauchte er, »und jetzt hab ich ihn endlich.« In diesem Moment schien ihm etwas zu dämmern. »Er war die ganze Zeit über hier, nicht wahr? Zehn Jahre lang habe ich ihn verloren geglaubt, dabei war er die ganze Zeit hier, direkt vor meiner Nase.«
Die Kinder schwiegen. Da packte der Guru John am Ohr und verdrehte es. »Er war hier, nicht wahr?«
»Auu! Ja. Loslassen.«
»Wo war er?«, fragte er und drehte ein wenig fester.
»Lassen Sie den Jungen in Ruhe!«, schrie Groanin. »Oder es knallt.«
»Im Brunnen. Wir haben das Amulett im Brunnen gefunden.« John sah nicht ein, welchen Sinn es haben sollte, dem Guru diese Information vorzuenthalten. Vor allem, da sich sein Ohr immer noch im Klammergriff seiner Affenfinger befand. »Colonel Killiecrankie hat auf einem Bild der East India Company eine geheime Botschaft hinterlassen«, sagte er. »Das Bild hat Reichsmarschall Hermann Göring gehört. Wir haben es gefunden, die Nachricht entschlüsselt und sind hergekommen, um danach zu suchen.«
»Ich wusste, wir hätten ihn zerstören sollen«, sagte Philippa.
»Ihn zerstören? Warum sagst du so etwas, Kind?«
»Weil Sie ihn so sehr wollten, dass Sie bereit waren, dafür zu töten. Ich wüsste keinen besseren Grund.«
»Oh, ich glaube doch«, sagte Guru Masamjhasara. »Für was hältst du mich? Für einen Idioten? Ich wollte mit dem Kobrakönig Macht über einen Dschinn erlangen. Einen sehr alten Dschinn namens Rakshasas.« Er grinste bedrohlich. »Aber jetzt, wo ich
euch
habe, spielt er keine große Rolle mehr.«
»Wir haben nicht die geringste Ahnung, was Sie meinen«, sagte Dybbuk.
»Nein?« Der Guru schwenkte drohend den Zeigefinger vor Dybbuks Gesicht, dass dieser den Dreck unter seinen Fingernägeln nicht übersehen konnte. »Ich kann euch jederzeit einer zahnärztlichen Untersuchung unterziehen. Aber es würde uns Zeit sparen, wenn ihr es mir einfach sagen würdet.« Er beugte sich über den Schlangenbehälter, packte eine Kobra und hielt sie dicht vor Groanins Gesicht. Die Schlange biss nach Groanin, doch der Guru riss sie gerade noch rechtzeitig zurück und ihre
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