Die Kinder des Dschinn. Das Rätsel der neunten Kobra
sechzehnmal stärker ist als das einer Kobra. Wieder geschah mir nicht das Geringste und ich kam zu dem Schluss, dass meine offensichtliche Immunität das Ergebnis der mit Dschinnblut angereicherten Bluttransfusion war. Nun stellte sich mir die Frage, was geschehen würde, wenn ich mein gesamtes Blut gegen das Blut eines Dschinn austauschen würde. Müsste ich dann nicht selbst zu einem Dschinn werden? Mit der Fähigkeit, Wünsche zu erfüllen und zweihundert Jahre alt werden zu können?
Ich machte mich daran, dies in die Tat umzusetzen, und entdeckte bald eine Möglichkeit, meine Immunität gegen Schlangengift mit dem zu verbinden, was nun mein Lebensziel war. Ich hatte von den alten Kobrakulten gehört, besonders den Aasth Naag und ihrem verlorenen Amulett, dem Kobrakönig von Kathmandu. Und ich begriff, dass der Kobrakönig, wenn ich ihn fände, mir Macht über Mr Rakshasas verleihen würde, der zufälligerweise ein Freund von Nimrod war. Genug Macht, um mein Blut gegen seines auszutauschen. Also ließ ich den Kult wiederaufleben. Mit einem Unterschied: Heute sind es neun Kobras statt acht. Neun war für mich schon immer eine bedeutungsvolle Zahl: Ich wurde in der neunten Stunde des neunten Tages im neunten Monat des Jahres 1959 geboren, und zwar in der Nine Elms Road Nummer neun in Kalkutta. Und ich wog genau neun Pfund.
Jedem, der dem Kult beitritt, wird das Gleiche versprochen. Die Aussicht auf ein wenig Dschinnblut oder, wenn genug Blut vorhanden sein sollte, die Chance, selbst ein Dschinn zu werden.«
»Sie sind verrückt«, sagte John.
»Nur vor Freude, meine kleinen Dschinn«, gluckste der Guru. »Denn dank euch haben sich meine Pläne viel schneller entwickelt, als ich es je zu hoffen gewagt hätte. Jetzt habe ich nicht nur den Kobrakönig, Mr Rakshasas und Nimrod, ich habe auch noch drei gesunde junge Dschinn, denen ich pro Woche mindestens sechs Liter Blut abzapfen kann. Damit werde ich in Windeseile zum Dschinn werden. Und wenn ich erst selbst einer bin, wird es mir ein Leichtes sein, weitere Dschinn zu fangen und auch ihr Blut zu stehlen.«
Dybbuk begann an den Gurten zu zerren, die ihn ans Bett fesselten. Aber es nützte nichts. »Das werden wir nicht zulassen «, knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen.
»Ihr habt gar keine Wahl«, sagte der Guru. »Ihr seid meine Gefangenen. Und ihr werdet hierbleiben und euch von mir melken lassen wie kleine Kühe, wann immer ich euer Blut benötige.«
»Sie sind ein Vampir«, rief Philippa. »Sie abscheulicher Mensch.«
»Da hast du auf gewisse Weise natürlich Recht«, gab der Guru zu. »Aber macht euch nichts daraus. Ihr werdet gut versorgt werden. Außerdem sind Dschinnkörper etwas ganz Besonderes. Viel außergewöhnlicher, als euch vielleicht selbst bewusst sein mag. Es scheint, als wärt ihr im Gegensatz zu Menschen in der Lage, verlorenes Blut innerhalb weniger Tage zu ersetzen. Wesentlich schneller, als ein Mensch es jemals könnte.«
Guru Masamjhasara stand auf, streifte sich ein paar Gummihandschuhe über – das erste Mal, dass die Kinder ihn irgendwelche hygienischen Maßnahmen treffen sahen – und machte sich daran, die Transfusionsgeräte vorzubereiten. John und Philippa mussten hilflos mit ansehen, wie er Dybbuks Hemdsärmel aufrollte, ihm mit einem Tupfer den Unterarm sterilisierte und ihm dann eine Nadel injizierte. Sekunden später begann Dybbuks Blut langsam in einen Blutbeutel an der Seite des Bettes zu tropfen.
»Na also«, sagte der Guru. »War doch gar nicht so schlimm, oder? Nichts dabei. Blut spenden ist wirklich keine große Sache.«
»Ich wünschte, Ihnen würde eine große Sache auf den Kopf fallen«, schnaubte Dybbuk. »Am besten lang und spitz. Mit dem scharfen Ende nach unten.«
Ohne weiter auf ihn zu achten, ging der Guru um das Bett herum auf Johns Seite und befestigte auch an seinem Arm einen Schlauch mit einem leeren Blutbeutel.
»Sie sind krank«, sagte John. »Wissen Sie das? Wenn ich jemals hier rauskomme, verwandle ich Sie in eine Latrine.«
»Aber du wirst niemals hier rauskommen«, erwiderte der Guru. »Jedenfalls nicht in den nächsten Jahren. Die Felswände rund um diese unterirdische Anlage sind mehr als fünfzehn Meter dick. Und es ist viel zu kalt, um Dschinnkräfte einzusetzen. Es ist niemand da, der dir hilft. Denn das würde bedeuten, auf die Chance zu verzichten, Dschinnkräfte zu erlangen und zweihundert Jahre alt zu werden. Ihr Dschinn habt in der Lotterie des Lebens wirklich das große Los
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